Wiens erste Foodhall entsteht in der alten Remise der Badner Bahn

Während sich Mariahilf leidenschaftlich gegen eine Markthalle wehrt, entsteht nur zwei Kilometer Luftlinie entfernt in der Eichenstraße der „Gleisgarten“ – eine Halle für Essen, Trinken, Handwerk und Kultur.

Irgendwann stand ein Mann in der Tür. „Entschuldigen S’“, sagte er. „Was machen S’ denn mit meiner Halle?“ Es war ein ehemaliger Betriebsrat der Badner Bahn.

109 Jahre lang wurden in der alten Remise in der Eichenstraße in Meidling Züge aus- und eingelassen. Am 1. April 2018 verließ der letzte Waggon die Halle. Der Wohnfonds übernahm in der Folge das Gebäude, später kaufte es das Immobilienunternehmen Soravia.

Vier Jahre lang stand es nun leer.

Jetzt steht fest, was in der alten Remise künftig passiert: Die Kraft Movements Development GmbH, ein Wiener Start-up mit Unternehmern im Alter zwischen 30 und 40 Jahren und einem Fokus auf Gastronomie, Design und Architektur, hat die Halle langfristig von der Soravia gemietet. Das Team um Geschäftsführer Martin Rohrbach wird dort Wiens erste Foodhall einrichten: den Gleisgarten.

Rohrbach war es auch, den der eingangs erwähnte Betriebsrat jüngst auf der Baustelle überraschte.

9 Wirte und 3 Bühnen

Auf dem 1.500 Quadratmeter großen Areal wird Platz geschaffen für neun Gastronomen, drei Bühnen, einen Indoor-Spielplatz, geteilte Arbeitsplätze, eine Bier-Brauerei und eine Schnaps-Brennerei. Das kann das Grätzel gut gebrauchen.

Pflanzen drinnen und draußen: So soll der Gleisgarten aussehen

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Dort, zwischen Eichenstraße, Wolfganggasse, Marx-Meidlinger-Straße und Gaudenzdorfer Gürtel entsteht bis 2023 ein neuer Stadtteil mit 850 geförderten Wohnungen. „Wir sehen uns als Plattform für alle Kultur- und Kulinarik-Verliebten in der Stadt“, sagt Martin Rohrbach. Er ist kein Unbekannter in der Szene. Für Do & Co hat er viele Jahre das Filmfestival auf dem Rathausplatz organisiert, für Vapiano neue Konzepte erarbeitet. Dann war er in der Immobilienentwicklung tätig und hat unter anderem in Bratislava den Stanica-Nivy-Markt  mitentwickelt. Aber irgendwann, sagt Rohrbach, hatte er genug von Vorstandssitzungen, für die er die „Tausende Power-Point-Präsentation“ machen musste und sehnte sich nach „etwas Sinnhaftem“.

Im Gleisgarten hat er das gefunden. Die Foodhall in der alten Remise ist sein Herzensprojekt. „Wir haben immer drauf gewartet, dass so etwas in Wien gemacht wird. Jetzt machen wir’s selber“, sagt er.

Noch ist die Remise eine Baustelle. Aber bald soll dort links neben dem Eingang eine Gin-Destillerie stehen und rechts ein Bäcker (auch) Süßes verkaufen. Es folgen Gemeinschaftstische zum Arbeiten und Tische zum Essen und Trinken.

An den Seiten werden sich die neuen Gastronomen ansiedeln, in der Mitte des Raumes wird eine große Bühne aufgebaut. Links hinten im Eck wird in einem zehn Hektoliter fassenden Kessel Meidlings erstes eigenes Bier gebraut. In die Schächte werden Föhren gepflanzt, weiter hinten Lorbeer, außerdem auch Olivenbäume.

650 Sitzplätze wird der Gleisgarten drinnen haben, 350 draußen. Konsumzwang gibt es keinen. „Wir müssen mit unserem Angebot überzeugen“, sagt Rohrbach. Der Gleisgarten soll ein Grätzel-Treffpunkt werden, in dem man in der Früh seinen Kaffee trinken, zu Mittag wie in der (guten) Kantine essen und am Abend an der Bar trinken kann.

Außerdem wird es Kunst- und Handwerksmärkte geben, Konzerte, Workshops, Ausstellungen von Künstlerinnen und Künstlern.

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Keine Konkurrenz

Dass in Meidling nun ausgerechnet ein Privater unter Beifall eine Foodhall errichtet, während Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) mit einer solchen (oder ähnlichen) am Naschmarkt zu scheitern droht, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Die Pläne für den Naschmarkt würde das Projekt in Meidling aber „gar nicht“ – beeinflussen, heißt es aus Simas Büro.

„Eine ehemalige Remise mit ihren architektonischen Besonderheiten bietet sich für solch ein Projekt perfekt an“, sagt Sima. Dass Wien nun auch bald eine Foodhall beherbergen wird, sei jedenfalls „längst überfällig“.

Läuft alles nach Plan, eröffnet der Gleisgarten im November. Sieben von neun Gastronomen werden übrigens noch gesucht. 

Julia Schrenk

Über Julia Schrenk

Waldviertlerin in Wien. Seit April 2011 in der KURIER Chronik. Immer interessiert an spannenden Geschichten aus und über Wien.

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