Kritik

"Rosenkavalier" an der Volksoper: Eine „Maskerad’“, die man gesehen haben sollte

„Der Rosenkavalier“ von Richard Strauss, erstmals an der Volksoper - und ein Erfolg.

Eigentlich kaum zu glauben. Es gibt nach Jahrzehnten tatsächlich einen „Rosenkavalier“ im Wiener Repertoire, der nicht von Otto Schenk stammt. Die Volksoper hat sich – in Koproduktion mit der Oper Bonn – erstmals in ihrer Geschichte über dieses Meisterwerk von Richard Strauss und Hugo von Hofmannsthal getraut und damit einen musikalischen wie szenischen Erfolg verbucht.

Szenisch, weil Regisseur Josef Ernst Köpplinger alles richtig macht. Er historisiert das Werk nicht, sondern verortet es im Jahr der Entstehung, also 1911, suggeriert aber zugleich völlige Zeitlosigkeit. Johannes Leiacker hat dafür ein Bühnenbild geschaffen, das mit riesigen, drehbaren Wänden, angedeuteten Spiegeln, toten Winkeln und Motiven wie Blumen aber auch Totenschädel spielt. Elegant sind dabei auch die Kostüme von Dagmar Morell.

Wienerisch

Ein großes Bett im ersten Akt, ein Palais mit Bibliothek im zweiten und eine Bar der Marke mondänes Mafia-Café im dritten Aufzug – mehr benötigt Köpplinger nicht, um diese „Wienerische Maskerad’“ zum Strahlen zu bringen. Eine subtile Personenführung und viele kleine, feine Details fügen sich zu einem großen Ganzen, das Strauss und Hofmannsthal mehr als gerecht wird.

Mit diesem gut gearbeiteten „Rosenkavalier“ kann die Volksoper wohl auf lange Zeit sehr gut leben und eine echte Alternative zu Otto Schenks längst Kult gewordener Staatsopernproduktion bieten. Höchst erfreulich!

©Barbara Pálffy/Volksoper Wien

Erfreulich aber auch, wie das Haus am Gürtel die musikalische Seite umsetzt. Das beginnt bei Dirigent Hans Graf, der das fabelhafte Orchester perfekt im Griff hat, der die Musik von Strauss mit einer unglaublichen Subtilität zum Klingen bringt, der stets die Balance zwischen großer Geste und zarter Konversation zu wahren versteht. Und das Orchester (nebst Chor in der Einstudierung von Thomas Böttcher) darf wieder einmal zeigen, zu welchen melodischen Höhenflügen es fähig ist.

Und die Volksoper hat eine Besetzung, die sich hören lassen kann. An der Spitze Stefan Cerny als sehr junger, aber vokal überaus gewaltiger Baron Ochs auf Lerchenau, der nicht auf Kraftmeierei oder Poltern setzt, sondern dem Ochs viele Facetten abgewinnt.

Vergänglich

Als wissende, verzichtende Marschallin berührt die Sopranistin Jacquelyn Wagner zutiefst; ihre oft intimen Dialoge mit Octavian sind in sich stimmig und sitzen auch stimmlich perfekt. Die Mezzosopranistin Emma Sventelius ist dieser Octavian. Sehr männlich, burschikos, glaubhaft und charakterlich wohl geistig ein Verwandter des Ochs. Das Happy-End mit Sophie – mit hellem Sopran gut gesungen von Lauren Urquhart - ist nicht von Dauer.

©Barbara Pálffy/Volksoper Wien

Als ihr Vater, der Herr von Faninal, überzeugt Morten Frank Larsen; in kleineren Partien sind u. a.: Ulrike Steinsky, Karl-Michael Ebner, Daniel Ohlenschläger, Christian Drescher, Carsten Süss, Mara Mastalir oder Margarete Joswig zu hören. Und als italienischer Sänger holt sich der Tenor Vincent Schirrmacher bei seinem Kurzauftritt souverän den Applaus des Publikums ab.

Fazit: Die Wiener Volksoper hat diesen „Rosenkavalier“ mehr als beachtlich auf die Bühne gebracht. Der einhellige Jubel war berechtigt.

Peter Jarolin

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