Es wird schon wieder Zeit, an der Uhr zu drehen

Trotz des EU-weiten Votums für das Aus zwischen Sommer- und Normalzeit gibt es die Umstellung immer noch.

Nur noch einmal müssen die Mexikaner die Uhren um eine Stunde zurück drehen, das war es dann mit dem Wechsel zwischen Sommer- und Normalzeit. Künftig gelte nur noch die "Zeit Gottes", wie Präsident Andrés Manuel López Obrador festhielt. Das war eine Anspielung auf die umgangssprachliche Bezeichnung für die Normalzeit in Mexiko, doch um einiges pathetischer als die in Österreich gebräuchliche - aber inkorrekte - Winterzeit.

Diesen Sonntag wird dann also wieder umgestellt, die Zeiger wandern von drei Uhr früh zurück auf zwei Uhr, Langschläfer erfreuen sich einer geschenkten Stunde. Ende März 2023 beginnt dann das Spielchen von Neuem, die Sommerzeit kehrt wieder: Denn trotz einer EU-weiten Abstimmung und des Votums des EU-Parlaments gegen den aljährlichen Zeitenwechsel hat sich an der Umstellung nichts geändert.

Sollte die Zeitumstellung nicht schon längst Geschichte sein?

Ja, schon 2021 hätte es soweit sein sollen. 2018 stimmte eine deutliche Mehrheit der EU-Bürger gegen den Wechsel Sommer- und Normalzeit: 84 Prozent der 4,6 Millionen Teilnehmer votierten für das Aus,  die EU-Kommission erstellte einen entsprechenden Vorschlag. 2019 sprach sich auch das EU-Parlament dafür aus, die Zeitumstellung einzustellen.

Warum wird dann aber noch immer an der Uhr gedreht? 

Das liegt an der Struktur der EU und an der unterschiedlichen Haltung der Mitgliedsstaaten. Jeder Staat muss für sich entscheiden, in welcher Zeitzone er sein will - dauernde Sommerzeit, dauernde Normalzeit? Darüber gibt es keine Beschlüsse. Zudem muss die Agenda im EU-Ministerrat  (der Verkehrsminister) behandelt werden, dort muss es zu einer Einigung kommen, doch: Was auf die Agenda kommt, bestimmt das jeweilige Land, das die EU-Präsidentschaft inne hat. Doch dieser Punkt fand sich zuletzt  im Dezember 2019 auf dieser Agenda - der Rat ging beschlusslos auseinander. Ob das 2023 wieder Thema wird,  ist noch offen, die Agenda für das erste Halbjahr (unter schwedischer Präsidentschaft) wurde noch nicht veröffentlicht.

Weshalb wurde die Zeitumstellung überhaupt eingeführt?

Auslöser war die Energiekrise der 1970-er Jahre. Mehr Tageslicht sollte helfen, Strom zu sparen. Österreich beschloss die Einführung 1979, erstmals umgesetzt wurde dann 1980. In der EU ist  der Wechsel zwischen Sommer- und Normalzeit seit 1996 verpflichtend. Die Idee selbst ist um einiges älter: Benjamin Franklin, einer der Gründerväter der USA, schlug Ähnliches im 18. Jahrhundert vor, damals ging es darum, den Verbrauch an Kerzen zu reduzieren.

Wann wird umgestellt?

Zumindest das ist genau geregelt. Die Sommerzeit beginnt am letzten Sonntag im März, und zwar überspringt der Uhrzeiger eine Stunde: Um zwei Uhr wird auf drei Uhr vorgedreht. Am letzten Oktobersonntag geht es genau umgegekehrt, die Zeiger springen von drei Uhr auf zwei Uhr zurück, das ist die Normalzeit. Dafür gibt es auch einige Eselbrücken wie "Schani, trag den Garten raus" (Sommerzeit, Schanigartenzeit, die Tische stehen vor der Tür - die Zeigen werden vorgestellt).

Hat das Folgen für Menschen oder Tiere?

Mediziner sagen, die Zeitumstellung wirke wie ein Mini-Jetlag. Müdigkeit, Konzentrationsschwieirgkeiten und leichte Reizbarkeit könnten sich bei Menschen als Folgen ergeben. Es könne bis zu 14 Tage dauern, bis sich der Körper auf den neuen Rhythmus eingestellt habe. Haus- wie Nutztiere geraten ebenfalls außer Takt: Aus der Landwirtschaft ist beispielsweise bekannt, dass Kühle rund eine Woche nach der Umstellung weniger Milch geben als gewohnt.

Elisabeth Holzer-Ottawa

Über Elisabeth Holzer-Ottawa

Seit 1992 als Journalistin in der Steiermark-Redaktion tätig. Promovierte Historikerin (Geschichte- und Doktoratsstudium an der Uni Graz), interessiert an zeitgeschichtlicher Forschung. 2007 das erste Buch veröffentlicht ("Schleichhändler vor Gericht"); es folgten zusammen mit weiteren AutorInnen einige mehr, etwa "McScience" (2015) oder 2017 "Die Geschichte der Frauen in der Steiermark". Ausgezeichnet mit dem Inge-Morath-Preis des Landes Steiermark für Wissenschaftspublizistik.

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