
Diese 12 Obst- und Gemüse-Sorten sind stark mit Pestiziden belastet
Zahlt sich bio bei Obst und Gemüse aus? Laut einer Ernährungsepidemiologin nicht unbedingt. 12 Sorten sind aber besonders mit Pestiziden belastet.
Von Maik Henschke
Beim Rundgang durch die Obst- und Gemüseabteilung in Supermärkten und Discountern greifen viele Menschen gern zu Produkten, die mit einem Bio-Gütesiegel gekennzeichnet sind. Ob AMA-Biosiegel, demeter, Alnatura, Ja Natürlich oder das EU-Bio-Logo, das kleine Logo auf der Verpackung signalisiert irgendwie: Hier kannst du mit gutem Gewissen zugreifen.
Die gesteigerte Nachfrage hat auch die Lebensmittelindustrie schon längst erkannt und platziert verstärkt Waren mit Bio-Kennzeichnung im Sortiment. Aber lohnt sich der oft deutliche Aufpreis gegenüber herkömmlichen Produkten überhaupt? Kann man in jedem Fall von einer gesünderen Ernährung ausgehen, wenn man beim Einkauf überwiegend auf ausgewiesene Bio-Produkte setzt?
Nicht unbedingt, meint zumindest Karin Michels. Sie hat unter anderem in Cambridge und Harvard studiert, mehrere Doktortitel, ist Professorin und weltweit anerkannte Wissenschaftlerin im Bereich Ernährungsepidemiologie. Michels hat zahlreiche Studien auf diesem Gebiet durchgeführt. Vor Kurzem hat sie das Buch „Die Ernährungsgerade. Der kurze Weg zum langen Leben. Was die Wissenschaft über gesunde Ernährung weiß“ (Verlag C. H. Beck, 22 Euro) veröffentlicht. Ihr Spezialgebiet ist die Prävention und die Frage nach dem Einfluss der Ernährung auf die Gesundheit des Menschen.
Überprüfung unmöglich
„Um die Frage eindeutig zu beantworten, müsste man eine Studie durchführen, in der ein Teil der Teilnehmenden sich nur von Bio-Produkten ernährt und der andere Teil von normalen Produkten. Dann müsste man wahrscheinlich über einen längeren Zeitraum vergleichen, wer welche Erkrankungen entwickelt“, sagt Michels im Gespräch mit FUNKE und ergänzt: „Das ist im Grunde genommen fast unmöglich. Deswegen können wir nur Vermutungen anstellen.“
Pestizide im Urin sind ohne bio mehr
Ein Indiz für die gesundheitlichen Vorteile von Bio-Produkten im Bereich Obst und Gemüse sind Schadstoffe, die nach dem Verzehr ausgeschieden werden. „Es gibt mehrere Untersuchungen, die zum Beispiel herausgefunden haben, dass bei Obst und Gemüse Pestizide im Urin messbar mit ausgeschieden werden. Und dass diese Pestizid-Ausscheidung bei Personen, die anstelle von Bio-Produkten normale Produkte zu sich nehmen, deutlich höher ist“, erklärt die Ernährungsepidemiologin.
Ob diese Erkenntnis aber tatsächlich eine Relevanz für die Gesundheit habe, sei nochmal eine ganz andere Frage, räumt Michels ein. „Möglicherweise hat es keine. Das kann man nicht eindeutig beantworten.“ Da eine Chemikalienbelastung des Körpers wahrscheinlich Nachteile mit sich bringt, könne man aber davon ausgehen, dass Bio-Nahrungsmittel dem Körper zuträglicher sind. Ob sich aber direkte Auswirkungen auf Erkrankungen ergeben, sei bislang nicht eindeutig geklärt.
"Dreckiges Dutzend": 12 heimische Sorten besonders belastet
„Im Zweifelsfalle kann man sich danach richten, welche Lebensmittel wahrscheinlich am meisten belastet sind“, rät die Wissenschaftlerin. Verbraucher können sich beim Einkauf demnach am Grad der Pestizidbelastung orientieren. Michels verweist als Faustregel auf das sogenannte „dreckige Dutzend“, darunter verstehen Ernährungsexperten zwölf Obst- und Gemüsesorten, die besonders mit Pestiziden belastet sind.
Daher empfiehlt es sich der Expertin zufolge am ehesten, diese zwölf als Bio-Variante zu kaufen. Dabei handelt es sich um
- Erdbeeren
- Spinat
- Kohl
- Pfirsiche
- Birnen
- Nektarinen
- Äpfel
- Weintrauben
- Paprika
- Kirschen
- Heidelbeeren
- Fisolen
Es zahlt sich auch aus, aufs Herkunftsland der Lebensmittel zu achten. Insbesondere bei Produkten, die aus Nicht-EU-Ländern importiert werden, finde man bisweilen hohe Pestizidbelastungen mit Rückständen von Pflanzenschutzmitteln, deren Verwendung in der EU nicht oder nicht mehr erlaubt ist.
Wer das Risiko beschränken möchte: Das Abwaschen von Obst und Gemüse mit kaltem Wasser – bei rauer Oberfläche mithilfe einer Gemüsebürste – senkt die Pestizidrückstände. Und für Lebensmittel aus Getreide gilt: Heimische Ware scheint relativ gering mit Pestiziden belastet zu sein. Abgesehen von der Schadstoffbelastung spricht ein weiterer Aspekt für Bio-Produkte: Diese sind umweltschonender und meistens auch für die Gesundheit der Feldarbeiter weniger belastend. Zudem kosten eine ganze Reihe von Bio-Produkten gerade im Supermarkt oder Drogeriemarkt nur einen geringen Aufpreis gegenüber herkömmlichen Produkten.
Die "sauberen" 15: Diese Obst- und Gemüse-Sorten sind nicht pestizidbelastet
Als Gegenstück zum „dreckigen Dutzend“ kann man beim Einkaufen Ausschau halten nach den sogenannten „sauberen 15“:
- Avocados
- Zuckermais
- Ananas
- Zwiebeln
- Papayas
- Erbsen
- Spargel
- Honigmelonen
- Kiwis
- Weiß- und Rotkraut
- Pilze
- Mangos
- Süßkartoffeln
- Wassermelonen
- Karotten
Grundsätzlich gehören auch andere Obstsorten dazu, die man vor dem Verzehr schälen muss, beispielsweise Orangen, Mandarinen oder Bananen.
Hier kommt es mit Blick auf die Gesundheit nicht zwingend auf Bio-Qualität an, da diese Sorten ohnehin geschält werden. „Die Produkte mit dicker Schale, die man eigentlich immer schält, kann man sicherlich auch in normaler Qualität kaufen“, sagt Karin Michels.
Und wie ist es um Milch bestellt? „Es gibt jedenfalls keine wissenschaftlichen Nachweise, dass Bio-Milch die Gesundheit verbessert“, stellt Karin Michels klar, der Verbraucher müsse aber selbst für sich entscheiden.
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