"Vier": Landkrimi aus Niederösterreich

Der zweite Landkrimi aus Niederösterreich bringt ein verjährtes, aber nicht vergessenes Familiendrama ans Tageslicht zurück. Julia Franz Richter ermittelt (ORF1/20.15).

Niederösterreichische Keller genießen international ja keinen guten Ruf.

Im neuen Landkrimi „Vier“ kommen nun sogar drei Leichen dazu. Die Knochen, die da in einem alten Lehmkeller in Krumau am Kamp ausgegraben werden, stammen von Babys. Das ist furchtbar. Auch für den neuen Besitzer des Hauses, Benjamin Ludwig (Manuel Rubey), der davon beim Unterschreiben des Kaufvertrags natürlich nichts wusste. Dementsprechend irritiert ist er über diesen Fund – der mit seinem Lebensgefährten Matthias (Laurence Rupp) geplante Weinkeller muss also einmal warten. Zumindest so lange, bis die Ermittlungen laufen. Diese leitet die Kriminalbeamtin Marion Reiter (Regina Fritsch), die dafür aus St. Pölten anreist. Unterstützt wird sie dabei von der unerfahrenen, aber hartnäckigen Dorfpolizistin Ulli Herzog, die von der Schauspielerin Julia Franz Richter gespielt wird.

Die aus St. Pölten angereiste Ermittlerin vom Morddezernat, Marion Reiter (Regina Fritsch) mit Ulli Herzog (Julia Franz Richter).

©ORF/Julia Dragosits

Augenhöhe

Die ersten Ermittlungsergebnisse ergeben, dass die Kindstode mehr als zehn Jahre zurückliegen. Die drei Babys dürften unmittelbar nach der Geburt erstickt und an Ort und Stelle begraben worden sein. Außerdem hatte sich dort vor Jahren auch eine Familientragödie ereignet: Die damals elfjährige Claudia verschwand spurlos, der Vater erhängte sich daraufhin, die Mutter zog weg. So weit, so dramatisch-beklemmend.

Das Drehbuch zu „Vier“ stammt von Marie Kreutzer, die auch Regie führte. Es ist Julia Franz Richters erste Kollaboration mit der Filmemacherin: „Wir haben noch nie zusammengearbeitet, aber ich habe fast all ihre Filme gesehen. Wir haben uns im Vorfeld der Dreharbeiten getroffen und über das Drehbuch und meine Figur gesprochen“, sagt die 30-Jährige dem KURIER. „Es war eine feine Zusammenarbeit auf Augenhöhe, in der ich meiner Intuition folgen konnte und ein Grundvertrauen da war.“

Julia Franz Richter ist selbst am niederösterreichischen Land aufgewachsen und kennt daher gewisse Stereotype. Diese werden in „Vier“ aber nicht einfach nur zur Schau gestellt, sondern auch hinterfragt. „Am Land, wo sich alle scheinbar gut kennen, habe ich oft das Gefühl, dass gewisse Dinge einfach unter der Oberfläche stattfinden und über gewisse Themen nicht oder nur wenig gesprochen wird“, sagt Richter. Mit diesen „Dingen“ meint die Schauspielerin zum Beispiel psychische Probleme, Geschlechterrollen oder Beziehungsmodelle, die sich abseits der heteronormativen Kleinfamilie bewegen. „Aber das Bild, das im Landkrimi vom Leben am Land gezeichnet wird, ist natürlich kein allgemeingültiges. Es wäre überheblich zu sagen, dass es progressives Denken nur in der Stadt gibt.“

Zwei, die sich noch aus der Volksschule kennen: Dorfpolizistin Ulli Herzog  (Julia Franz Richter) und Matthias (Laurence Rupp)

©ORF/Julia Dragosits

Viel Gegend

Der Dialekt, die lokale Färbung, die Gegend spielen natürlich auch bei diesem Fall eine wesentliche Rolle. Die seit Jahren in Wien lebende Julia Franz Richter hat mit dem niederösterreichischen Dialekt im Alltag auch nichts mehr zu tun, erzählt sie – aber er komme, wenn sie nach Hause fahre, automatisch wieder hervor. „Es ist ein bisschen, wie eine andere Sprache zu lernen oder auf eine Sprache zurückzugreifen, die ich nicht fließend spreche. Das macht auch sofort etwas mit mir“, sagt Richter, die am Wiener Volkstheater engagiert und derzeit im Stück „humanistää!“ (nach Ernst Jandl) zu sehen ist.

Der Film und das Theater haben für die Schauspielerin den gleichen Stellenwert. Beide Bühnen sind ein Motor, wenn es um gesellschaftlich relevante Themen geht. Man kann damit vielleicht keinen Paradigmenwechsel einleiten, aber auf jeden Fall andere Perspektiven aufzeigen, Fragen aufwerfen und sich auf die Suche nach anderen Antworten machen.“

"Vier": Weniger Krimi, stattdessen mehr Drama. So könnte man den neuen Fall aus Niederösterreich kurz zusammenfassen.
In der Geschichte von Marie Kreutzer (Regie/Drehbuch)   ermittelt Julia Franz Richter an der Seite von  Regina Fritsch. Mit dabei sind u. a. noch Manuel Rubey, Laurence Rupp, Susanne Michel, Oliver Rosskopf. Zu sehen am Dienstag (18. Jänner) um 20.15 Uhr in ORF 1 - danach steht der Landkrimi sieben Tage via ORF-TVthek zum Abruf bereit.

Marco Weise

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