Automann Erich Bitter im Interview: Der Luxus, anders zu sein

Vor dem Videogame Need for Speed gab es für Benzinbrüder nur das Autoquartett. Mit Erich Bitter stach man dabei fast jeden aus.

Erich Bitter: ein Mann, ein Autoleben. Nicht nur. Bevor der ehemalige Abarth-Werksfahrer als Automobilbauer durchstartete, war die deutsche Legende zwei Jahre lang Profi-Radrennfahrer. In den 1970er-Jahren designte der umtriebige Unternehmer Karosserien, die mit Ferraris verwechselt wurden.

Das Motto seiner Marke ist: Der Luxus, anders zu sein. Natürlich hatte das seinen Preis. Der Bitter CD, den er aus einem Opel Diplomat zauberte, kam auf mehr als das Doppelte als die Vorlage. Mit Paul Breitner, Günther Netzer und Rosi Mittermeier fuhren in den 1970er-Jahren viele deutsche Spitzensportler einen Bitter CD. Auch mit 88 Jahren hegt Erich Bitter noch Pläne in PS. Ein Interview über Porsche, Udo Jürgens, die "Schwarze Witwe" und den Versace-Killer.

Neben Opel, Mercedes, Ferrari oder Ford sind Sie einer der wenigen, die Autos mit eigenem Namen auf den Markt gebracht haben. Es gibt dazu eine Anekdote, wie Ihnen F. A. "Butzi" Porsche riet, ihre Autokreationen auch "Bitter" zu nennen. Können Sie uns diese kurz erzählen?

Erich Bitter: Ich suchte einen Namen für mein Auto und fand "Bitter" nicht besonders schön. Mit "Butzi" Porsche diskutierte ich im Büro über dieses Problem. Zufällig kam sein Vater Ferry dazu. Er meinte nur: ,Schreib' deinen Namen drauf und bau' ein gutes Auto.... Porsche klingt auch nicht viel besser.'

Ihre Automodelle Bitter CD und SC sind geprägt von einem elegant-sportlichen italienischen Stil sowie der Formel für das Design US-amerikanischer Muscle Cars - long hood, short rear (lange Haube, knackiges Heck). Im heutigen Straßenbild sind Exemplare wie diese eine absolute Rarität. Was halten Sie vom aktuellen Automobildesign?

Die Menschen haben sich geändert und auch das Design. Leider sind die Automarken im Design nicht mehr so unverkennbar wie früher. In den 1960er-Jahren konnte man von Weitem erkennen, was das gefahren kam. Heute? Keine Chance. Ohne das Logo zu sehen, kann man kaum noch ein Auto erkennen. Ein Bitter CD hatte kein grosses Logo im Kühlergrill, doch wusste man gleich Bescheid, er war eben noch eigenständig. Der SC tat sich da schon schwerer, er hatte grosse Ähnlichkeit mit dem Ferrari 400. Das Design ist schnelllebig geworden....und ziemlich ähnlich alles.

Manche Namen für bestimmte Automodelle sind entweder tierisch wie Mustang und Panda oder folgen einer technischen Modellbezeichnung wie CX-3, GLA etc. Sie aber haben eines Ihrer Autos nach einem Lied von Udo Jürgens benannt - "Indra". Wie kam das?

Anfang der 1970er-Jahre habe ich nach Deutschland Autos mit dem Namen Italia importiert und fand den Namen nicht besonders schön. Später hat die Firma Intermeccanica für mich ein Auto mit Opel-Technik und für dieses Auto brauchte ich einen Namen. Zufällig hörte ich zu dieser Zeit in einem Lied von Udo Jürgens die Worte "und sie hiess Indra". Das war es dann. Die Single von Udo Jürgens habe ich übrigens noch.

Oben ein Intermeccanica Indra. Und jetzt das Lied von Udo Jürgens...

Der geplante Porschejäger, Opels "Schwarze Witwe"

©Erich Bitter Automobile
Während 1968 die deutsche Nachkriegsjugend die Revolution oder den Ausstieg aus der Leistungsgesellschaft probte, gingen Sie am Hockenheimring mit einem geplanten Porschejäger namens "Schwarze Witwe" an den Start. Der Prototyp dieser Rennversion eines schwarzen Opel Rekord C gilt als verschollen. Seine letzten Wege führen nach Wien. Wissen Sie mehr über den Verbleib dieser Legende?

Die "Schwarze Witwe" habe ich mit Opel Technikern in Hockenheim fahrbar gemacht. Opel wollte mir den Prototyp nicht verkaufen und alle Ambitionen der Rüsselsheimer wurden von GM gekippt. Die original schwarze Witwe wurde an das Autohaus Bergmann in Wien verkauft, ohne Motor. Es wurde auf den Hof gestellt und war irgendwann verschwunden. Es gibt aber einen Nachbau, der bei Opel steht.

Heute werden unter dem Namen Bitter unter anderem veredelte Modelle eines Opel Adam, Mokka und Cascada angeboten. Hegen Sie mit jungen 88 Jahren nach wie vor Pläne, weitere eigene Fahrzeuge zu entwickeln?

Eigenständige Autos zu entwickeln ist fast nicht mehr bezahlbar. Das letzte eigenständige Auto von mir war der Bitter CD 2 . Er beruhte auf dem Pontiac GTO und hatte alles, was ich wollte: grosser Motor, verlässliche Technik, 2 Türen, 4 Sitze. Ich hatte in fahrfertiges Auto und stellte dieses auf der IAA vor, und es wäre ein grosser Erfolg geworden. Leider hat GM die Produktion des Pontiac eingestellt. Das hätte ich nie für möglich gehalten. Zwei Jahre Arbeit und sehr viel Geld waren weg. Dass ich immer noch Pläne habe ist, doch klar, ich bin doch erst 88 Jahre alt. Meine jetztigen Kreationen sind ja nur Editionen. Wir werden sehen, was Opel so weiter macht.

Laut Wikipedia war eine "Bitter Automobile Comp." von 1987 bis 1997 in Los Angeles vertreten. Ihr Geschäftspartner fiel ausgerechnet jenem Serienmörder zum Opfer, der am Ende seiner Amokfahrt auch Gianni Versace tötete. Auch so eine Katastrophe hielt Sie nicht davon ab, Ihren Träumen von Bitter-Autos treu zu bleiben. Woher nehmen Sie all diese Energie? 
 
Ich weiss auch nicht...
 
Zum Schluss: Sowohl Fahrräder als auch Automobile erleben derzeit durch die Elektrifizierung einen regelrechten Boom. Wie bewerten Sie als ehemaliger Radrennfahrer und Zeitzeuge wie auch Vertreter der Ära des Goldenen Automobilbaus diese Entwicklung?

Elektro-Fahrräder haben natürlich den enormen Vorteil, die Reichweite des Fahrers zu erweitern. Auch weniger sportliche Menschen können so das Radfahren neu entdecken. Ich sehe die Entwicklung trotzdem mit einiger Skepsis. Die Ökobilanz ist, ähnlich wie bei den Autos, nicht so grün, wie immer behauptet. Außerdem bergen E-Bikes durchaus gefahren im Strassenverkehr, da besonders ältere Menschen mit der Geschwindigkeit überfordert sind.

Ich hab so ein Ding einmal mal ausprobiert. Es ist schon gewöhnungsbedürftig, denn es ist ein Unterschied, ob ich mit 15 km/h oder mit 40 km/h unterwegs bin. Ausserdem sind unsere Radwege meiner Meinung nach nicht dafür ausgelegt. Die schmalen eingezeichneten Spuren in den Städten sind einfach gefährlich.

Erich Bitter

Der am 11. August 1933 im deutschen Schwelm geborene ehemalige Rad- und Automobilrennfahrer war der erste, der in den 1960er-Jahren feuerfeste Rennoveralls aus Großbritannien nach Deutschland importierte. Vom Händler der italienischen Sportwagen der Marke Intermeccanica entwickelte er sich Anfang der 1970er-Jahre zum Designer eigener Fahrzeuge. Die meisten seiner Bitter-Autos entstanden auf Basis von Opel-Modellen, zuletzt etwa der Bitter-Insignia. Unter anderem der Bitter-CD mit einer Höchstgeschwindigkeit von 220 km/h war in den 70er-Jahren eine begehrte Spielkarte beim Autoquartett.

©Autoquartett/piatnik
Bernhard Praschl

Über Bernhard Praschl

Bernhard Praschl, geboren 1961 in Linz. Als Stahlstadtkind aufgewachsen zwischen Stadtwerkstatt und Brucknerhaus. 1978 erster Manager der Linzer Punk-Legende Willi Warma. 1979 Studium der Politikwissenschaft und Publizistik an der Uni Wien. Zivildienst im WUK; 1986 Institut für Höhere Studien, Wien. 1989-1992 in der Die Presse, seit 1992 Redakteur im KURIER, 1994 Statist in Richard Linklaters "Before Sunrise", seit 1995 in der FREIZEIT. 2013 "Das kleine ABC des Geldes. Ein Lesebuch für Arm und Reich" (Czernin Verlag). Nach frühen Interrailreisen durch Europa (Portugal bis Irland) und Autofahrten entlang der California State Route und dem Overseas Highway nach Key West jetzt wieder Bahnfahrer - und E-Biker.

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