Zuckermais

Marktgeschichten, Folge 64: Neue Zubereitungsart mit Zuckermais

Wir schwelgen in Urlaubserinnerungen und probieren, gut erholt, wie wir sind, in der Küche neue Zubereitungsarten aus.

Marktgeschichten, Folge 64: Nicole Ott schreibt an dieser Stelle einmal im Monat von inspirierenden Gesprächen rund um saisonale Produkte und kreiert exklusiv für die freizeit ein Rezept damit. 

"Wie schön, dass ihr alle wieder aus der Sommerfrische nach Hause zurückgekommen seid", denke ich, als ich an diesem Morgen über den Markt gehe. In unserem Schanigarten sitzen altbekannte Gesichter und ich bleibe bei ein paar Tischen stehen, um den Urlaubserzählungen unserer Stammgäste zu lauschen. 

Schulbeginn ist und so manche Taferlklasslerin wird stolz ihre nagelneue Schultasche ins Café tragen, um den ersten Schultag mit einem Kindercappuccino zu feiern. Zu dieser Jahreszeit tut sich der Sommer manchmal schwer, Abschied zu nehmen und Platz für seinen Nachfolger, den Frühherbst, zu schaffen. Ich schaue auf Erols Marktkiste, wo, verhüllt von Blättern, goldgelbe Maiskolben liegen. 

Nur einer wurde vom Marktstandler aus seiner natürlichen Verpackung geschält und wartet nun darauf, mitgenommen und verputzt zu werden. Erol zückt sein kleines Messer aus der Schürzentasche, sticht in den Kolben und lacht mich an: "Genau richtig reif, schau mal, diese weiße Flüssigkeit zeigt den perfekten Reifegrad, das nennen wir Milchreife!"

Lieblingsspeise anknabbern 

Ich bin beeindruckt und schnappe mir vier Kolben, das Pipsi kommt morgen und gekochte Maiskolben zum Abknabbern sind eine ihrer Lieblingsspeisen. Und unser beider Lieblingsbeschäftigung diesen Sommer war das Füttern der Henderln, die meine Freundin aus Wien in die Berge übersiedelt hatte. Die halb abgenagten Pipsikolben waren jeden Tag ein Festschmaus für das Federvieh.

Tipp

Die Hüllblätter bei der Lagerung am Maiskolben lassen und den Mais im Kühlschrank aufbewahren.

Zurück zum Zuckermais, der, ein wenig aufgebrezelt, auch eleganten Salat kann. In unserer Zeit in Amerika lernte ich eine für mich ungewohnte Zubereitungsart kennen: die zarten Körner mit dem Messer vom Kolben abzuschneiden. Gesagt, getan, das schärfste Messer wird gezückt, ein kurzes Stoßgebet zum Himmel geschickt, dass bei der Aktion kein Fingerglied verloren geht und dann schneide ich mutig zu. 

Entzückt schaue ich auf die Körner, die munter auf das Schneidbrett purzeln. Das war ja schon "easy-peasy", jetzt werden sie gedünstet, damit sie ihre volle Süße entfalten können. Dann kombiniere ich alle Zutaten, die mir südamerikanisch erscheinen, der Mais kommt schließlich aus der Heimat der Maya. Paprika geben Biss, Paradeiser haben jetzt Hochsaison, Frühlingszwiebel geht immer, Limette, Koriander und Avocado sind in diesem Fall ein Muss. Quinoa ist glutenfrei und sättigend, stammt aus Südamerika und ist damit die ideale Salatpartnerin.

Ich bin begeistert von meiner Kreation und kann gar nicht aufhören, vom Salat zu naschen. Dann mache ich mit den Kolben im Gepäck einen Radausflug zur Freundin, die ihre gefiederten Haustiere wieder in den Wiener Garten gebracht hat. Ich denke an den kommenden September mit seinem besonderen Licht und freue mich, wieder ein Stadthenderl zu sein.

Info

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Nicole Ott ist Köchin, Gastronomin und Kochbuchautorin. Am Wiener Kutschkermarkt führt sie das Café Himmelblau

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