Wie Eltern ihren Kindern helfen können, stark zu werden

Kinderpsychiater Thun-Hohenstein weiß, was Kinder brauchen, damit sie mit Krisen besser umgehen können.

Corona, Ukraine-Krieg oder Klimawandel – und dann noch Probleme in der Schule. Kinder und Jugendliche sind vielen Krisen ausgesetzt. Wie man junge Menschen widerstandsfähig macht, weiß Leonhard Thun-Hohenstein, Gründer und langjähriger Leiter der Uni-Klinik der Jugendpsychiatrie in Salzburg. Er hat zum Thema jetzt ein Buch geschrieben. Im Interview erklärt er, wie Eltern ihren Kindern dabei helfen können, resilient zu werden.

©Georg Kukuvec Photography/MA Georg Kukuvec
Eltern hoffen, dass ihre Kinder den Widrigkeiten des Lebens trotzen. Wie können sie ihnen dabei helfen, resilient zu werden?
Leonhard Thun-Hohenstein: Sie müssen selber vorbildhaft mit Krisen umgehen. Da geht es darum: Wie benenne ich das jetzt, was da passiert, wo hole ich mir Hilfe? Wie kann ich trotz Turbulenzen ruhige Momente schaffen.
Das allein reicht aber nicht.
Nein, Resilienz ist ein langer Prozess, der sich aus verschiedenen Quellen zusammensetzt. Neben der genetischen Anlage sind es die vielen Erfahrungen, die ein Mensch im Laufe des Lebens macht. Einige Einflussfaktoren begünstigen eine Resilienz-Entwicklung – etwa eine stabile Beziehung zu den Eltern oder ein demokratisches Erziehungsklima.
Was bedeutet demokratische Erziehung?
Kinder können bei der Gestaltung des Alltags und bei der Planung mitreden – wo man sonntags hingeht oder welche Schule man wählt etc. Auch wenn die Kinder nicht alleine entscheiden: Das Mitgestalten ist ein wichtiges Prinzip. Genauso wie die Möglichkeit, sich selbstständig entwickeln zu können.
Heißt das, dass sie auch auf die Nase fallen dürfen?
Ja. Kinder erleben jeden Tag mindestens zehn Mal kleine Krisen – wenn sie hinfallen, wenn sie keinen Knoten machen können usw. Im Alltäglichen lernen Kinder, dass sich Krisen gut meisten lassen. Diese Erfahrung und diese Sicherheit ist eine Grundlage für Resilienz.
Kinder sollen eigene Erfahrungen machen, brauchen aber auch einen Rahmen, den die Eltern vorgeben. Was ist da das richtige Maß?
Das ist gar nicht so einfach zu entscheiden. Am besten geht man von den Reaktionen des Kindes aus, ob es passt oder nicht. Kinder, die keine Grenzen bekommen, laufen jedenfalls dauernd irgendetwas hinterher. Ich vergleiche das immer mit einem Raum, der völlig schwarz ist. Darin will sich das Kind orientieren – aber die Wände weichen dauernd zurück. Und weil es diese nie angreifen kann, wird es verrückt. Das Gleiche passiert, wenn die Wände ganz eng sind.
Sie sagen: Resilienz hat viel mit Bildung zu tun, weil man über soziale Kompetenzen und Fertigkeiten, die man erwirbt, ein gewisses Maß an Handlungsfähigkeit erzeugt, das man in Krisen anwendet. Haben Sie hierfür ein konkretes Beispiel?
Eltern kennen die Situation: Sie kochen etwas für das Kind, doch es isst das Gericht nicht – also verändern sie das Rezept so lange, bis es schmeckt. Wenn man diese Vorgangsweise bewusst einsetzt, kann man sich in der Krise hinsetzen und überlegen: Was hat dazu geführt? Was könnte ich ausprobieren, um da herauszukommen? Man probiert verschiedene Lösungswege aus und merkt: Der eine Weg hilft, der andere nicht. Dieses Denken kann man lernen – das ist nicht angeboren. Das kann ich mit den Kindern üben.
Derzeit haben wir viele Krisen. Wie schaffen es Eltern, dass ihre Kinder da optimistisch in die Zukunft blicken?
Da ist ein Blick in die Geschichte hilfreich, wo wir sehen, was Menschen schon alles geschafft haben. Es geht darum, eigene Wertmaßstäbe zu verändern – es ist nicht wichtig, drei Autos und eine große Wohnung zu haben, sondern miteinander ein gutes Auskommen zu haben, wo man es sich gemeinsam gut gehen lässt. Es darf mir nämlich auch gut gehen, obwohl es anderen schlecht geht. Aus diesen schönen Erlebnissen kann ich dann Kraft schöpfen, um schwierige Situationen zu meisten.
Manche Eltern haben erlebt, wie ihre Kinder in der Pandemie in eine psychische Krise stürzten. Können diese da wieder herauskommen?
Ja, wenn sich keine psychische Krankheit dahinter befindet, ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie wieder ins Leben zurückfinden und normal oder sogar gestärkt funktionieren können, relativ gut.
Welche Botschaft an Eltern ist Ihnen besonders wichtig?
Erfreuen Sie sich an den Stärken Ihrer Kinder und unterstützen Sie sie. Insbesondere bei allem, was mit Humor, Kreativität, Kunst und diesen Dingen zu tun hat.
Eltern hoffen, dass ihre Kinder den Widrigkeiten des Lebens trotzen. Wie können sie ihnen dabei helfen, resilient zu werden?
Sie müssen selber vorbildhaft mit Krisen umgehen. Da geht es darum: Wie benenne ich das jetzt, was da passiert, wo hole ich mir Hilfe? Wie kann ich trotz Turbulenzen ruhige Momente schaffen.
Das allein reicht aber nicht.
Nein, Resilienz ist ein langer Prozess, der sich aus verschiedenen Quellen zusammensetzt. Neben der genetischen Anlage sind es die vielen Erfahrungen, die ein Mensch im Laufe des Lebens macht. Einige Einflussfaktoren begünstigen eine Resilienz-Entwicklung – etwa eine stabile Beziehung zu den Eltern oder ein demokratisches Erziehungsklima.
Was bedeutet demokratische Erziehung?
Kinder können bei der Gestaltung des Alltags und bei der Planung mitreden – wo man sonntags hingeht oder welche Schule man wählt etc. Auch wenn die Kinder nicht alleine entscheiden: Das Mitgestalten ist ein wichtiges Prinzip. Genauso wie die Möglichkeit, sich selbstständig entwickeln zu können.
Heißt das, dass sie auch einmal auf die Nase fallen dürfen?
Ja. Kinder erleben jeden Tag mindestens zehn Mal kleine Krisen – wenn sie hinfallen, wenn sie keinen Knoten machen können usw. Im Alltäglichen lernen Kinder, dass sich Krisen gut meisten lassen. Diese Erfahrung und diese Sicherheit ist eine Grundlage für Resilienz.
Kinder sollen eigene Erfahrungen machen, brauchen aber auch einen Rahmen, den die Eltern vorgeben. Was ist da das richtige Mittelmaß?
Das ist gar nicht so einfach zu entscheiden. Am besten geht man von den Reaktionen des Kindes aus, ob es passt oder nicht. Kinder, die keine Grenzen bekommen, laufen jedenfalls dauernd irgendetwas hinterher. Ich vergleiche das immer mit einem Raum, der völlig schwarz ist. Darin will sich das Kind orientieren – aber die Wände weichen dauernd zurück. Und weil es diese nie angreifen kann, wird es verrückt. Das Gleiche passiert, wenn die Wände ganz eng sind.
Sie sagen: Resilienz hat viel mit Bildung zu tun, weil man über soziale Kompetenzen und Fertigkeiten, die man erwirbt, ein gewisses Maß an Handlungsfähigkeit erzeugt, das man in Krisen anwendet. Haben Sie hierfür ein konkretes Beispiel?
Eltern kennen die Situation: Sie kochen etwas für das Kind, doch es isst das Gericht nicht – also verändern sie das Rezept so lange, bis es schmeckt. Wenn man diese Vorgangsweise bewusst einsetzt, kann man sich in der Krise hinsetzen und überlegen: Was hat dazu geführt? Was könnte ich ausprobieren, um da herauszukommen? Man probiert verschiedene Lösungswege aus und merkt: Der eine Weg hilft, der andere nicht. Dieses Denken kann man lernen – das ist nicht angeboren. Das kann ich mit den Kindern üben.
Derzeit haben wir viele Krisen. Wie schaffen es Eltern, dass ihre Kinder da optimistisch in die Zukunft blicken?
Da ist ein Blick in die Geschichte hilfreich, wo wir sehen, was Menschen schon alles geschafft haben. Es geht darum, eigene Wertmaßstäbe zu verändern – es ist nicht wichtig, drei Autos und eine große Wohnung zu haben, sondern miteinander ein gutes Auskommen zu haben, wo man es sich gemeinsam gut gehen lässt. Es darf mir nämlich auch gut gehen, obwohl es anderen schlecht geht. Aus diesen schönen Erlebnissen kann ich dann Kraft schöpfen, um schwierige Situationen zu meisten.
Manche Eltern haben erlebt, wie ihre Kinder in der Pandemie in eine psychische Krise stürzten. Können diese da wieder herauskommen?
Ja, wenn sich keine psychische Krankheit dahinter befindet, ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie wieder ins Leben zurückfinden und normal oder sogar gestärkt funktionieren können, relativ gut.
Welche Botschaft an Eltern ist Ihnen besonders wichtig?
Erfreuen Sie sich an den Stärken Ihrer Kinder und unterstützen Sie sie. Insbesondere bei allem, was mit Humor, Kreativität, Kunst und diesen Dingen zu tun hat.

Buchtipp: Leonhard Thun-Hohenstein „Kinder und Resilienz“, ecowing Verlag. 272 Seiten. 24 Euro

Ute Brühl

Über Ute Brühl

Meist schreibe ich über so ernste Dinge wie Schule und Wissenschaft. Daneben widme ich mich immer wieder den schönen und heiteren Dinge des Lebens - dem guten Essen oder dem Gärtnern zum Beispiel.

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