So schmeckt das Gansl bei Haubenkoch Max Stiegl
Ein richtig knuspriges Gansl mal anders - und beim Rotkraut wird's mit viel Majoran ziemlich würzig.
Kontakt
Gut Purbach
Hauptgasse 64, 7983 Purbach am Neusiedler See
02683 56086
Ausstattung
vorhanden (im Sommer)
möglich: Visa, Mastercard
teilweise (im Schanigarten)
Beschreibung
€€€€
Österrreichische Küche
94 von 100 Punkten
Wer Max Stiegls Tun verfolgt, weiß: Es ist immer anders, als erwartet. Was die Masse will, scheint ihn weder zu interessieren noch zu verführen. Er macht am Herd sein Ding, und das ziemlich gut. Da gibt es dann extravagante Landhaus-Küche, die sich viele in den kühnsten Träumen nicht erwartet hätten. Langweilig wird es auf seinen Tellern jedenfalls nie. Stiegl, der auch für seine Innereien-Gerichte bekannt ist, nimmt dabei kein Blatt vor den Mund, ergo keinen Kochlöffel vor den Gaumen. So kreierte er bereits einmal mit einem Ćevapčići-Burger das wildeste Gericht der Saison, sorgte mit gebratenen Stierhoden für Aufsehen und versetzt einen mit dem Signature Dish des Huhns in der Blase immer wieder ins Staunen. Manchmal gibt es Gerichte, die gemeingefährlich klingen und teilweise auch tatsächlich so schmecken - aber nicht, weil wir sie nicht mögen. Sondern viele sie einfach nicht gewöhnt sind, für schwache Geschmacksnerven ist das hin und wieder nichts.
Auch beim Gansl wird's würzig, wenngleich nicht so überaus speziell wie bei so manch anderem Gericht aus dem Kochtopf Max Stiegls. Die Leberterrine wird mit leicht angebratenem Butterbrioche und Birnenmus serviert, eine geschmeidige Kombination, außen ist sie knackig, innen weich und samtig. Die Konsistenz ist dicht, das Aroma intensiv, die Menge üppig. Der rote Wermutlich von Andert Pamhagen setzt hier wichtige fruchtige Akzente. Langsam essen, langsam trinken. Zu schade, würde sich der Magen zu schnell schließen. Denn im "Gänsefutter", wie Stiegl seine Karte derzeit nennt, kommt dann noch eine Gansl Ramen daher: Dampfend heiß, irre intensiv, mit knackigen Herbsttrompeten und Dotter. An kalten Herbsttagen eine wahre Erwärmung.
Wer dann beim Herzstück des Programms angelangt ist, dem pannonischen Gansl, sollte noch Platz im Magen haben. Denn das kommt mit einer super-knusprigen, leicht fettigen Haut daher, so viel Knabberei macht richtige Gansl-Freude. Das Fleisch fällt zart auseinander, wenn die Messerspitze es berührt. Die Maroniknödel sind so wie sie sein sollen - aromatisch, saftig. Aber es wäre ja nicht Max Stiegl, wenn er nicht in den Gewürztopf gegriffen hätte, und auch beim Rotkraut ein Aromenspiel zustande bringt, das man nicht kennt: Himbeer und Majoran tummeln sich dort, man weiß erst nicht, wie man das finden soll - bis plötzlich das ganze Schälchen leergegessen ist.
Schwer zu sagen, ob es Neugierde oder die Liebe zum exotischen Geschmack ist: Stiegl kocht eben anders. Kommend aus dem Piran, lebt er nun am Neusiedler See und führt das Gut Purbach, das im Sommer schon alleine wegen seines Schanigartens ein Place-to-be ist. Die Lockdowns hat er genutzt und Gerichte in vakuumverschlossene Gläser gefüllt - ein ziemlich gutes Geschäft soll das gewesen sein. Und ob aus dem Glas oder von der Karte: Wer sich einmal in Stiegls Menüs (mit freier Speisenwahl) fallen lässt, braucht im Grunde dreierlei: Neugierde. Hunger. Und Zeit. Wäre schade, sonst.
Bewertung
48 von 50
9 von 10
14 von 15
23 von 25
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