Warmes Wetter im Herbst: Droht das Aus der saisonalen Mode?
Daunenjacken und Winterstiefel fristen derzeit ein unbeachtetes Dasein in den Geschäften.
Im September reichte ein T-Shirt, im Oktober eine leichte Jacke und auch im November scheint die Zeit der Daunenjacke noch immer nicht gekommen zu sein. 2023 könnte laut dem EU-Klimawandeldienst das wärmste Jahr seit Beginn der Messungen werden. Alleine der Oktober war um 1,7 Grad wärmer als vor der Industrialisierung.
Die wärmeren Temperaturen verändern unser Einkaufsverhalten und damit die Modebranche. Die klassische Winterkleidung mit dickem Daunenmantel und gefütterten, wasserfesten Schuhen scheint ausgedient zu haben. Man benötigt diese Stücke vor allem in den Städten immer weniger. Die Übergangsjacke und der ungefütterte Mantel sowie der unkomplizierte Ganzjahresschuh sind derzeit so gefragt wie nie.
Veränderte Nachfrage
Der Handel spürt diese Veränderung: Dicke Winterjacken ziehen zwar immer mit Ende August in die Geschäfte ein, da interessiert sich naturgemäß aber noch niemand dafür. Doch auch im September und Oktober ließen die Absatzzahlen zu wünschen übrig. "Das Wetter in diesen Monaten ist ein nicht zu unterschätzender Faktor für den Einzelhandel gewesen", heißt es bei Peek & Cloppenburg. Die Kunden würden in der Regel eher bedarfsorientiert kaufen. Das bedeutet, bei höheren Temperaturen werde Herbst- und Winterkleidung eher verhalten nachgefragt.
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Weiter heißt es: „Durch die Temperatur- und Klimaveränderungen erwarten wir künftig fließendere Übergänge zwischen den Kollektionen und eine weniger strikte Unterscheidung nach Saisons. Im Schuhhandel zeichnet sich das gleiche Szenario ab. Gefütterte Winterschuhe sind momentan ein Ladenhüter. Ganzjahresmodelle wie der Loafer oder der Sneaker sind hingegen die aufstrebenden Stars am Schuhhimmel. Das zeichnet sich schon länger ab: Der Sneaker boomt bereits seit einigen Jahren, nun bekommt er erneut einen Schub.
Sneaker-Boom
Traditionelle Händler wie Salamander, die vor allem hochpreisige Lederschuhe im Sortiment hatten, sind pleite. Auch bei Humanic merkt man die veränderte Nachfrage. "Der Sneaker hat durch seine Betonung von Komfort, Alltagstauglichkeit und seinem lässigen Stil signifikant an Beliebtheit gewonnen. Infolgedessen haben die traditionellen Lederschuhe stark an Anteil verloren", so Josef Bernd Oswald, Head of Product der Leder & Schuh AG, zu der auch Humanic zählt.
Auch er bemerkt, dass der Anteil an saisonaler Ware und klassischen Wintermodellen generell abnimmt. Das sei unter anderem auf die Klimaveränderungen zurückzuführen. "Der Trend zu Ganzjahresschuhen zeigt einen signifikanten Anstieg aufgrund des wärmeren Wetters", so Oswald. Hinzu kommt, dass in den meisten Haushalten bereits genügend Winterschuhe ein unbeachtetes Dasein im Schrank fristen und die Inflation die Kauflaune weiter drückt.
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Qualitätsbewusstsein
Der Siegeszug der Fast Fashion mit seinem Prinzip "immer schneller, immer günstiger, immer mehr" scheint gebrochen. Viele Konsumenten wollen weniger und überlegter kaufen und qualitativ hochwertigere Stücke erwerben. Die Bereitschaft, dafür auch mehr Geld auszugeben, steigt ebenfalls. Für viele Kunden werden außerdem ökologische, ethische und soziale Aspekte bei der Kaufentscheidung immer wichtiger. Das Thema Nachhaltigkeit wird die gesamte Modebranche in Zukunft also noch stärker verändern. Denn der Kunde überlegt nicht nur, was er kauft, sondern auch bei wem.
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