Die unsichtbare Hand der Eltern: Wie sie unsere Beziehungen beeinflussen
Von der Wahl des Partners bis hin zu den Mustern, die wir in Beziehungen wiederholen: Unsere Eltern haben einen unsichtbaren Einfluss darauf.
In einer Welt, in der wir oft glauben, die Entscheidungen in unserem Liebesleben seien allein unsere eigenen, offenbart die Forschung eine verblüffende Wahrheit: Unsere Eltern haben einen weitreichenderen Einfluss auf unsere Beziehungen, als wir es uns vorstellen können. Von der Wahl unseres Partners bis hin zu den Mustern, die wir in unseren Beziehungen wiederholen, sind die unsichtbaren Fäden der elterlichen Einflussnahme allgegenwärtig.
Die Suche nach unseren Eltern in Beziehungen
Obwohl Unabhängigkeit und Selbstbestimmung hochgeschätzt werden, wird man doch von außen mehr beeinflusst als man zuerst glauben mag. Es ist ein Phänomen, das die Wissenschaft seit Langem beschäftigt. Warum wählen wir gewisse Partner aus? Welche Vorlieben hat man hier und wie ähnlich sind diese Muster unseren eigenen Eltern?
Es mag wie ein Klischee erscheinen, dass Männer nach Frauen suchen, die ihren Müttern ähneln, und Frauen Männer bevorzugen, die ihren Vätern ähneln. Doch zahlreiche Studien haben gezeigt, dass diese Muster keineswegs zufällig sind. Eine neue Umfrage einer britischen Datingplattform zum Beispiel zeigte auf, dass zwei Drittel aller heterosexuellen Männer sich unbewusst Partnerinnen suchen, die ihren Müttern gleichen. Zumindest was die Persönlichkeit angeht.
Frühere Untersuchungen haben gezeigt, dass Paare oft ähnliche sozioökonomische Merkmale, aber auch ein ähnliches Alter, Bildungsniveau, Persönlichkeitsmerkmale, körperliche Attraktivität und anthropometrische Maße aufweisen. Eine weitere interessante Entdeckung ist, dass Menschen Gesichter bevorzugen, die ihren eigenen ähneln. Es gibt Hinweise darauf, dass genetische Ähnlichkeiten die Attraktivitätsbewertung und die Partnerwahl beeinflussen. Somit spielen sowohl genetische Ähnlichkeit als auch erlernte Verhaltensweisen durch unsere Eltern eine große Rolle bei der Partnersuche.
Darum wiederholen wir Beziehungsmuster
Doch der Einfluss der Eltern geht weit über das Aussehen hinaus. Die Psychologin Tyler Jamison betont im Interview mit Business Insider, dass unsere Eltern auch eine entscheidende Rolle dabei spielen, wie wir Beziehungen führen und welche Beziehungsmuster wir übernehmen. Eine Studie, die im renommierten Fachmagazin "Psychological Bulletin" veröffentlicht wurde, zeigt, dass Menschen dazu neigen, die Beziehungsmuster ihrer Eltern zu wiederholen, insbesondere wenn diese positiv waren. Die Beziehung zu unseren Eltern ist wohl die erste und wichtigste unseres Lebens. Es ist die erste richtige Liebe, die wir erhalten und für jemanden empfinden. Doch oft ist es auch der erste Herzschmerz.
Getriggered - Wenn unterdrückte Emotionen hochkommen
Jamison identifiziert zwei Hauptmuster: Zum einen orientieren sich einige Menschen bewusst oder unbewusst an den Verhaltensweisen ihrer Eltern, da sie eine Inspirationsquelle und unsere Vorbilder sind. Zum anderen versuchen andere, die Lücken aus ihrer Kindheit durch ihre Partnerschaft zu füllen, indem sie zum Beispiel Sicherheit, Verständnis, Akzeptanz oder Liebe suchen, die sie in ihrer Kindheit möglicherweise vermisst haben.
Statistisch gesehen entstehen die meisten Streitereien in Beziehungen unterbewusst durch frühkindlicher Traumata und unverarbeiteten Emotionen. Das Traumata kann bereits als Baby oder Kind passiert sein und kann auch durch eine Kleinigkeit wie "Mama geht aus dem Raum" ausgelöst werden. Als Kind verstehen wir nicht, dass sie wieder zurückkommt, und denken vielleicht, dass sie uns für immer verlässt.
Oft fühlt man unberechtigte Emotionen einer Person oder Situation gegenüber, einfach weil es an ein früheres negatives Erlebnis erinnert. Und ob man es glaubt oder nicht, egal wie viel Liebe und Aufmerksamkeit man von seinen Eltern bekommen hat, man kann von einer anderen Person nicht alles bekommen, was man braucht, weil niemand - nicht einmal die eigenen Eltern - wissen, was in einem vor sich geht, außer man selbst.
So heilt man sich selbst
Doch auch wenn man sich in problematischen Beziehungsmustern wiedererkennt, ist nicht alles verloren. Die bewusste Auseinandersetzung mit diesen Mustern ist der Weg zu einer gesünderen und stabileren Liebesbeziehung. Nicht nur zu seinem Partner, oder seinen Eltern, sondern auch zu sich selbst, um das innere Kind heilen zu können. Der erste Schritt ist Akzeptanz statt Scham. Sich selbst eingestehen, welche Muster immer wieder hochkommen und diesem Anteil dann auch die Liebe und Aufmerksamkeit geben, die es braucht. Dem inneren Kind also das geben, was einem die Eltern oder der Partner nicht geben konnten und kann.
Professionelle Hilfe kann dabei unterstützen, diese Muster zu erkennen und zu vermeiden beziehungsweise mit ihnen zu arbeiten. Es ist an der Zeit, die unsichtbaren Fäden der elterlichen Einflussnahme in unseren Beziehungen zu erkennen und zu verstehen. Denn nur wenn wir uns dieser Einflüsse bewusst sind, können wir bewusste Entscheidungen treffen und uns von vergangenen Mustern befreien.
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