Jamie Oliver ist 50: Vom Sous-Chef zum Koch-Millionär

Jamie Oliver wird 50. Er zählt zu jenen Starköchen, die weltweit am meisten Kochbücher verkauften. Der "Naked Chef" machte Kochen durch Fernsehsendungen modern – stand aber auch in der Kritik.

Jamie Oliver ist seit Jahren der meistverkaufte Sachbuchautor Großbritanniens, seitdem er mit seiner ersten TV-Show "The Naked Chef", die von 1999 bis 2001 produziert wurde, erstmals international für Furore sorgte. Sie brachte dem damals 26-Jährigen einen BAFTA, den britischen TV-Preis, machte Kochsendungen plötzlich cool und lockte viele Männer erstmals mit ihren einfachen Rezepten an den Herd. 

Oliver, Vater von fünf Kindern, ist ein Mann der extremen Gegensätze. Frenetisch umjubelt und scharf kritisiert. Tim Mälzer ("Kitchen Impossible"), einer der berühmtesten Fernsehköche Deutschlands, nennt ihn "Bruder". Der englische Spitzenkoch Gordon Ramsay schimpfte ihn während ihrer jahrelang andauernder Fehde "One-Pot-Wonder" (Ein-Topf-Wunder) und warf ihm vor, keine Ahnung vom Kochen zu haben.

Die Queen zeichnete ihn für sein karitatives Engagement aus, Umwelt- und Tierschutzorganisationen werfen ihm Heuchelei vor.

Bestsellerautor mit Leseschwäche

Über 50 Millionen Stück seiner inzwischen 27 Kochbücher verkaufte Jamie Oliver weltweit. Und das, obwohl er in der Schule für seine schwere Legasthenie verspottet wurde und die Texte seiner ersten Bücher deshalb auf Band sprechen und sie transkribieren lassen musste. Bis heute fallen ihm Lesen und Schreiben schwer.

Ab 8 im Pub

Olivers Privatvermögen wird aktuell auf rund 200 Millionen Euro geschätzt, was ihn laut "Daily Express" zum viertreichsten Koch der Welt macht. Ein weiter Weg für den Buben aus Clavering, einem kleinen Ort südlich von Cambridge im englischen Essex, der 1975 als James Trevor Oliver geboren wurde. 

Er wuchs im Pub seiner Eltern, "The Cricketers", auf. Dort stand er schon mit acht Jahren in der Küche - und verdiente sich ein Pfund Taschengeld pro Stunde, wie er 2013 der englischen Tageszeitung "The Guardian" verriet. Mit 16 verließ er die Schule, ging nach London und lernte dort in einer Hauswirtschaftsschule das Kochen. Berufliche Erfahrung holte er sich im Neal Street Restaurant, wo Küchenchef Gennaro Contaldo sein Mentor wurde. Von ihm lernte er nicht nur die italienische Küche, er knüpfte auch Kontakte. Mit seinem damaligen, ebenfalls blutjungen Arbeitskollegen Tim Mälzer verbindet ihn bis heute eine enge Freundschaft. 

Zufällig fürs TV entdeckt

Danach schlug das Glück zu. Als der junge Koch im legendären Londoner River Café arbeitete, drehte die britische BBC dort eine Doku - und der junge Sous Chef wurde fürs Fernsehen entdeckt. "The Naked Chef" nannte die BBC das neue Format provokant. Nackt war jedoch nicht der junge, unbekannte Fernsehkoch, sondern sein Essen, das auf einfachste Rezepte, gesunde Zutaten und unkomplizierte Zubereitung reduziert war - und so die Zuschauer zum Nachkochen animierte.

Jamie machte sich gern die Finger schmutzig beim Kochen, hatte keine Berührungsängste mit den Zutaten - und übertrug die Freude, mit den Lebensmitteln unmittelbar zu arbeiten, auf seine Zuschauer. Er löste damit eine Kocheuphorie aus, erst in Großbritannien und englischsprachigen Ländern und wenige Jahre später auch im deutschsprachigen Raum. Plötzlich war Kochen hip, lustig und etwas, was sich junge Österreicher plötzlich im ORF auch spätnachts anschauten.

Eine Jamie-Oliver-Kochshow folgte daraufhin in Großbritannien der nächsten, zu jeder veröffentlichte der TV-Koch ein neues Kochbuch, das wegging wie die sprichwörtlichen warmen Semmeln.  

Bald stieg der "Naked Chef", wie er bis heute nach seinem ersten Erfolgsformat genannt wird, auch ins Restaurant-Business ein und begann sich sozial zu engagieren. In seinem Lokal "Fifteen" bildete er arbeitslose, sozial benachteiligte Jugendliche zu Köchen aus. Oliver butterte auch eigenes Geld ins Projekt - und wurde dafür mit 28 Jahren von Queen Elizabeth II. persönlich zum Member of the Order of the British Empire erhoben. 

Der Premierminister schaltet sich ein

Seine Doku-Serie "Jamie's School Dinners" rief sogar den damaligen Premierminister Tony Blair auf den Plan. Oliver machte auf die minderwertige Qualität von Englands Schulessen und dessen schlechte Finanzierung aufmerksam. Anfangs kam es zu Widerstand der Schüler und teils deren Eltern, die ihnen Junkfood durch die Zäune zusteckten.

Schließlich unterstützten hunderttausende Briten Jamies "Feed Me Better"-Kampagne mit ihrer Unterschrift, woraufhin Großbritanniens Unterrichts- und Familienministerium 240 Millionen Dollar in die Schüler-Ausspeisung investierten. Limonaden wurden von den Speiseplänen der Schulen verbannt, Frittiertes nur noch maximal zweimal die Woche serviert. In seinem darauffolgenden Doku-Vierteiler "Ministry of Food" setzte der Koch bei der breiten Bevölkerung an, um ihnen den Wert gesunder Ernährung näher bringen. 

Jamie, der "Küken-Killer"

Für einen öffentlichen Aufschrei sorgte der Fernsehkoch, als er vor vier Millionen Zuschauern und einem vollen TV-Studio ein Huhn schlachtete und vor der Kamera männliche Küken vergaste, um auf die Zustände in der Fleischindustrie aufmerksam zu machen. 

"Ich halte es nicht für sensationslüstern, Menschen zu zeigen, wie Hühner heute wirklich leben und sterben. Manche Menschen verstört das vielleicht, aber so ist es nun einmal. Aber wenn das dazu beiträgt, das Einkaufsverhalten von nur fünf Prozent der Zuschauer zu ändern, dann hat es sich gelohnt", rechtfertigte Oliver damals seine Sendung.

Heuchler? 

Umwelt- und Tierschützer werfen dem Koch aber auch immer wieder Heuchelei vor. Er verkaufte seine gesunden Snacks etwa über das Tankstellen-Netz des Energieriesen Shell. Über ein Jahrzehnt verdiente er über eine Werbekooperation mit dem Supermarktriesen Sainsbury's und danach Woolworth, während er gleichzeitig Supermärkte für das ungesunde Essen, das sie im Sortiment haben, anprangerte. Neben Werbeverträgen verdient Oliver auch an mit seinem Namen gebrandeten Kochgeschirr, Fertiggerichten und Gewürzpasten und betreibt eine Kochschule. 

Pleitegeier: Restaurant-Imperium bricht zusammen

Im Laufe von elf Jahren baute sich Jamie Oliver ausgehend von seinem ersten Restaurant "Jamie's Italian" in Oxford ein weltweites Restaurant-Imperium auf, das 2019 Insolvenz anmeldete. 22 seiner 25 Lokale in England wurden geschlossen, 1.000 Mitarbeiter verloren ihre Jobs.

© Philipp Lipiarski / www.goodlifecrew.at

Jamie Oliver bei der Eröffnung von "Jamie's Italian" in der Wiener Innenstadt 2017

©Jamie’s Italian Vienna Downtown/Philipp Lipiarski/Jamie’s Italian Vienna Downtown/Philipp Lipiarski

Jamie Oliver verschwindet aus Wien

International waren seine Franchise-Lokale von der Pleitewelle nicht betroffen. Auch in Wien wurde 2017 am Dr. Karl Lueger Platz ein "Jamie's Italian" von einem Franchisenehmer eröffnet. 2020 übernahm das Gastronomenehepaar Gabriele und Robert Huth das Lokal, führten es aber nur wenige Monate unter dem Namen "Jamie Oliver Wien" weiter. In Österreich gibt es inzwischen nur noch am Flughafen Wien "Jamie's Italian", "Jamie Oliver's Bar" und "Jamie's Deli". 

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Verliebte sich in ihn, weil er in einer Band Schlagzeug spielte: Ehefrau Jools, seit 25 Jahren mit Jamie Oliver verheiratet und Mutter seiner fünf Kinder

©EPA/EPA/FACUNDO ARRIZABALAGA

5 Kinder und sein Herrenhaus

Privat ist Jamie Oliver seit 25 Jahren mit seiner Frau Juliette ”Jools” verheiratet. Sie verliebte sich in ihn, weil er in einer Band Schlagzeug spielte, als sie 17 und er 18 war. Inzwischen haben die beiden fünf Kinder Poppy (23), Daisy (22), Petal (16), Buddy (14) und River (8). Seit 2019 wohnen die Olivers wieder in Essex, nur knappe dreißig Kilometer von Jamies Geburtsort entfernt.

Mit dem Pub, in dem der junge Jamie aufgewachsen ist, hat das Herrenhaus inklusive Gründen und renovierten Außengebäuden nicht viel zu tun. Das Anwesen Spains Hall aus dem 16. Jahrhundert mit zehn Badezimmern steht unter strengstem Denkmalschutz und war ihm beim Kauf im Jänner 2019 sechs Millionen Pfund wert. Auch dafür wurde Oliver öffentlich scharf kritisiert, denn gekauft hat Jamie es, während sein Restaurantimperium in die Knie ging.

Comeback in Wien? 

Doch auch daran arbeitet der Unternehmer schon längst. Vier Jahre nach der Insolvenz startete Jamie Oliver 2023 sein Comeback mit der Eröffnung eines neuen Lokals "Jamie Oliver Catherine Street" in London. 2024 folgte in Berlin "Jamie Oliver Kitchen". So richtig in Gang dürfte das deutsche Lokal aber nicht kommen. Von den Kritikern wurde es bestenfalls lauwarm bewertet und laboriert laut neuesten deutschen Medienberichten an Gästeschwund. Trotzdem soll die Jamie Oliver Group laut "restaurantonline.co.uk" bereits eine weitere Expansion nach Polen, Spanien, in die Schweiz und nach Österreich planen. 

Über Marianne Lampl

Digital Producer bei freizeit.at, dem Digitalformat der KURIER freizeit. Geboren im Burgenland, für den Besuch einer Kunstschule mit 13 Jahren nach Wien gekommen. Studierte in Graz, dann Jahre später doch Journalismus und arbeitete schließlich in Wien beim ORF, bei Heute und PULS24.at, unter anderem als Ressortleiterin für Szene, Lifestyle, Entertainment und Kultur. Seit 2024 bei freizeit.at.

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