Opernsängerin Opolais: "Moderne Frauen, die uns heute noch etwas sagen“

Theater an der Wien. Kristine Opolais singt die Titelpartie in „Tosca“

Am Dienstag, ist es soweit. Im Theater an der Wien steht die vorletzte Premiere vor der zweijährigen Generalsanierung des Hauses an. Diese gilt Giacomo Puccinis Meisterwerk „Tosca“. Marc Albrecht hat kurzfristig das Dirigat für seinen erkrankten Kollegen Ingo Metzmacher übernommen; Regie führt Burgtheaterdirektor Martin Kušej.

Wirklich freuen dürfen sich Opernliebhaber auf das Hausdebüt der lettischen Topsopranistin Kristine Opolais, die im KURIER-Gespräch sagt: „Puccini ist mein absolut liebster Komponist, ich singe so gerne all seine großen Partien. Mit Ausnahme der Turandot. Deren Charakter verstehe ich nicht, vielleicht hat sie auch gar keinen. Da ist mir die Liu wesentlich näher. Aber eine Tosca, eine Manon Lescaut, eine Butterfly, die kann ich verstehen, weil sie moderne Frauen sind, die uns heute noch etwas sagen.“

Spezielle Produktion

Und über ihren Zugang zur „Tosca“ meint die international gefeierte Künstlerin: „Ich habe diese Rolle schon so oft gesungen, aber es hat sich noch nie so gut und so richtig angefühlt, wie jetzt im Theater an der Wien. Diese Produktion ist meine Produktion. Ich habe von Martin Kušej so viel über diese Figur gelernt. Puccini ist so ein fantastischer Komponist, der einem aber extrem viel abverlangt. Ich habe meine erste Tosca 2006 gesungen, in Dresden, später in Baden-Baden mit Simon Rattle, in Covent Garden, überall auf der Welt. Aber diese Produktion ist anders, so speziell. Ich erfühle Tosca in jeder Note immer mehr. Bei Tosca bewegt man sich in einer Art Minenfeld. Vokal wie physisch und psychisch. Aber Martin Kušej hat die Minen weggeräumt, und ich habe als Tosca zu mir, zu meiner Interpretation dieser Rolle gefunden.“

Doch wo spielt diese neue „Tosca“? „Unsere ,Tosca’ spielt in einem zeitlosen Nachkriegsland. Hier regiert Scarpia, der früher mit Tosca ein Verhältnis hatte. Er hat ihren Körper sexuell besessen, aber nicht ihre Seele. Die gehört jetzt Mario. Das ist die Hauptmotivation für Scarpias Handeln. Er will Tosca zurück. Sexuell und seelisch. Tosca hingegen ist auf der Suche nach der wahren Liebe, die letztlich aber im Tod endet.“

Absolute Aufrichtigkeit

Doch gibt es für eine so versierte Sängerin gesanglich noch Tücken? „Singen hilft mir immer, aber ich sehe mich auch als Schauspielerin, die mithilfe des Gesangs Emotionen transportieren kann und darf. Wobei es nicht darum geht, die perfekte Gesangslinie zu finden. Das ist auch schön. Aber man sollte wie einst Maria Callas vor allem den Ausdruck nicht vergessen. Maria Callas ist mein absolutes Idol, weil sie die perfekte Singschaupielerin war. Ihr ging es immer um Aufrichtigkeit, auf der Bühne wie im Leben. Das sind auch meine Ziele. Ich will die Menschen berühren und ihnen im Idealfall eine Botschaft mitgeben: Seid aufrichtig und ehrlich zu Euch und allen Mitmenschen! Das braucht die Welt, das braucht unsere Gesellschaft in diesen Zeiten ganz dringend. Nicht nur in der Kunst!“

Peter Jarolin

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