Der Teroldego, das Aschenputtel unter den Weinen
Im Alleingang verhalf Elisabetta Foradori dem Teroldego zu Weltruhm, nachdem die rote Sorte ein ärmliches Dasein fristete.
Märchen üben auch jenseits des Kleinkindalters einen Zauber aus. Vielleicht weil es wundersame Geschichten abseits des schnöden Alltags sind, die schlichte Botschaften transportieren und zumeist gut ausgehen. Wie das Märchen von Aschenputtel: Liebliche Prinzessin wird von garstiger Stiefmutter und unansehnlichen Stiefschwestern gemobbt und deklassiert, dennoch aber vom ersehnten Prinzen auserkoren. So in etwa ist es dem Teroldego ergangen, einer autochthonen Rebsorte aus dem Trentino.
Mindestens seit dem Mittelalter dort angebaut, von vornehmer Herkunft, entfernt verwandt mit Syrah und Pinot noir, fristete die rote Sorte dennoch ein ärmliches Dasein: Degradiert zum Massenwein, oft restsüß oder als rosaroter „Kretzer“, setzte man sie Einheimischen wie Touristen vor. Bis eine junge Winzerin in den 1980er-Jahren sich nicht vom schäbigen Erscheinungsbild täuschen ließ und die Prinzessin in ihr erkannte. Oder weniger tranig formuliert, soviel Weitblick besaß, dass aus einer jahrhundertealten regionalen Rebsorte etwas Gescheites werden kann, so man sie entsprechend behandelt. Quasi im Alleingang verhalf Elisabetta Foradori dem Teroldego zu Weltruhm. Der Ertrag des Massenträgers wurde reduziert, die Weingärten erst biologisch, dann biodynamisch bewirtschaftet, im Keller aufmerksame Zurückhaltung geübt. Und siehe da: Es entstanden Gewächse, die heute zur Crème de la Crème unter den Rotweinen gehören.
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