Bademantel-Kult: Von Hollywood ins Badezimmer

Sie sind immer wieder auf Paparazzi-Fotos von Stars und Promis zu sehen und kaum jemand wunderte sich, als Harry Styles zur Hochzeit seines Freundes im flauschig-weißen Bademantel auftauchte.

Auch der britische Rapper und Songschreiber Giggs trug auf seiner Party einen solchen, allerdings aus schwarzem Satin mit pinkem Revers, während sein Gast, Schauspieler Michael Ward, im giftgrünen Frotteemantel erschien.

Und schließlich hat der Bademantel als Evening-Outfit spätestens seit Udo Jürgens Tradition, der das schlabbrige Stück Stoff bei seinen Gala-Konzerten am Klavier trug. 

All diese öffentlichen Bademantel-Auftritte von DJs, Rappern, Boxern & Co. widerlegen Theorien, die dem Stück Frottee noch immer anhaften. Denn galt der praktische Frotteemantel lange als Kleidungsstück für Nichtstun und Schlampigkeit, stand die elegante Morgenmantel-Version aus Samt, Brokat oder Seide wiederum für schnoddrige Gutsherren und Aristokraten. Bademantel ist eben nicht gleich Morgenmantel und so wie sich  der Stil wandelt, spiegelt sich auch der Charakter seiner Träger wider.

Aus Frottee oder aus Seide und Samt ist der Bademantel heute ein Streetstyle-It-Piece für Rapper und  DJs, die  damit  ihr Stilbewusstsein, Non-Konformismus und Luxus ausdrücken, mit Labels von Versace bis Tekla.

Während das gleiche Stück Stoff heute in jedem Badezimmer hängt und nichts anderes ist als ein Bademantel. Es kommt also nur drauf an, wer ihn wie trägt.
Der gewöhnliche Bademantel hat sogar eine lange Mode- und Filmgeschichte, in der er vom funktionellen Bademantel, über den biederen Morgenmantel zum eleganten Hausmantel avancierte und zum Luxusteil auf dem Catwalk wurde, etwa bei Gucci und Dior, und so als gleichgestellter Teil einer gut ausgestatteten Männergarderobe dem Besitzer die Chance gibt, Charakterdarsteller zu sein. 

Vom Bademantel zum Morgenrock

Ab dem 18. Jahrhundert verkörperte der Hausmantel, Morgenmantel oder auch „robe de chambre“ genannte „Banyan“,  Eleganz und Reichtum und wurde vom Hausherrn zu Hause über Hemd und Breeches getragen. Ein Hausmantel aus einfachem Stoff war in Filmen der 1960er-Jahre Ausdruck von braver Bürgerlichkeit, die etwa Sean Connery im Film „Marnie “ verkörperte. Der weite, T-förmig oder kimonoartig geschnittene „dressing gown“ aus Seide und kostbaren Paisley-Brokatmustern gewebt, galt im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts in britischen Adelshäusern als ultimativer Chic.

Deshalb ließen sich auch Kostümbildner für Vampir-Filme gerne von dem geheimnisvollen Nimbus gerne inspirieren und Sherlock-Holmes im roten Brokat-Morgenmantel ermitteln, oder Nicolas Cage darin als Graf Dracula spuken: in historischen Hausmänteln im viktorianischen Stil von Labels wie Bown of London oder Bonsoir of London.

In einem etwas mafiöseren Luxusmodell machte 1995 wiederum Robert De Niro im Film „Casino“ seine Geschäfte: im blasslila Seidenmorgenmantel. 
Aber es war Frottee, das die Ära der Streetstyle- und Couch-Potato-Looks einläutete. Als der Stoff Mitte des 19. Jahrhunderts vom britischen Bankier Henry Christy aus dem Orient in englische Baumwollspinnereien gebracht wurde, entdeckte ihn dort Burghardt Vossen, der ihn nach Deutschland brachte und vor rund hundert Jahren mit der Produktion von Frottierwaren begann. 

Seitdem zeigt sich der beliebteste der Bademantelstoffe in sämtlichen Designs und wird immer wieder als Signature-Look in Filmen eingesetzt. Während die praktische Frottee-Robe noch 1958 bei Paul Newman im Film „Die Katze auf dem heißen Blechdach“, genau wie das hellblaue Frotteemodell von 1962, in dem Sean Connery als James Bond in „Dr. No“ auftrat, noch Luxus, Maskulinität und eine Portion Biederkeit ausdrückte, verkörperte ein ähnliches Bademantelmodell mit Kragen 1998 bereits das bekannte „Couch-Potato-Feeling“, das aber dank Jeff Bridges, auch Coolness und Ironie versprüht.

Schließlich erlangte das „Dude-Modell“, mit dem Bridges im Kinofilm „The Big Lebowski“ einkaufen ging, Kultstatus. Auch er trug es, wie einst die adeligen Hausherren, über seiner Kleidung: T-Shirt und Bermudas. 

Alessandro Michele fotografierte Rapper Tyler im seidenen Morgenmantel für die Gucci-Kampagne 2021 und trägt selbst gerne einen. Dior bringt für Herbst 2025 den Hausmantel im luxuriösen Kimonoschnitt wieder  in die Herrengarderobe. Der Bademantel ist also endgültig zum Charakterdarsteller geworden.

STILNOTIZEN

Weißer Backbag und Sportstyle 
Es dürfte nicht nur Tennisspielern wie Jannik Sinner gefallen: weiße Rucksäcke sind in. Symbolisch steht die Farbe hier nicht nur für Tennisbälle, sondern auch für das Heilige Jahr, Sinner trug das Gucci Ophidia Backbag in Rom. Das Signature-Teil sorgt auch gleich für Sichtbarkeit im Trubel. 

TOP TIPP

GRILLEN OHNE FEUER 
Immer öfter ziehen durch kleine Innenhöfe Rauch- schwaden in die Wohnungen geplagter Nachbarn – selbst auf kleinsten Balkonen und Dachterrassen von Altbauten beginnt die Grillsaison.  Damit der Boom umweltfreundlich bleibt, greifen immer mehr Grillmeister zu Elektrogrills.  Dank  einer neuen Smart- Technologie, die über eine App gesteuert wird, werden Steaks & Co. mit digitaler Präzision perfekt. (z. B. Lumin Smart Elektrogrill von Weber)

BUCH DER WOCHE

Fotografie mit Humor  
Kaum jemandem gelang es besser als dem  New Yorker Fotografen Elliott Erwitt, in der ganzen Welt Alltagsszenen mit Herz und Humor durch das Objektiv seiner Kamera zu beobachten. Kurz vor seinem Tod 2023 kuratierte er für seinen letzten Bildband eine  Auswahl an amüsanten, augenzwinkernden Momentaufnahmen. Last Laughs, bei teNeues