Wie die Bosna die Wiener Würstelstände erobert

Was auf den ersten Blick wie ein österreichischer Hotdog wirkt, entpuppt sich als pikantes Kleinod mit großer Wirkung: ein Paar Bratwürstel, eingehüllt in ein frisch getoastetes Weckerl, umrahmt von fein gehackten Zwiebeln und abgeschmeckt mit einer guten Prise Curry. 

Beim ersten Bissen entfaltet sich eine Geschmacksexplosion, die den Gaumen wärmt und in einem Mix aus würzigen und zugleich erfrischend scharfen Aromen badet. Nur ein Hinweis für die Verliebten: Nach dieser Verführung im Brot könnte der Kussmoment etwas auf sich warten lassen.

Von Salzburg bis tief hinein ins ländliche Oberösterreich wird die Bosna heiß geliebt und in unterschiedlichsten Variationen serviert. In Wien drohte lange kaum Gefahr, beim Küssen das Gegenüber zu verschrecken: Bosna am Würstelstand gab es kaum. 

Dem Salzburger Bosna-Fan ist "Alles Wurscht"

Einer, der angetreten ist, das zu ändern, ist Sebastian Neuschler. Der gebürtige Salzburger hat sich mehrere Hauben erkocht – und betreibt seit rund drei Jahren seinen Stand Alles Wurscht am Börseplatz, der sich seitdem zu einem der bekanntesten der Stadt gemausert hat.

"Ich wollte das Bosna-Nirvana in Wien beleben", sagt er. "Mit Schrecken musste ich sehen, wie die Bosna hier verunglimpft wurde: mit Koriander oder nur mit einem Würstel statt einem Paar." Und mit Ketchup. Das geht für den gebürtigen Salzburger gar nicht. "Wer das bestellt, ist Oberösterreicher."

Was eine gute Bosna ausmacht

Für ihn besteht eine gute Bosna aus gutem Weißbrot, saftigen, knusprig gebratenen Bratwürsteln, Senf, Curry, Petersilie und frischen Zwiebeln. Hinter der Börse liegt kein Bosna-Nirvana mehr: "Wir verkaufen zwischen 80 und 100 Stück pro Tag", sagt Neuschler.

Und es seien nicht nur Salzburger und Oberösterreicher mit kulinarischem Heimweh, die hier ihre Sehnsucht und den Hunger stillen, sondern auch autochthone Wiener. "Wir empfehlen sie Touristen. Es gibt ja nichts Faderes als Frankfurter", erklärt Neuschler, der Besuchern Würzigeres ans Herz legt. Ketchup als Inhaltsstoff lässt er gerade noch durchgehen: "Nur wenn jemand Mayonnaise bestellt, bevormunde ich die Kunden." Die gibt es bei ihm sicher nicht.

Immerhin ist Neuschler während seiner Schulzeit in Salzburg oft beim Balkan-Grill und dem Original-Bosna-Stand bei der Andräkirche vorbeigekommen. "Da habe ich schon einige Bosnas verdrückt." Beide Institutionen schmücken sich mit der Original-Variante. 

Lange Schlangen beim Salzburger Balkan-Grill

Der bei Auswärtigen bekanntere ist der Balkan-Grill zwischen der Getreidegasse und dem Universitätsplatz. Gründer Zanko Todoroff aus Bulgarien hat die Spezialität kreiert, puristisch und noch ohne Senf. Seit Jahrzehnten bilden sich vor dem kleinen Lokal im engen Durchgang lange Schlangen.

Mittlerweile gibt es auch in der Hauptstadt ein ordentliches Bosna-Angebot. Neben dem Alles Wurscht versorgen der Wiener Würstelstand in der Pfeilgasse und in der Spittelau, die Bosnarei am Währinger Gürtel oder ExtraWürstel in der Taborstraße die Hungrigen mit dem Imbiss aus dem Westen. Und sie haben vegane Varianten im Angebot.

Doch auch wenn immer mehr Ausgabestellen aufpoppen, der neue Burger sei die Bosna nicht. "Sie ist nicht so massentauglich und sie macht auch auf Fotos für soziale Medien nicht so viel her. Sie ist nicht so hochglanzvermarktbar wie ein Burger", meint Neuschler. Aber die 6,50 Euro für eine Bosna glaubt er besser investiert als die 15 Euro für einen Burger.

High-End-Variante beim Bosna Plus im Mühlviertel

In Altenfelden im oberösterreichischen Mühlviertel glaubt man an den Glamour der Bosna. Hier verkauft das Imbisslokal Bosna Plus seit einigen Monaten High-End-Varianten – unter anderem mit Jalapeños, Speckwürfeln und Käse. Und wie man das nun bei Instagram so sieht, werden Senf, Ketchup oder sonstige Saucen kunstvoll mit einer Wellenbewegung auf den Snack gedrückt. 

Das Auge isst bekanntlich mit. Dazu reicht man wie beim Burger Coleslaw-Salat.

"Die Bosna ist ein traditionelles Fastfood, das stiefmütterlich behandelt wurde. Die jungen Menschen in Österreich sollen auch merken, dass es in Österreich geiles Streetfood gibt", sagt der Systemgastronom Stefan Pühringer. Er hat sich mit Jürgen Ecker zusammengetan, der schon in der Spitzengastronomie am Arlberg gekocht hat. Zwei Jahre feilten sie mit einer Marktentwicklungsagentur am Konzept.

Und auch wenn man mit außergewöhnlichen Variationen aufwartet: "Am meisten verkaufen wir die klassische Bosna." Klassisch heißt in dem Fall – wir sind in Oberösterreich – mit Ketchup statt Senf. Aber das muss Neuschler ja nicht wissen.