Paaradox- Szenen einer Redaktionsehe: Vogel-Test & Fußmassage
Wer macht was, wann, warum – und vor allem nicht? Zuhören, zum Beispiel. Oder: sich dem anderen mit pochendem Herzen freudvoll zuwenden. Ja, die Liebe ist kompliziert.
Sie
Leser Leopold schickt Lustiges. Einen Spruch, der – so die These – auf den Mann gegenüber zutreffen könnte: "Laut meiner Frau mache ich zwei Fehler. Ich höre nie zu und noch was anderes.“ Ja, man kennt das, wobei ich zugebe, dass es ihm mit mir ebenso ergeht. Erst unlängst schlitterte ich ins Aufmerksamkeitsdefizit, als er die lange, aufwühlende Geschichte von der Suche nach dieser bestimmten Glühbirne im Baumarkt-Irrgarten erzählte: …und da lag mitten im Fach mit den Kompaktleuchtlampen genau das GX53-LED-Leuchtmittel, das ich ewig gesucht hab’, doch auf einmal war ich mir nicht mehr sicher, ob… Ab da schwirrte ich mental ab, mimte Zugewandtheit, sinnierte jedoch längst darüber, warum ich immer so in Krapfen beiße, dass ich mich mit Marmelade anpatze. Als er irgendwann fragte, ob ich das alles auch so empörend finde, erwiderte ich: "Absolut, aber man kann’s ja eh mit einem feuchten Tuch wegwischen.“ Da war ihm klar, dass ich geistig ganz woanders surfte.
Jö, schau!
Dazu fällt mir der "Vogel-Test“ ein, den US-amerikanische Beziehungsexperten erfunden haben. Damit lässt sich überprüfen, wie sehr ein Partner noch mit seinem Gegenüber verbunden ist, indem er auf etwas Unbedeutendes reagiert. Das geht so: Wenn Sie die Partnerin oder den Partner beim Spazieren auf einen hübschen Vogel ansprechen, und die/der andere dann mit Interesse und Neugierde reagiert, ist die Beziehung intakt. Falls nicht, ist es ein Indiz, dass sich der andere einfach nicht mehr für das, was Sie sagen, interessiert. Ich musste das ausprobieren. Gleich beim Hundespaziergang rief ich: "Jö schau, ein lustiger Vogel!“ Er rief zurück: Wo??? und suchte sofort nach der Fernbrille, um festzustellen, dass er lediglich die Lesebrille mithatte, worauf ein langer Vortrag über die depperte Brille folgte und ich schließlich sagte: "Wurscht, der Vogel ist eh schon wieder weg.“ Was das Testergebnis angeht, weiß ich jetzt auch nicht.
Er
Manchmal denke ich mir, dass meine Frau die Newsletter Tausender Paarexperten und Eheratgeberinnen abonniert haben muss. Anders ist die permanente Verfügbarkeit ihrer Optimierungsweisheiten nicht zu erklären. So sagte sie unlängst: Wusstest du, dass vom gesundheitlichen Standpunkt her Männer vom Konstrukt Partnerschaft mehr profitieren als Frauen? Ich antwortete nur: "Ah eh, sagt wer?“ Und sie: Paul Dolan, Professor für Verhaltenswissenschaft in London. Und ich: „Na dann.“ Details zu Dolans profunder Projektion erfrug ich wegen drohender Beziehungsanalysen nicht. Ich habe längst aufgehört, mich über die Flut von Forschungsergebnissen zu wundern. Für die Erkenntnis, dass sich nach 26 Jahren des Miteinanders das eine oder andere Defizit beim aufmerksamen Zuhören ergibt, brauche ich eher keine wissenschaftlichen Versuchsreihen. Sondern lediglich einen Vortrag von gnä Kuhn über die winterliche Resistenz der Traubenhyazinthe – da kann der Fokus schon einmal ein Sekunderl verloren gehen.
5:1-Regel
Umgekehrt kann ich nachvollziehen, dass sie meine Epik zu so mancher Alltagstücke (Schnittwunde am Zeh, kein Sitzplatz in der Bim, Lieblingsveltliner aus) nicht immer konsequent bis zum letzten Wort begleitet. Zuletzt überhörte sie etwas Bedeutendes, sagte aber bald: Ehrlich, tut mir leid. Nun war mein Moment gekommen: "Hm, das ist in meiner Wahrnehmung ein klarer Fall für John Gottmanns 5:1-Regel.“ Ihre charmante Reaktion: Häääää? Ich war erstaunt, dass sie die (von mir heimlich recherchierte) Studie des US-Psychologen nicht kannte und klärte auf: "Wer etwas tut, was nicht gut ist, sollte zum Ausgleich 5 Dinge tun, die gut sind.“ Aber noch ehe ich meine diesbezügliche Wunschliste des Wohlergehens formulieren konnte, sagte meine Frau schon: Dann solltest du hurtig anfangen, es hat sich ja einiges angesammelt … Fußmassage wäre für den Anfang gut. Memo an mich: Gottmann hat auch keine Lösung.
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