Two keys with splitted key rings with pendant in shape of house

Recht kompliziert: Wem gehört das Haus?

Zwei Anwälte, zwei Ansichten, eine Rechtslage: Das Wiener Duo erzählt Geschichten aus seiner Ehe, beantwortet Fragen, die uns im Alltag beschäftigen, erklärt, was vor Gericht zählt – und wie er oder sie die Causa sehen.

Der Fall: Der Fall: Neulich waren unsere Freunde Denise und Alex bei uns zum Essen – und gleich beim Aperitif kam die große Neuigkeit: Sie kaufen ein Haus! Genauer: Denise kauft es, und daher steht sie auch Grundbuch. 200.000 Euro hat sie schon beiseitegelegt und für die restlichen 400.000 Euro nimmt sie einen Kredit auf. Als plastische Chirurgin ist das für sie machbar. Alex ist eher vorsichtig, er mag keine Schulden. Außerdem ist er nicht kreditwürdig, sondern zum zweiten Mal in Karenz. In Zukunft wird er Teilzeit arbeiten und sich um Haushalt und Kinder kümmern. Denise ist begeistert, sie plant schon ihr Ankleidezimmer. Ich werfe Johannes einen Blick zu – er vertieft sich sichtlich nervös die Vorspeise, denn die unvermeidliche Frage folgt wie das Amen im Gebet: „Wer bekommt das Haus eigentlich nach der Trennung?“ Das Dessert hat nach unseren Antworten keinem mehr so richtig geschmeckt.

Mag. Carmen Thornton: 

Der Hauskauf ist eine der größten Entscheidungen eines Paares – finanziell und emotional. Nicht selten ist das Eigenheim der einzige Vermögenswert, zwar mit Schulden belastet, aber das, was man sich im Leben aufgebaut hat. Verständlich, dass bei der Trennung keiner darauf verzichten will.

Entscheidend ist, ob man verheiratet ist oder in Lebensgemeinschaft lebt – und mit welchen Mitteln das Haus angeschafft wurde. Bei Denise und Alex zeigt sich das drastisch: Wenn die beiden verheiratet wären und der Kredit während aufrechter Ehe zurückgezahlt wird, geht Denise nach der Scheidung mit  300.000 Euro auf Wohnungssuche. Bei einer Lebensgemeinschaft sitzt sie hingegen mit den Kindern im Haus und Alex zieht mit leeren Taschen aus. Wie kann das sein?

„Gemeinsames Wirtschaften“

Ganz einfach: In der Ehe zählt das „gemeinsame Schaffen“, es wird das gemeinsam erwirtschaftete Vermögen aufgeteilt, ausgenommen sind eingebrachte, geerbte oder geschenkte Vermögenswerte. Wenn das Haus überwiegend aus ehelichen Mitteln gekauft oder der Kredit während der Ehe zurückgezahlt wurde, wird es nach der Scheidung aufgeteilt. Wollen beide das Haus behalten und können sich nicht einigen, entscheidet das Gericht – der „schuldlos“ Geschiedene hat aber die Wahl, das Haus zu übernehmen, wenn er die Ausgleichszahlung aufbringen kann. In Extremfällen kann dem schuldlosen Partner sogar ein Wohnrecht eingeräumt werden, wenn er sonst auf der Straße landen würde.

Wird Denise also „schuldig“ geschieden, z. B. wegen einer Affäre, kann Alex mit finanzieller Unterstützung seiner Familie das bereits ausbezahlte Haus übernehmen, während sich Denise mit ihrer Ausgleichszahlung von  300.000 Euro gerade mal eine kleine Wohnung leisten kann.

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Carmen Thornton ist Rechtsanwältin in Wien.

©Thornton & Kautz Rechtsanwälte

Wichtig: In der Ehe zählt nicht, wer im Grundbuch steht und wer die Kreditraten zahlt, sondern nur, ob das Haus überwiegend aus ehelichem Vermögen finanziert wurde. Und selbst wenn einer nach der Scheidung das Haus übernimmt, haften oft noch beide weiter für den Kredit. Denn wenn die Bank den Ehepartner nicht aus der Kredithaftung entlässt, bleibt man Ausfallsbürge und verschlechtert damit die eigene Bonität.

Wohnrecht 

Prozessual kann die Aufteilung des Hauses und des Vermögens erst nach dem Scheidungsverfahren erfolgen. Solche Verfahren ziehen sich oft über Jahre. Als Ehepartner hat man einen Wohnungserhaltungsanspruch und kann daher bis zum Ende der Gerichtsverfahrens in der Ehewohnung bleiben. Im Idealfall wohnt man bis dahin gemeinsam im Haus, das ist aber eine emotionale Meisterleistung. Wenn das nicht klappt und keiner freiwillig auszieht, sind Streitigkeiten vorprogrammiert.

Nachdem Alex mit den kleinen Kindern in Karenz ist und Teilzeit arbeitet, hat er gute Chancen, im Haus zu bleiben. Denise müsste ausziehen und weiter den Kredit zahlen. Ab der Trennung bekommt sie zwar die Kreditraten wieder zurück, aber Alex muss keine Miete oder ein Benutzungsentgelt zahlen.   

Man könnte meinen, Denise hat mit dem „Jawort“ das Haus „verloren“. So einfach ist es aber nicht: Alex Karenzzeit war eine wesentliche Unterstützung für ihre Karriere. Und ihre Affäre hatte nicht nur emotionale, sondern auch rechtliche Konsequenzen. 

Fakt ist: In der Ehe wird geteilt – im Guten wie im Schlechten. Ein Grund mehr, sorgsam zu wählen – und sich gut um einander zu kümmern.

Mag. Johannes Kautz:

Ich zögere ein wenig. Als Anwalt ergreife ich normalerweise Partei für eine Seite. Mit Alex habe ich mich mittlerweile gut angefreundet, aber eigentlich kennen wir Denise schon viel länger. Außerdem freut sich Alex natürlich auch, er zieht er in ein nettes Haus, das er sich sonst niemals leisten könnte. Da will ich nicht mit juristischen Spitzfindigkeiten der Spielverderber sein. 

Also wie soll ich die Antwort diplomatisch formulieren? Vielleicht vorsichtig nachfragen, ob eh auch eine Hochzeit geplant ist oder nicht doch beide im Grundbuch stehen werden, es ist ja das gemeinsame Zuhause?

Keine Geld-zurück-Garantie 

Insgeheim denke ich mir natürlich: Alex, bist du verrückt? Ihr seid nicht verheiratet! Denise steht im Grundbuch und bezahlt die Kreditraten. Wenn ihr euch trennt, hast du kein Dach über dem Kopf. Und die Kinder bleiben sicher lieber im Haus, dann zahlst du auch noch Alimente, wie soll sich das von deinem Teilzeitgehalt ausgehen? 

Während ich noch überlege, wie ich aus diesem Dilemma herauskomme, erzählt Denise, wie sie sich die Kosten teilen werden, schließlich führen sie eine moderne Beziehung und da soll jeder seinen Teil beitragen, soweit er halt kann. Denise bezahlt daher die hohe Kreditrate, es ist ja auch ihr Haus. 

Alex übernimmt hingegen die Lebenserhaltungskosten. Das ist deutlich weniger und geht sich von seinem Gehalt gut aus. Er findet das fair, schließlich verdient er nicht so viel und kümmert sich dafür mehr um Haushalt und Kinder. Und sollten sie sich doch einmal trennen, finden sie bestimmt eine faire Lösung.

Verlorene Kosten

Ok, jetzt reicht’s, bei so viel Gutgläubigkeit hilft keine Diplomatie mehr. Ich werfe ein, dass Aufwendungen, die erkennbar in der Erwartung des Fortbestands der Lebensgemeinschaft getätigt werden, nach der Trennung zurückgefordert werden können, soweit der Nutzen noch vorhanden ist. Bei den Kreditrückzahlungen ist das der Fall, schließlich reduzieren sie die Schulden. Auch Investitionen erhöhen in der Regel den Wert des Hauses und sind daher bei der Trennung noch vorhanden. 

Die Kosten für den Lebensunterhalt sind hingegen verloren. Im Trennungsfall muss Alex also nicht nur ausziehen, er kann auch die Kosten, die er über die Jahre gezahlt hat, abschreiben. 

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Johannes Kautz ist Rechtsanwalt in Wien.

©Thornton & Kautz Rechtsanwälte

Teilungsklage bei Streitigkeiten

Über Alex Einwand, dass er dann statt der Lebenserhaltungskosten lieber die Hälfte der Kreditrate zahlt, damit er bei der Trennung zumindest ein bisschen was zurückbekommt, ist Denise nicht sonderlich glücklich. 

Und meine Antwort auf Alex Frage, ob er nicht besser auch im Grundbuch stehen sollte, wird von ihr mit einem heftigen Fußtritt unterm Tisch quittiert: Denn in diesem Fall kann jeder eine Teilungsklage einbringen, wenn sie sich bei einer Trennung nicht einigen. Dann wird das Haus versteigert und beide bekommen grundsätzlich die Hälfte des Erlöses. Die Anzahlung für das Haus kann Denise zwar zurückverlangen und auch für die geleisteten Kreditrückzahlungen oder werthaltige Investitionen besteht ein Bereicherungsanspruch. Aber von der Wertsteigerung der Liegenschaft profitieren beide zu gleichen Teilen. Dass die Teilungsklage ein gutes Druckmittel ist, behalte ich lieber für mich.

Ob Denise und Alex das Haus jetzt tatsächlich gekauft haben, wissen wir nicht, seltsamerweise haben sie dieses Thema nie wieder angesprochen.

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