Warum finden wir es faszinierend, wenn Promis normale Dinge tun?

Fragen der Freizeit ... und Antworten, die euch überraschen werden.

Brad Pitt hat in einem Straßen-Café einen Cappuccino getrunken. Keith Richards war am Würstelstand um sich ein Bierchen zu genehmigen. Keanu Reeves ist mit der U-Bahn gefahren,  Dua Lipa hat sich höchstselbst die Fingernägel lackiert, und oh wow, stellt euch vor: Promi XYZ hat doch tatsächlich in der Nase gebohrt!

Was fasziniert uns eigentlich sooo daran, berühmte Persönlichkeiten beim Verrichten alltäglicher Dinge zu beobachten? Um das zu verstehen, müssen wir einige Jahrhunderte zurückgehen. Der französische Historiker Philippe Ariès konstatierte, ebenso wie sein Landsmann, der Ethnologe Claude Lévi-Strauss, der aber auch gar nichts mit der Erfindung der Jeans zu tun hat, die Götter der alten Griechen als Verkörperungen menschlicher Ideale und Leidenschaften.

Sie taten alles, was wir auch tun, aber waren besser, mächtiger, cooler. Man blickte zu ihnen auf und erzählte einander die haarsträubendsten Geschichten über Zeus, Aphrodite & Co. Um sie zu „vermenschlichen“. Als das Christentum den Himmel  „entmenschlichte“, übernahmen erste „Promis“ diese Funktion: Könige, Prinzessinnen, Adelige. Vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert waren sie das, was wir heute als Celebrities verstehen, und auch wenn sie ihre „gewöhnlichen“ Seiten streng unter Verschluss hielten, waren derbe Straßentheaterstücke, in denen Könige furzten und Herzoginnen sich wie die Nachbarin von der 2er-Stiege über ihre nichtsnutzigen Ehemänner beschwerten, unglaublich beliebt.

Im 20. Jahrhundert stiegen Hollywood-Stars in den neuen „Olymp“ auf, gleichzeitig war das böse Straßentheater Geschichte, die Helden waren plötzlich makellos, übermenschlich. Erst Stars wie Richard Burton und Elizabeth Taylor, die sich betrunkene Streitereien lieferten, machten die unantastbaren Leinwand-Götter wieder greifbar, wie Karen Sternheimer in ihrem Buch „Celebrity Culture“ beschreibt.

Und heute ist durch Social Media der antike Götterhimmel wieder auf der Erde angekommen. Wir wollen sehen, wie Kylie Jenner eine Gurke schält, genau so, wie die alten Griechen Hera beim Kochen für Zeus sehen wollten. So einfach ist das.

Frage der Freizeit

Hier schreiben Autoren und Redakteure der freizeit abwechselnd über Dinge, die uns alle im Alltag beschäftigen.

Andreas Bovelino

Über Andreas Bovelino

Redakteur bei KURIER freizeit. Ex-Musiker, spielte in der Steinzeit des Radios das erste Unplugged-Set im FM4-Studio. Der Szene noch immer sehr verbunden. Versucht musikalisches Schubladendenken zu vermeiden, ist an Klassik ebenso interessiert wie an Dance, Hip-Hop, Rock oder Pop. Sonst: Texte aller Art, von philosophischen Farbbetrachtungen bis zu Sozialreportagen aus dem Vorstadt-Beisl. Hat nun, ach! Philosophie, Juristerei und Theaterwissenschaft und leider auch Anglistik durchaus studiert. Dazu noch Vorgeschichte und Hethitologie, ist also auch immer auf der Suche einer archäologischen Sensation. Unter anderem.

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