Der unterschätzte Neuzugang: das weiße Mairübchen
Die zarte Schwester unserer mittelalterlichen Rübe wird zur Maienzeit für schöne Feste elegant aufgebrezelt - Wurzelgemüse einmal anders!
Ich stehe im Café und schaue auf unseren Gemüsestand, wo Erol und seine Helfer emsig damit beschäftigt sind, ihre Ware zu schlichten. Buntwimmelnd liegt das Obst und Gemüse in den Steigen, von leuchtenden Orangen über feldfrischen grünen Spargel bis zu tiefroten Erdbeeren ist alles da, was das Frühlingsherz begehrt. Die langen Stangen des Rosenrhabarbers leuchten bonbonrosa zu mir herüber, daneben liegen dicke, weiße Knollen, die aussehen wie zu groß geratene Radieschen. Ich gehe zu Erol hinüber und gestehe, dass ich dieses Gemüse noch gar nicht kenne. „Das sind Mairüben, Chefin!“, lacht er mich an. „Sozusagen die zarte, junge Schwester der robusten Speiserübe.“
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Eine Dame mit unverkennbar deutschem Akzent und erstaunlichem Rübenwissen klärt mich über das Gemüse auf. „Rüben sind in Europa alte Kulturpflanzen und wurden schon in der Antike verwendet. Vor der Einführung der Kartoffel spielten sie eine wichtige Rolle in der Ernährung. Gesund sind sie auch noch, stecken voller Vitamine und Mineralstoffe!“
Ich schnappe mir beeindruckt einen Bund der Rübchen und eile in die Küche zu Daniel, um mir seine Fachmeinung anzuhören. „Aber hallo, was haben wir denn da?“, ruft er. „Mairüben haben einen besonders feinen Geschmack, der kommt roh am besten zur Geltung. Die Blätter kannst du auch gleich in den Salat schnipseln und die Stiele kurz in Butter dünsten und zum Beispiel zu gefüllter Pasta servieren.
Wieder einmal von der Wurzel bis zum Blatt alles verwertet!“, schmunzelt er. Zu Hause schneide ich erst einmal ein Stückchen von dem altmodischen Gemüse ab, um es zu verkosten. Wie erstaunt bin ich über diese zarte Cremigkeit, das hätte ich von einer Rübe wirklich nicht erwartet. „Ein vollkommen unterschätztes Gemüse“, berichte ich meinem Liebsten, „Ich glaube, ich nenne die Rübchen wie in Frankreich „Navettes“, das klingt doch gleich viel
eleganter“.
Elegante Vorspeise
Dazu lasse ich mir für die Einladung morgen eine richtig elegante Vorspeise einfallen, die elfenbeinweiße Farbe lässt mich an Feste im Mai denken. Ob Muttertag, Erstkommunion oder Hochzeit, weißer Hintergrund mit zarten Blüten ist doch richtig schön. So wird eine Spargelmousse zusammengerührt, die so cremig ist, dass ich nicht widerstehen kann und die Schüssel ausschlecke. Die Rübchen werden hauchdünn heruntergehobelt und zum Erden der Vorspeise gibt es knusprige Haselnussbrösel.
Da schiebt die Mittlere ihren Babybauch in die Küche. „Schau, das sind Navettes!“, frohlocke ich, dieses Kind kann ich mit meinem Wissen beeindrucken, sie ist küchentechnisch nicht besonders versiert. „Na was?“, fragt sie. „Das schaut ja sehr fancy aus!“ Wie das Leben so spielt, denke ich mir. Gestern war sie noch eine mittelalterliche „Ruam“, heute ist sie zum schicken Salat herausgeputzt.
Die Blätter der Mairübe können wie jedes andere Blattgemüse zubereitet werden
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