"And Just Like That ...": Carrie macht jetzt Instagram

Das Revival der Erfolgsserie „Sex and the City“ sollte diverser werden. Da ist noch Luft nach oben. Zum Auftakt wird es traurig.

Küsschen zur Begrüßung – ja oder nein? Auch bei „And Just Like That ...“, dem Revival von „Sex and the City“, gibt es Corona – allerdings scheint die Pandemie dort überwunden und nur noch in liebenswerten Marotten weiterzuleben: Carrie trägt jetzt sicherheitshalber Glitzerhandschuhe, wenn sie im Lift einen Knopf drücken muss. In der Welt von „Sex and the City“ war halt schon immer vieles einfacher.

Mehr als 20 Jahre ist es her, dass die Kultserie die TV-Geräte eroberte, seit Donnerstag ist die Neuauflage bei Sky zu sehen. Mit dabei sind neue, diversere Charaktere, mit denen die Serienschöpfer auf Kritik reagieren. Dafür fehlt Samantha (Kim Cattrall) – sie ist jobbedingt nach London ausgewandert und hat nach einem Zwist den Kontakt abgebrochen, wie gleich zu Beginn erörtert wird (ebenso wie die Frage, ob Frauen graue Haare tragen dürfen – es geht unentschieden aus).

Carrie (Sarah Jessica Parker), Miranda (Cynthia Nixon) und Charlotte (Kristin Davis) sind aber nach wie vor beste Freundinnen und – mehr oder weniger glücklich – verheiratet. Carrie schreibt keine Kolumnen mehr, sondern ist ganz zeitgemäß unter die Instagrammer und Podcaster gegangen. Miranda hat ihren Job als Anwältin gekündigt, um ein Studium zu beginnen und rutscht auf den gebrauchten Kondomen ihres pubertierenden Sohnes aus. Am unaufregendsten läuft es bei Charlotte, die mit großem Eifer zusammenpassende Blümchenkleider für ihre Töchter aussucht.

Weil man ja diverser werden will, knüpfen die Protagonistinnen neue Freundschaften: Carrie arbeitet mit Podcast-Host Che (Sara Ramírez) zusammen – Che ist nicht-binär, queer, hat mexikanische Wurzeln und erklärt ausgerechnet der einstigen Sex-Kolumnistin, dass sie zu prüde sei. Die sonst so souveräne Miranda muss an ihrem ersten Uni-Tag ein verunglücktes Gespräch über Rassismus mit der Schwarzen Professorin Nya Wallace (Karen Pittman) führen, das beim Zuschauen starke Schmerzen verursacht. Und unter den schicken Müttern in der Schule ihrer Kids findet Charlotte in Lisa (Nicole Ari Parker) eine mutmaßliche Seelenverwandte.

Podcast-Host Che

©Die Verwendung ist nur bei redaktioneller Berichterstattung im Rahmen einer Programmank?ndigung ab 2 Monate vor der ersten Auss/Warner/HBO

Die neuen Figuren sind spannend, viel Screentime bekommen sie aber nicht. In den ersten beiden Episoden scheinen sie hauptsächlich dafür da zu sein, um das „Sex and the City“-Trio bei der Selbstfindung zu unterstützen – oder wie im Fall von Miranda geduldig auf die Schulter zu klopfen, weil die Dinge 2021 ja wirklich kompliziert sind.

Der Auftakt wird aber auch von einem tragischen Ereignis überschattet, bei dem ein kaputtes Paar Designerschuhe nicht einmal mehr zur Nebensache wird. „And Just Like That“ scheut sich nicht, ernste Themen anzuschneiden und die Protagonistinnen mit harten Erwachsenen-Aufgaben zu konfrontieren. Entsprechend schwer ist der Tonfall zu Beginn – die Lockerheit, die viele Fans am Original geschätzt haben, fehlt zwangsläufig.

Wie die Serie da die Mitte finden und die neuen Darstellerinnen einsetzen will, bleibt spannend.

Die ersten beiden Episoden von "And Just Like That ..." sind bei Sky zu sehen, jeden Donnerstag gibt es neue Folgen. Auch alle sechs Staffeln "Sex and the City" und der Kinofilm laufen bei Sky. 

Wie vier New Yorkerinnen die Serienwelt eroberten

Preisgekrönt. 1998 tauchten vier erfolgreiche New Yorkerinnen auf den TV-Schirmen auf, die in einer fürs Fernsehen bis dahin ungekannten Offenheit über ihr Sexleben sprachen, ihr Single-Dasein in vollen Zügen genossen und in schicken Designer-Stücken angesehene Partys besuchten. Kolumnistin Carrie (Sarah Jessica Parker), Anwältin Miranda (Cynthia Nixon), Galeristin Charlotte (Kristin Davis) und PR-Beraterin Samantha (Kim Cattrall) unterhielten sechs Staffeln lang und in zwei Kinofilmen (2008, 2010) die Fans. „Sex and the City“ gewann Emmys und Golden Globes und prägte dank Kostümdesignerin Patricia Field die Mode.  

Doch nicht nur der Laptop, in den Carrie ihre Kolumnen tippt, wirkt heute veraltet: Zu weiß, zu hetero, zu privilegiert – „Sex and the City“ sieht sich mit ähnlichen Kritikpunkten konfrontiert wie etwa „Friends“. People of Color kommen in erster Linie als Servicepersonal vor, schwule Männer dürfen die Klischeerolle des besten Freundes erfüllen und der luxuriöse Lebensstil, der in der Serie gezeigt wird, ist für viele utopisch. Am Ende schien es doch nur darum zu gehen, ja unter die Haube zu kommen. Selbst Candice Bushnell, die mit ihren Kolumnen die Vorlage für „Sex and the City“ lieferte, attestierte der Serie, nicht sehr feministisch zu sein. 

Showrunner Michael Patrick King ging auf die Kritik ein – u. a. mit einem diverseren Cast und Writer's Room.

Nina Oberbucher

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