Künstlerin Canel Aylin steht mit einem Seidentuch im Boho-Look, am Hinterkopf verknotet, auf einem Platz in Berlin.

Nonnacore bis Bandanas: Tücher-Trends im Herbst

Elegante Dame oder Rocker-Girl, rebellisch bis romantisch oder klassisch-edel – das Tuch spielt überall mit und bewahrt Haltung, wenn der Herbstwind um die Nasen pfeift.

Im Sommer schützt es vor Sonne, im Herbst vor Regen, immer bewahrt es die Haare, vom Winde verweht zu werden. Kein Wunder, dass das Tuch nicht nur ein Dauerbrenner, sondern diesen Herbst wieder eines der heißesten Accessoires der Saison ist. Es ist wandelbar wie kaum ein anderes Kleidungsstück und kaum glaubt man, alle Styling-Möglichkeiten schon einmal gesehen zu haben, kommt eine neue daher.

Gucci kombiniert in seiner Herbst-Winter-Kollektion sportliche Schirmkappen mit unter dem Kinn verknoteten, eleganten Seidentüchern. Einer der ersten Stars, der auf den Trend aufgesprungen sind, ist Mode-Trendsetter und „Like a Complete Unknown“-Star Timothée Chalamet.

Herbst-Winter-Kollektion 2025 von Gucci: Ein Model trägt ein Seidentuch über einer Kappe zum Minikleid.

Gucci kombiniert in der aktuellen Herbst-Winter-Kollektion den klassischen Kinnknoten mit Kappe

©APA/AFP/ANDREAS SOLARO

Beim Urlaub in Saint-Tropez mit Kylie Jenner wurde er mit einem grünen Bandana über einem Nike-Kapperl gesichtet. Auch Hailey Bieber, ebenfalls immer vorne dabei, wenn es um neue Moden geht, wurde bereits mit Kappe und Tuch gesehen. Sie entschied sich jedoch dazu, das Tuch im Nacken zu verknoten.

„Nonnacore“ huldigt Italo-Omas

Bindetechnik, Material und Platzierung sind beim Tuch-Trend das Um und Auf. Der Kinnknoten ist die eleganteste Art, es zu tragen. Queen Elizabeth II. blieb dem Stil ihr Leben lang treu. Der Look kann, muss aber nicht konservativ sein. Catherine Deneuve, Sophia Loren, Audrey Hepburn, Grace Kelly, Brigitte Bardot – alle großen Diven der 1950er- und 1960er-Jahre setzten auf den Kinnknoten.

Eine junge Frau im schwarzen Kleid trägt ein Tuch im 1950er-Stil

Sophia Loren lässt grüßen: "Nonnacore" nennt sich der Retro-Look, der aus den 1950er- und 1960er-Jahren stammt und nun wieder voll im Trend liegt.

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Werden die Enden zusätzlich um den Hals geschlungen und am Nacken verknotet, entstehen Bilder von Cabriofahrten an der Küste Capris vor dem inneren Auge. Kris Jenner posierte im Sommer für die Kooperation zwischen Roberto Cavalli und der Unterwäschelinie SKIMS ihrer Tochter Kim Kardashian mit Tuch im Animalprint. „Nonnacore“, also Mode der italienischen Großmütter, taufte die US-Presse den Stil und rief ihn prompt zum neuesten Trend aus.

Mit einer Variation des „Nonnacore“, nämlich mit dem Knoten im Nacken unterm Haar, wurde erst kürzlich die hochschwangere Rihanna in Beverly Hills gesichtet – mit einem Valentino Garavani Toute La V Seidenschal.

Ebenfalls gern im Nacken verknotet wird das klassische Bandana aus Baumwolle im Paisleymuster, treuer Begleiter festivalerfahrener Fashionistas. Will man eher in Richtung Flower-Power, Folklore oder Boho-Style gehen, setzt man am besten auf den Knoten am Hinterkopf über dem Haar.

Influencerin Anna Winter träg ein klassisches Bandana - ein Baumwolltuch mit Paisleymuster bedruckt.  Baumwolle und mit

Das klassische Bandana (Modell von Destin) ist aus Baumwolle und mit Paisleymuster bedruckt. 

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Das Material machts

Die Wahl zwischen den Materialien Baumwolle, Wolle und Seide sollte man sich gut überlegen. Während Seide am schonendsten für die Haare ist, braucht sie gegebenenfalls Haarnadeln, um nicht zu verrutschen. Wolle eignet sich für kühlere Tage, Baumwolle ist der Joker für jedes Wetter.

Ein rot-weißes Bandana ist an die Träger einer Handtasche von YSL geknüpft

Immer griffbereit: Der Klassiker in rot-weiß, hier in Seide von Arket.

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Sollte es aber tatsächlich einmal zu warm für ein Kopftuch sein, muss man nicht verzagen. Ein Tuch macht sich immer auch am Handgelenk, Hals, zusammengelegt als Haarband oder um die Tasche geknotet gut.

Bandanas: Symbol für harte Arbeit und Widerstand

Angenommen wird, dass sich der Name vom Sanskrit-Wortstamm bandh („binden, verknoten“) ableitet. Die East India Company soll die ersten Tücher nach Europa gebracht haben, von dort kamen sie in die amerikanischen Kolonien.

Erst erkannten Seeleute die Vorteile des vielseitigen Stoffstücks, bald schützten Arbeiter sich und ihre Haare damit vor Schmutz und Schweiß. In Amerika wurde es zur Standardausstattung der Cowboys, später übernahmen es Biker.  Das Bandana wurde zum Identifikationssymbol. Während der Arbeiteraufstände und Kohle-Kriege der 1920er trugen die Aufständischen rote Bandanas. Seither kommt kaum eine Demonstration ohne aus.  

Stars und Rebellen

Hollywood griff das Symbol dankbar auf. Es wurde zum Erkennungsmerkmal von Westernhelden wie John Wayne, Filme wie Easy Rider zementierten die Assoziation mit dem Rebellen und Aussteiger in der Popkultur. Jimi Hendrix, Bruce Springsteen, Axl Rose, Willi Nelson oder Amy Winehouse: Wer sich als Rebell stilisieren will, kann mit einem Bandana als Accessoire nichts falsch machen.  

In den 1960ern bedienten sich Hippies der Symbolik, zur gleichen Zeit verwendeten Homosexuelle Bandanas,  um sich trotz der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung  in ihrer Community erkenntlich zu machen. 

Gangs und Hiphop

Mit der Hiphop-Kultur und Tupac Shakur, der sein Bandana um den Kopf geknotet trug, erlebten Bandanas den nächsten Aufschwung. Cribs und Bloods, die Gangs von Los Angeles, setzten auf rote und blaue Bandanas, um Zugehörigkeit zu zeigen. Bei den Black-Lives-Matters-Demos knoteten die verfeindeten Gangmitglieder ihre Bandanas zum Zeichen der Solidarität im Kampf gegen Rassismus aneinander. Zuletzt setzten Demonstrantinnen in den USA auf grüne Bandanas, um gemeinsam für ihr Recht auf Abtreibung Farbe zu zeigen.

Über Marianne Lampl

Redakteurin und Digital Producer bei KURIER und freizeit.at, dem Digitalformat der KURIER freizeit. Geboren im Burgenland, für den Besuch einer Kunstschule mit 13 Jahren nach Wien gekommen. Studierte dann später in Graz Journalismus und arbeitete anschließend in Wien beim ORF, bei Heute und PULS24.at, unter anderem als Ressortleiterin für Szene, Lifestyle, Entertainment und Kultur. Seit 2024 bei KURIER und freizeit.at.

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