Flaschenpost: Einfach kompliziert

Bis vor wenigen Jahren fristete der Welschriesling zumeist ein kümmerliches Dasein, heute ist dies anders.

Brot- und Butterwein nennen Winzer Gewächse, die mit wenig Aufwand viel einbringen und vorzugsweise nach nichts schmecken. Was aber niemanden zu stören scheint – im Gegenteil: Je belangloser sie ausfallen, desto besser verkaufen sie sich. Dem Welschriesling etwa wurde dieses unrühmliche Schicksal zuteil: Bis vor wenigen Jahren fristete er zumeist ein kümmerliches Dasein – zum Jausenwein oder Grundwein unauffälliger Sekte abkommandiert, am Fließband produziert, bar jeglicher Charakteristik. Ein Wein ohne Eigenschaften scheinbar. Seine verborgenen Talente hingegen vermochte kaum jemand aufzuspüren.

Der Welschriesling fristete lange ein kümmerliches Dasein.

Vermutlich hat das damit zu tun, dass gerade das Einfache kompliziert ist. Der Welschriesling lässt sich nicht aufbrezeln – macht nicht viel Aufhebens und besitzt auch keine Diven-Allüren. Entsprechend ungalant behandelte man ihn in den letzten Jahrzehnten zumeist. Bis eine Handvoll junger Winzer in der Steiermark und im Burgenland seine schlichte Schönheit erkannte. Armin Tement etwa, der von uralten Rebstöcken seiner berühmten Lage Zieregg einen Welschriesling macht, der so anmutig ist, dass es einem die Sprache verschlägt; Stefan Wellanschitz junior mit einer so temperamentvollen wie präzisen Version der Sorte oder der funky Welschriesling der rennersistas, saftig wie sizilianische Blutorangen.  So unterschiedlich ihr Wesen sein mag – was sie eint, ist ihr unverstellter Ausdruck. Im Weingarten werden sie verhätschelt, im Keller nicht gehetzt. Das Ergebnis ist viel Stoff und wenig 
Alkohol. 

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