Opernpremiere: Ein farbenreicher, musikalisch gelungener „Parsifal“

Linzer Inszenierung am Landestheater vom Publikum umjubelt (Von Helmut C. Mayer).

"Und in dem Lidschlag zwischen Stoß und Stich, sah mein Gesicht mich an: das Kind war ich“: Noch vor Beginn rezitiert als riesige Projektion der alternde Titelheld das Gedicht „Traumwald“ von Heiner Müller. Dieses diente offenbar dessen ehemaligem Assistenten Stephan Schuske als Inspirationsquelle: Sobald die Musik des Vorspiels von Richard Wagners „Parsifal“ am Linzer Landestheater anhebt, sieht man Klein-Parsifal als Kind auf einem Schaukelpferd neben seiner strickenden Mutter. Später wird er auch mit einem Spielzeugbogen den Schwan erlegen. Zuvor zieht er noch die dunklen Tücher, von den auf Stühlen sitzenden Figuren herunter. Und alle sind schon da: Amfortas, Gurnemanz, Kundry, Klingsor und Titurel.

Ein Kunstgriff, der sich jedoch nicht erschließt. Schäbig und heruntergekommen ist die Säulenhalle (Momme Rohrbein), im letzten Akt auch noch zugemüllt. Die Gralsritter werden als martialische Truppe in einer Art dschihadistischer Kämpfertracht gezeigt, die sich bei der Gralsenthüllung blutige Kreuze auf ihre entblößte Brust schmieren.

Wenig weihevoll

Im zweiten Akt herrscht oben Klingsor, unten agieren die Blumenmädchen wie Prostituierte in einem Käfig. Beim Karfreitagszauber ist dem Leading Team leider nichts eingefallen. Kann man die schäbige, recht bieder bebilderte Szene noch in Kauf nehmen, so findet eine erkennbare Interpretation des „Bühnenweihfestspiels“ kaum statt, das Weihevolle fehlt sowieso. Zudem ist die Personenführung von Schuske, in Linz immerhin Schauspielchef, statisch und konventionell.

©Landestheater Linz/Reinhard Winkler

Einen farbenreichen, impressionistischen Klangrausch bringt das Bruckner Orchester Linz unter Markus Poschner hervor. Neben spannungsvollen, gewaltigen Steigerungen tönt es immer wieder kammermusikalisch, ja mit Pianozauber aus dem Graben. Dabei weiß der Maestro immer transparent und sängerfreundlich musizieren zu lassen.

Allen voran singt Michael Wagner den Gurnemanz, der wie ein Intellektueller wirkt, mit großer Wortdeutlichkeit, sehr edel und kraftvoll. Heiko Börner hört man als baritonal gefärbten Titelhelden mit etwas belegtem Timbre, zu Beginn aber allen Spitzentönen.

Katherine Lerner überzeugt als Kundry mit intensiver Expressivität aber etwas scharfer Höhe.

©Landestheater Linz/Reinhard Winkler

Ralf Lukas ist ein eindringlich leidender Amfortas. Adam Kim ein zu wenig präsenter Klingsor. William Mason als Titurel singt gut.

Auch die vielen kleineren Partien, insbesondere die schön singenden Blumenmädchen erweisen sich als gut besetzt. Großer Jubel und ein paar Buhs für die Regie!

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