Mehrere übereinandergelegte Silhouetten eines Frauenprofils sind in vertikale Streifen unterteilt.

Menopause: Wie man im Wechsel die Lust wiederfindet

Plötzlich keine Lust? Schmerzen beim Sex? Hormonschwankungen wirken sich auch auf Psyche und Sexualität aus – Partnerschaft und Selbstbild geraten ins Wanken.

Von Anne-Kathrin Neuberg-Vural

Für viele Frauen bedeuten die Wechseljahre eine körperliche Zäsur und dadurch auch eine große Veränderung im Liebesleben. Nicht nur körperliche Symptome wie Hitzewallungen, Gelenkschmerzen oder Schlafstörungen belasten.

Die deutsche Wechseljahresexpertin Sinai Blumenthal hat selbst erlebt, wie die Menopause das Leben einer Frau umkrempeln kann. „Kein Arzt hatte eine Antwort, also habe ich mich selbst auf den Weg gemacht, um Lösungen zu finden“, erinnert sie sich. Blumenthal hat sich weitergebildet, aus dieser Erfahrung heraus entstanden gemeinsam mit Fachärztinnen sogenannte Menopause-Zentren in Frankfurt und München.

Im Gespräch berichtet Blumenthal von den Tabus der Sexualität – und der Verantwortung der Männer.

Wechseljahresexpertin Sinai Blumenthal mit schulterlangem, blondem Haar hält eine Brille in der Hand und blickt direkt nach vorne.

Wechseljahresexpertin Sinai Blumenthal

©Funke / Privat Creative

Frau Blumenthal, wie haben Sie selbst die Wechseljahre erlebt?

Sinai Blumenthal: Für mich war diese Phase erst einmal eine wirkliche Herausforderung. Ich bin ein sehr lebensfreudiger Mensch, voller Abenteuerlust, und ja, auch mit einer ausgeprägten Libido. Mit den Wechseljahren war plötzlich alles anders. Es fühlte sich an, als würde meine Lebenskraft schwinden – und ebenso mein Interesse an Sex. Das wollte ich nicht akzeptieren. 

Durch Hormonersatztherapie, regelmäßige Selbstpflege, Laserbehandlungen und die bewusste Auseinandersetzung mit meinen Bedürfnissen habe ich es geschafft, meine Sexualität neu zu definieren. Heute kann ich stolz sagen: Ich bin experimentierfreudiger und sicherer in meiner Lust als je zuvor. Die Wechseljahre haben mir letztlich zu mehr sexuellem Selbstbewusstsein verholfen. Und das ist eine Botschaft, die ich jeder Frau mitgeben will.

Warum ist Ihnen diese Botschaft so wichtig?

Viele Frauen erzählen mir, dass sie sich von ihrer Lust entfremden. Gleichzeitig hinterfragen Frauen in dieser Phase ihr Leben oft ganz grundlegend. Sex ist dann oft kein Bedürfnis, sondern eher ein weiteres To-do. Dabei sind die Wechseljahre für jede Frau eine Chance: Sie haben keine gesellschaftlichen Zwänge mehr, die Familienplanung ist abgeschlossen, Schwangerschaftsverhütung kein Thema. Frauen können jetzt entscheiden, auf welchen Teil ihrer Lust sie sich konzentrieren möchten. Das ist unglaublich befreiend.

Es gibt aber auch Frauen, die berichten, dass sie einfach keine Lust mehr haben.

Das kommt vor, und oft steckt eine Mischung aus Hormonen und Lebensumständen dahinter. Aber: Sexualität ist mehr als Geschlechtsverkehr. Libido bedeutet auch Lebenslust! Sich hübsch machen, tanzen, durch den Wald spazieren und Freude am Leben spüren. Frauen sollten sich fragen: Was will ich? Was brauche ich? Die Lust auf Sex kommt oft zurück, wenn die Lebensfreude wieder geweckt wird.

Nicht immer ist die Lust das Problem. Viele Frauen berichten von Schmerzen beim Sex.

Schmerzen beim Eindringen sind ein Alarmsignal. Oft handelt es sich dabei um vaginale Atrophie – eine Folge des Östrogenmangels in den Wechseljahren. Das bedeutet, die Vagina wird kürzer, die Schleimhäute dünner und weniger feucht, die ganze Intimregion empfindlicher. 

Vaginalcremes mit Estriol oder Vaginallaser können helfen, die Schleimhäute wieder aufzubauen. Wichtig ist, dass Frauen diese Schmerzen nicht einfach hinnehmen. Je früher sie etwas tun, desto besser. Auch Selbstbefriedigung ist ein wichtiger Bestandteil dieser Selbstpflege. Frauen sollten regelmäßig ihre Vagina „trainieren“. Wie bei jedem Muskel gilt: „Use it or lose it.“ (Benutz’ es, sonst verlierst du es, Anm.) 

Es geht nicht darum, einer gesellschaftlichen Erwartung zu entsprechen, sondern die eigene Gesundheit zu fördern – egal ob beim Sex mit einem Partner oder während eines Serien-Marathons mit einem Vibrator.

Im Netz fragen viele Männer: Wird meine Frau nach den Wechseljahren wieder wollen?

Mir ist keine Frau bekannt, die in den Wechseljahren keine starke oder gar völlige Libidoeinbuße erlebt hat. Aber eine Libido, die mal da war, lässt sich zurückholen – etwa mit Hormonersatztherapie und gezielter Pflege. Doch ganz wichtig: Frauen, die nie ein starkes Verlangen gespürt haben, werden durch die Wechseljahre nicht plötzlich hungrige Wölfinnen.

Wie sollten Männer ihre Frauen unterstützen?

Männer müssen bereit sein, zuzuhören und sich einzubringen. Die Wechseljahre sind für eine Beziehung eine Herausforderung. Man muss in dieser Phase offen sprechen. Auch Männer erleben Veränderungen und Alterungsprozesse – nur nicht so abrupt wie Frauen. Sie sollten daher offen für die Sorgen und Bedürfnisse ihrer Partnerinnen sein, aber auch ehrlich zu sich selbst: Wie sieht es mit der eigenen Lust und den körperlichen Veränderungen aus? Es hilft, gemeinsam Lösungen zu suchen.

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