Alpine Küche: Gerstengröstl statt Brettljause
Die Franz-Fischer-Hütte im Salzburger Lungau ist seit dem Jahr 2020 rein vegetarisch-vegan. Den Gästen schmeckt's.
Spinatstrudel statt Schweinsbraten, Gerstengröstl statt Brettljause, Rauna- statt Speckknödel: Die Franz-Fischer-Hütte in den Radstädter Tauern hat vor drei Jahren alles Fleisch von der Speisekarte gestrichen. Sie ist damit die erste und einzige Schutzhütte in Österreich, die ausschließlich vegan-vegetarisch kocht. Die Pächter wollen mit dem Verzicht auf Fleisch mehr Bewusstsein für eine nachhaltige Ernährung wecken - auch wenn ihr Schritt am Anfang für viel Skepsis sorgte.
Sie habe schon früher nicht mit besonders viel Fleisch gekocht, sagt Evelyn Matejka, die die Hütte auf 2.020 Metern Seehöhe im sechsten Sommer führt. "Ich forciere die Pflanzenküche schon lange und habe gemerkt, dass die Gäste das vegane Essen super annehmen." Von den Wanderern und Bergsteigern, die auf der Hütte übernachteten, hätten sich beim Abendessen fast alle für die fleischlose Alternative entschieden. "Da dachte ich, dann geht es gleich ohne Fleisch." Zugleich sei die Umstellung durch Skandale in der Fleischindustrie befeuert worden. "Das war auch eine Tierwohl-Entscheidung."
Gäste reagierten positiv
Die Gäste hätten vom Start weg positiv reagiert, berichtet die 46-Jährige. "Sogar eingefleischte Fleischesser sind überrascht, wie nahrhaft das Essen ist und wie gut es schmeckt." Einzig im Internet sei es zu negativen Reaktionen gekommen. "Dann passiert es, dass dir Leute, die vermutlich noch nie bei uns auf der Hütte waren, den Konkurs wünschen." Der Österreichische Alpenverein als Hüttenbesitzer sei von der Idee zunächst nicht ganz überzeugt gewesen, erzählt die ehemalige OP-Schwester. "Es hat geheißen, ob man nicht doch ein paar Würstel und Speck anbieten kann. Aber diese halbe Sachen sind eine so typisch österreichische Lösung. Das wollte ich nicht."
Mehr Aufwand
In der Küche wird die Salzburgerin von einer Helferin und einem Sherpa aus Nepal unterstützt. Das fleischlose Kochen ist mit viel Aufwand verbunden. "Es braucht eine größere Menge, damit der Gast satt wird. Und es muss viel geschält und geschnitten werden." Zudem backe sie jeden Tag fünf bis zehn Kuchen, die Hälfte davon vegan. Die Gerichte kommen ohne ausgefallene Zutaten und komplizierte Zubereitung aus, sagt die Chefin. Verkocht werde nur, was in der Region wächst. "Es gibt bei uns kein Quinoa, keine Cashew-Nüsse, keine Avocado." Matejkas kulinarisches Repertoire umfasst mittlerweile mehrere Dutzend Speisen. "Es war ein harter Weg, das zu entwickeln. Alles Learning by Doing." Bei den veganen Kuchen - ohne Ei - habe der Prozess fast drei Jahre gedauert. "Auch weil ich nicht im Supermarkt irgendeine vegane Backhilfe kaufen wollte."
Nachhaltig eingekauft
Nachhaltigkeit auf der über eine steile Forststraße versorgten Hütte heißt nicht nur fleischlose Küche. Eingekauft wird so gut wie alles in Mehrweggebinden, das Bio-Gemüse kommt unverpackt in Kisten, Joghurt und Milch in Edelstahlkannen. Das spart auch Müll: Lediglich fünf bis sechs Säcke im Monat bringen die Hüttenwirte mit ihrem Pick-up ins Tal. 2020 wurde eine Biokläranlage errichtet, für den Strom sorgt eine vom nahen Bergsee gespeiste Turbine - sofern der Altschnee für genug Schmelzwasser sorgt. Doch nach dem warmen Frühsommer ist der Pegel des Sees heuer so niedrig wie sonst erst im Herbst. Darum ist Stromsparen angesagt. Denn das Diesel-Aggregat wollen die Hüttenleute so wenig nutzen wie möglich.
Bis zu 600 Gäste am Wochenende
An normalen Tagen werden rund 200 Gäste versorgt, an starken Wochenenden können es auch 600 werden. Erst am Abend wird es meist ruhiger - mit 34 Betten gilt die Hütte als klein. 2021 wurde die Franz-Fischer-Hütter mit dem Umweltgütesiegel des Österreichischen Alpenvereins ausgezeichnet. "Es war für uns überraschend zu sehen, wie schnell unser Bekanntheitsgrad gestiegen ist. Und zwar nicht, indem wir versucht haben, es allen recht zu machen, sondern indem wir ganz bewusst Nein zu bestimmten Dingen sagen - etwa Nein zum Fleisch", betont Tom Burger. Der 56-Jährige ist der Partner von Matjeka. Beide haben sich kennengelernt, als der Südtiroler 2018 während einer Auszeit von seinem Job den Alpenbogen durchwanderte und bei der Franz-Fischer-Hütte Halt machte. Vor zwei Jahren gab er seinen Manager-Beruf schließlich ganz auf - und ist seitdem zweiter Hüttenwirt.
"Wir wollen hier die Themen spürbar machen, die uns auch persönlich bewegen - das sind die Themen Ernährung, Gesundheit und Nachhaltigkeit", erzählt Burger. "Wir versorgen jede Saison zwischen 15.000 und 20.000 Gäste mit Essen. Und die können im kleinen Bereich Ernährung erleben, wie man durch weniger Fleischkonsum den CO2-Fußabdruck verringern kann."
Die beiden Hüttenwirte haben zwar eine Mission, sehen sich aber nicht als Missionare. "Wir wollen ja nicht, dass nur Veganer kommen. Und es muss nicht jeder Hüttenwirt auf Fleisch verzichten." Es gibt Schutzhütten, die nur zwei Mal in der Saison vom Hubschrauber versorgt werden, weil es weder Seilbahn noch Zufahrtsstraße gibt. Diese tun sich mit frischen Lebensmitteln im Angebot naturgemäß schwer. "Aber es wäre schön, wenn auch andere Hütten unseren Weg einschlagen würden", so Burger und Matejka.
Mehr Infos unter: franzfischer-huette.at. Die Hütte ist bis Anfang Oktober geöffnet.
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