Gabriele Kuhn und Michael Hufnagl

Paaradox - Szenen einer Ehe: Gleichklang

Zumindest, was unser Schuhwerk betrifft, waren wir uns zuletzt auf seltsame Weise einig. Davon auf Weiteres zu schließen, scheint ein bisserl gewagt

Von Gabriele Kuhn & Michael Hufnagl

SIE

Manchmal hätte ich den Eindruck, dass Menschen und Hunde einander ähneln. Oder sagen wir so: Dass Leute – unbewusst, vielleicht auch bewusst – Hunde wählen, die ein bisschen so ausschauen (und sind) wie sie selbst. Warum mein erster Hund ein Dackel war, weiß ich jetzt auch nicht. Aber egal. Viel spannender ist ja die Frage, wie das mit Partnern so ist. Erst unlängst, als sich die Sonne charmant auf dem Glatzkopf des Mannes gegenüber spiegelte, und ihm eine leicht überirdische Aura verlieh, dachte ich mir: „Die Haare können es nicht gewesen sein.“ Ich bin dicht. Also meine Kopfbehaarung ist es.

Hufnagl-Anteile

Dennoch ist da bei uns beiden so etwas wie Mimikry zu beobachten. So heißt das in der Natur, wenn Tiere oder Pflanzen den Geruch und das Aussehen anderer Tiere und Pflanzen nachahmen. Okay, ich bin mir zwar sicher, dass ich immer noch so dufte wie Gabriele, und auch seine genetische Spiel- & Spaß-Disposition hat sich nicht in meine DNA geschummelt. Dennoch sind da im Laufe der Jahre molekulare Hufnagl-Anteile in mich gesickert. So mancher Tic (er zupft Bart, ich zupfe an den Fingern), so manch doofe Formulierung („Deshalb muss man jetzt echt kein Fass aufmachen…“), so manche Genusspräferenz (Schinkenfleckerl mit Ketchup). Und neuerdings sogar Schuh-Vorlieben – nicht zu fassen! 

Das ging so: Im Gegensatz zu vielen anderen Paaren assistiere ich ihm nicht samt Schuhlöffel und modischen Einflüsterungen beim Ankauf von Fußbekleidung. Er kann das allein. Ich auch. Wir gehen da strikt getrennte Wege. Umso skurriler war daher jener Moment als wir einander unlängst beim Gassi-Geh-Date im exakt identen Sneaker-Modell gegenüberstanden. Schuhbidu: Partnerlook, nicht beabsichtigt, ein bisserl peinlich, doch immerhin: eine gemeinsame Schwingung. Aber wie heißt es so schön: „Um den anderen zu verstehen, sollte man in seinen Schuhen gehen.“ Genau das tun wir nun. 

Er in Größe 44, ich mit 39ern.

ER

Über die Ähnlichkeiten zwischen Hund und Herrl bzw. Frauerl ist viel geschrieben worden. Umso lustiger ist, dass meine Frau keine Idee hat, was sie einst mit ihrem Rauhaardackel gemeinsam gehabt haben könnte. Weil: Ich habe beide kennengelernt, und ich könnte ein Buch schreiben über die offensichtlichen Parallelen. Aber gut, ich werde das Thema Beharrlichkeit jetzt nicht vertiefen. Obwohl: So ganz stimmt es nicht, dass ich beim Schuhkauf stets in völliger Autonomie sondieren und probieren konnte. Es ist lange her, da begannen wir nach einem spontanen Erwerbsentschluss mitten im Geschäft eine tragikomische Debatte über ein Modell, das ich für grandios, sie aber in dackeliger Sturheit für grausam hielt. Erst als die Verkäuferin mit flackerndem Blick das Lager im Keller als geeigneten Ort zur ehelichen Entscheidungshilfe vorschlug, hatte meine Frau die zündende Idee: Frag’ deine Tochter!

Geht gar nicht

Und so geschah es: Ich schickte dem Teenager-Mädchen allen Ernstes  Schuh-Fotos und bat um ihre Einschätzung. Die Szenerie, wie wir beide zwischen den Regalen saßen und wegen eines Geschmacksurteils gebannt auf das Handy-Display starrten, war fast bizarr. Und irgendwann schrieb das gute Kind. Nur zwei Worte: „Papi! Nein!“ Ich muss nicht näher erläutern, wie sehr sich die Genugtuung auf dem Gesicht von gnä Kuhn ausbreitete. Die Schuhe kaufte ich damals trotzdem – justament. Es war allerdings unsere letzte gemeinsame Latschen-Mission. Und die geliebte Tochter hat bis heute keinen Sinn für sprachliche Diplomatie, wenn es um meine Schuh-Vorlieben geht. In 9 von 10 Fällen sagt sie: „OMG!“ Als ich meiner Frau gegenüberstand, und wir ohne Witz die exakt gleichen Schuhe trugen, triumphierte ich und fragte, ob sie eh wüsste, was unsere Richterin meint. Nämlich: „Geht gar nicht. Schuldig wegen modischer Verirrung.“ Und sie antwortete nur: Wurscht, mir gefallen sie. Und nach einer kurzen Pause ergänzte sie: An mir zumindest.  

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