"Schaut ein Affe hinein, wird ein Affe herausschauen": Paul Flora in der Albertina
Ausgewählte Zeichnungen des Künstlers sind bis Ende Jänner in der Albertina zu sehen.
Mit spitzer Feder hat er die Welt spielerisch und doch ernst, melancholisch, hintergründig, kritisch oder sarkastisch beschrieben – und immer geistreich.
Paul Flora (1922-2009) sah sich nicht als Karikaturist, sondern als Zeichner. Die Albertina zeigt in einer Retrospektive zum bevorstehenden 100. Geburtstag rund 130 Arbeiten des Tiroler Künstlers: Surreale Dachlandschaften, Vampire, Raben, Könige, Vogelscheuchen und Österreicher.
Präsentiert werden Blätter der späten 1930er- bis frühen 2000er-Jahre: Hauptwerke der Albertina und Leihgaben aus dem Nachlass und dem Besitz der Familie Paul Floras. „Bilder sollten nicht nur schön sein“, war dessen Credo. Schönheit allein führe zu Langeweile in der Kunst. Günstig sei „eine Zutat des Grotesken, Regelwidrigen, Bizarren“.
Am Anfang waren Klee, Feininger und Picasso seine Götter. Er dachte wie Matisse, der sagte, er male Bilder, die wirken wie ein be-quemer Sessel. Aber am wichtigsten war für ihn Alfred Kubin „auf der Suche, ein eigener Charakter zu werden“. Wobei ihn die Kubinschen Unheimlichkeiten immer ein wenig beeinflusst haben.
Die Stille im Bild
Das Abgründige, das Absonderliche ist auch sein eigentliches Thema. Sonderlinge, sonderbare Gestalten, aus der Zeit gefallen, bevölkern seine oft dunkel eingedüsterten Sujets einer „dichten und intensiven Welt“, so Kuratorin Antonia Hoerschelmann.
„Wenn er das Venedig des 18. Jahrhunderts schildert, einen Pest-Arzt beschreibt oder einen Rattenfänger zeichnet“, sagt Albertina-Generaldirektor Klaus Albrecht Schröder, „so sind das Figuren, die nicht aus der Gegenwart und auch nicht aus Floras Lebenszeit stammen.“
„Flora schreitet rückwärts in die Zukunft“, erkannte Friedrich Dürrenmatt schon 1968. „Das scheint unzeitgemäß in einer Zeit, in der jeder, der da pinselt, schreibt oder komponiert, gleich die Gegenwart verändern will.“ Während wir „in einem Meer von Vergangenheit“ dahintreiben.
Charakteristisch für Flora ist die Stille im Bild. Er poetisiert die Welt. „Und vielleicht muss man sie auch poetisieren“, so Schröder, „damit sie überhaupt erträglich wird.“
Jedes Bild ein Spiegel
Ob Flora mit intelligenter Spottlust auf das Dach eines Wolkenkratzers ein kleines Häuschen stellt und einen Dinosaurier oder einen „vornehmen Hund“ vor die Giudecca in Venedig: Für Flora „besteht die Qualität eines Bildes nicht zuletzt auch darin, wieviel Gedanken und Emotionen es beim Betrachter hervorruft. Jedes Bild ist ein Spiegel, und jeder sieht darin, was er sehen will, er bekommt so viele Antworten, wie er Fragen stellt. Schaut ein Affe hinein, wird ein Affe herausschauen.“
Und je mehr sich Flora historische Kenntnisse aneignete, desto sicherer war er, „dass es keinen Fortschritt auf der Welt gibt und dass sich lediglich in Intervallen die Dummheiten und die Gescheitheiten, letztere leider viel seltener, wiederholen“.
Weitere Ausstellungen
„Paul Flora – Ausgewählte Zeichnungen und Radierungen“ (bis 8. 1.), Galerie Gerersdorfer, 9., Währinger Str. 12. „100 Jahre Paul Flora“ (ab 20. 2.) Karikaturmuseum Krems
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