Multimillionärin und liebende Oma: Geheimnisse über Sisi gelüftet
Expertin Katrin Unterreiner gibt neue Einblicke in das Leben der Kaiserin: Elisabeth verfügte über ein stattliches Privatvermögen.
Ihr Schönheitskult, ihre Gewaltmärsche, Essgewohnheiten sowie Todessehnsucht faszinieren bis heute – am 10. September jährt sich der Todestag von Kaiserin Elisabeth zum 125. Mal. Anlässlich des Jubiläums wollte Katrin Unterreiner, Habsburger-Expertin sowie langjährige wissenschaftliche Leiterin beim Schloss Schönbrunn und Kuratorin des Sisi-Museums, "unbekannte und neue Seiten" über die Kaiserin zusammentragen.
So wurden Unterreiner erstmals alte Postkarten zur Verfügung gestellt, die die Monarchin als liebende Großmutter zeigen: "Bisher gab es bis auf die Tagebuchaufzeichnungen ihrer Tochter Marie Valerie keine Quellen, wie Elisabeth mit ihren Enkelkindern umgegangen ist. Zu ihrer Enkelin Ella, deren Taufpatin sie auch war, hatte sie offensichtlich eine engere Beziehung. Omama Elisabeth schreibt herzlich und versendet von ihren Reisen und Kuraufenthalten ganz entzückende Karten an das kleine Kind."
Interview Katrin Unterreiner
Katrin Unterreiner: Anlässlich des Jubiläums wollte ich die unbekannten und neuen Seiten ihrer Persönlichkeit zusammentragen, weil Elisabeth heute noch immer fasziniert und eine Ikone ist. Das Spannendste und Neue war für mich ihre Rolle als Großmutter. Bisher gab es bis auf die Tagebuchaufzeichnungen ihrer Tochter Marie Valerie keine Quellen, wie Elisabeth mit ihren Enkelkindern umgegangen ist. Zu ihrer Enkelin Ella, deren Taufpatin sie auch war, hatte sie offensichtlich eine engere Beziehung. Omama Elisabeth schreibt herzlich und versendet von ihren Reisen und Kuraufenthalten ganz entzückende Karten an das kleine Kind. Elisabeth war eine Persönlichkeit mit vielen Ecken und Kanten, aber durch diese neuen Aspekte, wird sie in einem anderen Licht dargestellt. Diese Ambivalenz fasziniert mich als Historikerin.
Sie hat ihr eigenes Geld sehr clever und sehr smart angelegt und viel Geld mit Aktien und Anleihen gemacht – völlig unbemerkt von der Öffentlichkeit. Sogar ihre Töchter waren nach ihrem Tod völlig erschüttert, wie groß das Vermögen ihrer Mutter war. Gelebt hat Elisabeth jedoch von der Großzügigkeit ihres Mannes.
Auf dem Gebiet der Parforce-Reitjagden wollte sie gut sein: Sie bewies nicht nur Talent und Fleiß, sie hat auch sehr hart trainiert. Elisabeth hatte die finanziellen Möglichkeiten: Sie konnte die besten Lehrer ihrer Zeit engagieren und konnte die besten Pferde kaufen. Sie hat wie heutige Hochleistungssportler trainiert und tatsächlich Aufnahme in die elitäre, englische Reitgesellschaft gefunden.
Elisabeth war keine Feministin. Sie hat sich nicht für gesellschaftspolitische Themen interessiert oder eingesetzt. Als Kaiserin hätte sie die Möglichkeit gehabt, gerade weil sie es geschafft hat, ein Privatleben durchzusetzen. Es ging ihr immer nur darum, für sich ein freies Leben zu haben. Sie hat sich nicht für die Rechte der Frauen eingesetzt, dabei hätte sie sich als gutes Beispiel einsetzen können. Nur weil sie ihr Leben nach eigenen Vorstellungen führen wollte, kann man sie nicht als Feministin bezeichnen. Sie hat nicht einmal ihre Schwestern unterstützt, die ihre eigenen Wege gehen wollten. Sie hatte kein Verständnis für andere Frauen, die das Gleiche wollten wie sie.
Die Historikerin nutzte die Jahre der Pandemie und recherchierte u. a. im Staatsarchiv und förderte erstaunliche Details über das Privatvermögen der Kaiserin zutage: "Sie hat ihr eigenes Geld sehr clever angelegt und viel Geld mit Aktien und Anleihen gemacht – völlig unbemerkt von der Öffentlichkeit. Sogar ihre Töchter waren nach ihrem Tod völlig erschüttert, wie groß das Vermögen ihrer Mutter war. Gelebt hat Elisabeth jedoch von der Großzügigkeit ihres Mannes."
Auch wenn Elisabeth eine untypische Frauenrolle für die damalige Zeit verkörperte und ein Freigeist war, sei sie keine Feministin gewesen: "Sie hat sich nicht für gesellschaftspolitische Themen interessiert oder eingesetzt. Als Kaiserin hätte sie die Möglichkeit gehabt, gerade weil sie es geschafft hat, ein Privatleben durchzusetzen. Es ging ihr immer nur darum, für sich ein freies Leben zu haben."
Die spannendsten Fakten aus Unterreiners neuestem Buch:
Omama Elisabeth
Dass Elisabeth in der Mutterrolle keine Erfüllung fand und vor allem ihren älteren Kindern Gisela und Rudolf entfremdet war, ist bekannt. Ergeben hatte sich diese Situation durch die lange Abwesenheit der Kaiserin in den prägenden ersten Jahren der Kinder. Erst bei ihrer jüngsten Tochter Marie Valerie holte sie vieles nach: Auch zu Marie Valeries Tochter Ella sollte sie ein liebevolles Verhältnis entwickeln. Da Elisabeth nicht nur Großmutter, sondern die Taufpatin der Kleinen war, nahm diese eine besondere Stellung ein. An Ella schrieb sie regelmäßig Ansichtskarten von ihren Reisen oder Glückwunschkärtchen, auf die sie niemals vergaß. Sie zeigen eine ganz andere Elisabeth als die depressive, launische und egozentrische Kaiserin. Sie zeigen eine herzliche "Omama", die nicht nur Geschenke schickte, sondern auch am Leben ihrer Enkelkinder teilnahm.
Bergsteigerin
Noch heute kann man das Turnzimmer in der Wiener Hofburg bestaunen. Sisi bewies auch Ausdauer: Von Bad Gastein aus unternahm die Kaiserin ihre herausforderndsten Bergtouren, die alles andere als harmlose Wanderungen waren. Mühelos bestieg sie die Dreitausender der Umgebung und engagierte dafür den damals bekanntesten Bergführer seiner Zeit, Rupert Hacksteiner, der sie von 1886 bis 1893 auf all ihren Bergtouren begleitete. Mit zunehmendem Alter fühlte sich die Kaiserin jedoch durch die abnehmende Kondition ihrer Hofdamen eingeschränkt, die etwa bei Gletschertouren die schwierigsten Passagen angeseilt hinaufgezogen werden mussten.
Zur Person
1837
Geboren am 24. Dezember in München als Elisabeth Amalie Eugenie von Wittelsbach, Herzogin in Bayern
4 Kinder
Ein Jahr nach der Hochzeit brachte die 17-Jährige ihr erstes Kind zur Welt, das im Alter von zwei Jahren starb. 1858 kam Kronprinz Rudolf zur Welt. Von der Geburt erholte sich Sisi nur schwer
1898
Gestorben am 10. September in Genf. Sie wurde 60 Jahre alt
Sonnencreme
Um als junge schöne Frau in die Geschichte einzugehen, ließ sich Elisabeth ab Anfang dreißig auch nicht mehr fotografieren. Das letzte Gemälde nach Modell im Alter von 41 Jahren war. Für ihre stundenlangen Wanderungen verwendete sie sowohl ein spezielles Aluminium-Badewasser als auch ein mit Aluminium versetztes Körperpuder, das schweißhemmend wirkte. Zudem entwickelte die Hofapotheke auf ihren Wunsch die erste bekannte Sonnencreme auf mineralischer Basis – die "Neue Wilsoni Salbe" mit Zink und Talk, die das Sonnenlicht leicht reflektierte und somit die Haut schützte.
Kokain gegen Depression
Die ersten Anzeichen ernsthafter Depressionen zeigten sich bereits Mitte der 1880er-Jahre, also einige Jahre vor dem Tod des Kronprinzen. Ihr Gemütszustand verbesserte sich in ihren letzten Lebensjahren durch Kokain. Dass der Kaiserin das Kokain intravenös verabreicht wurde, belegt die "Kokain-Spritze" in ihrer Handapotheke. Die Spritze befand sich jedenfalls auch im September 1898 in ihrer Reisehandapotheke auf ihrer letzten Reise nach Genf. Wie oft und über welchen Zeitraum Elisabeth die Droge verabreicht wurde, ist den Quellen nicht zu entnehmen.
Smarte Anlegerin
Elisabeth führte ein kostspieliges Leben: Allein für ihre Reisen gab sie im Laufe ihres Lebens 24 Millionen Euro aus. Interessant ist, dass sie sich zwar gerne in eine Fantasiewelt flüchtete, in Geldangelegenheiten erwies sie sich aber als smarte Anlegerin, die ihr Vermögen von Jahr zu Jahr durch Aktien vermehrte. In ihrem Todesjahr 1898 besaß sie ein Privatvermögen von zehn Millionen Gulden – umgerechnet 173 Millionen Euro.
Buchttipp: Katrin Unterreiner: Sisi – das geheime Leben der Kaiserin, Verlag Uberreuter, 200 Seiten, 24 Euro, erscheint am 23. August
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