
Gemeinsames Konto: Streitfalle oder faire Lösung?
Zwei Anwälte, zwei Ansichten, eine Rechtslage: Das Wiener Duo erzählt Geschichten aus seiner Ehe, beantwortet Fragen, die uns im Alltag beschäftigen, erklärt, was vor Gericht zählt – und wie er oder sie die Causa sehen.
Der Fall: Neulich beim Abendessen in größerer Runde: der kurze, unangenehme Moment, in dem geklärt wird, wer zahlt. Bei einem Paar sagt er großzügig: „Ich übernehme für uns beide.“ Das andere Paar teilt die Rechnung und zahlt getrennt. Und das dritte Paar zahlt vom Gemeinschaftskonto – während die Debatte darüber, wie man Ausgaben in einer Beziehung fair aufteilt, entfacht. Am Ende steht die Erkenntnis: Teilen und Zusammensein klingt schön, im Alltag ist es manchmal aber eine endlose Diskussion, die zu Ärger und Unverständnis und nicht selten zu einer Beziehungskrise führt. Macht ein gemeinsames Konto alles einfacher? Nur bedingt. Welche Möglichkeiten gibt es überhaupt, die gemeinsamen Finanzen zu gestalten? Wie stellt man eine faire Aufteilung sicher, ohne Streit zu provozieren? Und wie schaut das dann nach der Trennung aus, wenn einer noch schnell das Konto abräumt?
Mag. Carmen Thornton
Mein persönlicher Zugang zum Thema ist einfach: Mein Geld ist mein Geld und Johannes’ Geld ist unser Geld. Die Frage nach einem gemeinsamen Konto hat sich damit erledigt. Nach über einem Jahrzehnt Ehe haben wir gelernt, dass unsere Vorstellungen von „sinnvollen Ausgaben“ oft nicht übereinstimmen. Aber Johannes ist der eheliche Frieden glücklicherweise mehr wert als der Kontostand.
In vielen Beziehungen sind die Finanzen aber ein klassischer Zankapfel, immerhin geht es um zentrale Themen wie die finanzielle Sicherheit und Unabhängigkeit. Die Frage, wofür man sein Geld ausgibt, birgt Konfliktpotenzial – und muss angesprochen werden.
Getrennte Konten bei Lebensgemeinschaft
In Lebensgemeinschaften sehe ich grundsätzlich keinen Grund für ein gemeinsames Konto. Jeder will und soll seine Unabhängigkeit behalten. Ein eigenes Konto verschafft einem auch die notwendige Kontrolle und Eigenständigkeit.
Oft macht es aber Sinn, für bestimmte Ausgaben ein eigenes Haushaltskonto zu eröffnen, auf das beide einen Teil ihres Einkommens einzahlen. Dadurch lassen sich nicht nur Streitigkeiten vermeiden, wer wie viel gezahlt hat, es kann auch Auswirkungen auf die Ansprüche nach einer Trennung haben. Denn wenn beispielsweise ein Kredit für die gemeinsame Wohnung abbezahlt werden muss, hat derjenige, der die Kreditraten bezahlt, nach der Trennung einen Rückforderungsanspruch. Der andere, der stattdessen die Lebenshaltungskosten getragen hat, schaut durch die Finger. Zahlen beide auf ein Gemeinschaftskonto ein, ist klar, dass sich beide an den gemeinsamen Ausgaben beteiligt haben.

Carmen Thornton ist Rechtsanwältin in Wien.
©Thornton & Kautz RechtsanwälteIn einer Ehe sieht es anders aus: Hier wird gemeinsam gewirtschaftet, egal wer wie viel verdient. Ein gemeinsames Konto schafft Transparenz über Einnahmen und Ausgaben, zeigt Unterschiede in den Vorstellungen vom Geldverbrauch und macht es dadurch leichter, rechtzeitig Kompromisse zu schließen, bevor finanzielle Fragen die Beziehung belasten oder gar zerstören. Wenn ein Partner kein eigenes Einkommen hat, etwa wegen Kinderbetreuung, ist gemeinsames Entscheiden essenziell und verhindert, dass einer zum ewigen Bittsteller wird.
Auch im Fall der Scheidung kann man leichter feststellen, wie viel der Ehepartner verdient, was am Ende des Monats übrig bleibt und wohin Ersparnisse verschwunden sind. Das erleichtert die Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen. Aufgeteilt werden kann dabei nur Vermögen, das bei der Trennung bekannt und auffindbar ist. In einem Kontoregisterauszug scheinen nicht alle Vermögenswerte auf. Die Gerichte werden auch nicht investigativ tätig und suchen versteckte Gelder oder geheime Safes. Der Überblick über die Finanzen ist daher ausschlaggebend dafür, wie groß das finanzielle Polster bei einem Neuanfang ist und wie erfolgreich Vergleichsverhandlungen laufen.
Beide haften für Schulden
Ein gemeinsames Konto ist aber auch eine gemeinsame Verantwortung. Ist das Konto überzogen, haften beide für die Schulden. Daher macht es Sinn, Überziehungslimits zu vereinbaren, um böse Überraschungen zu vermeiden, vor allem wenn der Partner einen allzu lockeren Umgang mit Geld pflegt. Noch wichtiger als die Frage „Gemeinsames Konto oder nicht?“ ist aber, dass man über Finanzen spricht, seine Unabhängigkeit absichert und sich informiert. Sonst steht man plötzlich im Supermarkt mit gesperrter Karte da oder zahlt nach der Trennung die Schulden des Ex-Partners ab.
Mag. Johannes Kautz
Für die Erkenntnis, dass unsere Vorstellungen von „sinnvollen Ausgaben“ nicht immer übereinstimmen, brauchte ich kein Jahrzehnt, das war mir schon vor der Hochzeit klar. Ein großes Problem sehe ich darin aber nicht. Diskussionen, ob eine neue Handtasche wirklich „notwendig“ ist, vergiften nur das Klima und sind auch nicht zielführend. Denn der Zweck mancher Dinge besteht eben darin, Freude zu bereiten. Und da sind die persönlichen Vorlieben eben höchst unterschiedlich. In grundsätzlichen finanziellen Fragen und bei größeren Investitionen muss man sich natürlich einig sein. Wenn das nicht möglich ist, wird eine strikte Trennung der Finanzen daran aber auch nichts ändern.
Oft fühlt sich einer benachteiligt
Der eigentliche Grund von Streitigkeiten ums Geld ist meistens, dass einer sich nicht genügend wertgeschätzt fühlt und der andere der Meinung ist, mehr zum gemeinsamen Erfolg beizutragen. Das ist nicht nur in Beziehungen so. Auch in geschäftlichen Partnerschaften geht es bei Konflikten oft darum, dass sich einer benachteiligt fühlt. So wie sich die Gemüter in Beziehungen an Ausgaben für Autos oder Handtaschen entzünden, streiten sich Gesellschafter darüber, ob weitere Mitarbeiter eingestellt oder sonstige Ausgaben getätigt werden sollen.
Und sobald eine Ausgabe dazu führt, dass andere Anschaffungen nicht möglich sind, führen unterschiedliche Prioritäten zu Konflikten, die sich auf Dauer nur lösen lassen, wenn man ein gemeinsames Ziel verfolgt und sich bewusst ist, welchen Wert die Partnerschaft für beide hat. Oft kommt der Wunsch nach einer „fairen“ Kostentragung von dem Partner, der sonst kein übermäßiges Bedürfnis hat, halbe-halbe zu machen. Wenn man in einer Partnerschaft gemeinsam wirtschaftet und beide ihren Teil dazu beitragen, sollte es eigentlich kein Thema sein, wer den Urlaub oder sonstige Ausgaben bezahlt. In der Ehe macht das in Wahrheit auch keinen großen Unterschied. Ein gemeinsames Konto hilft vielleicht, den Überblick zu bewahren, doch nach der Scheidung wird das erwirtschaftete Vermögen ohnehin aufgeteilt.
In der Lebensgemeinschaft ist es völlig legitim, wenn man seine finanzielle Eigenständigkeit nicht aufgeben möchte und eher nach dem Motto „Gute Beziehung, strenge Rechnung“ agiert. Allerdings kann es nach der Trennung durchaus einen Unterschied machen, wer welche Kosten getragen hat. Daher sollte man sich auch über die Kontoführung Gedanken machen, vor allem, wenn man Kinder hat oder gemeinsame Investitionen (zum Beispiel Hausbau oder die Anschaffung einer Liegenschaft) tätigt.

Johannes Kautz ist Rechtsanwalt in Wien.
©Thornton & Kautz RechtsanwälteVertrauen oder Vier-Augen-Prinzip
Hier gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. Denn ein Gemeinschaftskonto kann ohne Zustimmung des anderen nicht gekündigt werden. Daher ist es oft die sinnvollere Lösung, dem Partner eine Zeichnungsberechtigung einzuräumen. Und auch beim Gemeinschaftskonto gibt es unterschiedliche Formen. Meistens kann jeder Kontoinhaber eigenständig Bargeld abheben oder Überweisungen durchführen.
Bei einer Überziehung des Kontos haften trotzdem beide. Man kann festlegen, dass eine Überziehung des Kontos nur mit Zustimmung möglich ist oder die Kontoinhaber überhaupt nur gemeinsam Transaktionen tätigen können. In einer Beziehung ist das unpraktisch. Wenn das Konto für einen speziellen Zweck eröffnet wird, etwa zur Finanzierung eines gemeinsamen Hausbaus, ist durch das Vier-Augen-Prinzip sichergestellt, dass keiner unerwünschte Ausgaben tätigt.
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