Ein Salzstreuer aus dem Salz rieselt.

Warum salzen Menschen ihr Essen nach, bevor sie davon gekostet haben?

Was das Phänomen "Salz vor dem Kosten" mit Drogen gemeinsam hat. Und was der Grund dafür ist.

Albert Einstein soll Bewerber für einen Posten an der Fakultät in Princeton zum Essen eingeladen haben. Wenn der Kandidat das servierte Gericht salzte, bevor er probierte, sagte Einstein der Person ab. Immerhin hatte das Gegenüber zu wenig wichtige Daten gesammelt, um zum Ergebnis zu kommen.

Nachdem dieselbe Anekdote über Thomas Edison oder Henry Ford kursiert, wird sie eher nicht stimmen. Aber sie ist zu schön, um sie nicht zu erzählen. Jedenfalls lässt sich eine Essenz destillieren: Es ist nicht nett zu salzen, ohne gekostet zu haben.

Harald Lemke spricht gar von einem Banausentum. „Ein Urteil über ein Gericht zu fällen, ohne davon gekostet zu haben, geht eigentlich gar nicht“, erklärt der Autor, Kulturwissenschaftler und Gastrosoph.

Unstillbare Lust nach Salz

Er sieht einen möglichen Grund für das Phänomen vor allem in der unstillbaren Gier der Menschen nach Salz – und im übermäßigen Einsatz der Lebensmitteltechnologie. „Wir nehmen Salz wie ein Droge zu uns. Man stumpft langsam ab, die Dosis muss erhöht werden.“ Und trotz unseres Verlangens findet der deutsche Philosoph doch bemerkenswert: „Salz steht gratis auf dem Tisch und dennoch würzen nicht alle wild drauf los. Es wird auch nicht eingepackt und mit nach Hause genommen.“

Es könne durchaus auch mit hineinspielen, dass die Menschen am Tisch selbst noch gestalterisch tätig sein wollen und dem Koch nicht allein das Feld überlassen wollen. Immerhin sind mit dem Boom der Kochsendungen und der gehobenen Gastronomie in den vergangenen Jahren nicht wenige Amateur-Bocuse – oder zumindest solche, die sich dafür halten – herangewachsen. Dem wird mitunter Vorschub geleistet. „In Lokalen werden vermehrt Töpfe mit Salbei oder Petersilie aufgestellt, mit denen die Gäste selbst würzen können“, sagt Lemke. Das hat aber auch einen sinnvollen Hintergrund. Die Würzgewohnheiten ändern sich mit zunehmender Wertigkeit der Nahrung – gesunde grüne Kräuter ersetzen so auch das weiße Salz. Aber auch bevor die Kräuter in die Speise kommen gilt: Immer vorher probieren. Sonst wird das nichts mit einem Genie als Chef.

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Daniel Voglhuber

Über Daniel Voglhuber

Redakteur bei der KURIER Freizeit. Er schreibt dort seit Dezember 2020 über Reise, Kultur, Kulinarik und Lifestyle. Also über alles, was schön ist und Spaß macht. Er begann 2011 als Oberösterreich-Mitarbeiter in der KURIER-Chronik, später produzierte er lange unterschiedliche Regionalausgaben. Zuletzt war er stellvertretender Chronik-Ressortleiter.

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