Secret Dining: Das Geheimnis von Naked Kitchen

Nackte Köche sieht man beim Secret Dinner von Veranstalter Nicolai Reimond sicher nicht. Die Überraschung sind geheime Locations.

Treffpunkt Prater, Endstation Liliputbahn. Mit einem Glas Prosecco in der Hand rätseln die sechzig Gäste, wo hier das Dinner stattfinden wird. Sie wissen nur, dass der gebürtige Vorarlberger Spitzenkoch Michael Wolf, dem eines der angesagtesten Lokale in Amsterdam gehört, ein Viergangmenü servieren wird. Der Rest bleibt eine Überraschung.

Remise der Liliputbahn als Location für Naked Kitchen.

©Naked Kitchen/PHILIPP BLICKFANG PHOTOGRAPHY

„Alles einsteigen“, heißt es, dann fährt die Liliputbahn los. Vorbei am Wurstelprater, am Schweizerhaus, weiter zur Rotunde bis zum Ernst-Happel-Stadion. „Wird es ein Abend auf dem Fußballfeld oder in den Garderoben der Spieler?“, fragen sich die einen. „Oder ein Picknick unter Sternen?“, orakeln die anderen. Doch die Bahn macht die Schleife und fährt wieder zurück. Erst auf den letzten Metern biegt sie ab – in die Remise. Gedämpftes violett-rosa Licht, geschmackvoll gedeckte Tische neben den geparkten Waggons und feinste Livemusik mit dem Soulsänger Big John und dem Saxofonisten Ollie. Die Handys werden gezückt, das Wow-Erlebnis – vom Dinner bis zum Tanz zu später Stunde – zigfach auf Videos festgehalten. Die Überraschung ist Nicolai Raimond, dem Erfinder und Veranstalter von „Naked Kitchen“, wieder einmal gelungen.

Der Selfmademan und seine Ideen

Nico, wie ihn seine Freunde nennen, absolvierte in seiner Heimatstadt Innsbruck das Tourismuskolleg, jobbte dann im In- und Ausland, und machte sich schließlich im Eventbereich selbstständig. Seine Clubbings und Veranstaltungen waren erfolgreich, sein Ausflug in die Modeszene in Stockholm weniger. Er kehrte nach Wien und zu seinem ursprünglichen Beruf zurück. „Ich wollte unbedingt noch einmal etwas mit Gastro machen. Ein eigenes Lokal wäre für mich nicht infrage gekommen. So ist die Pop-up-Geschichte entstanden“, erzählt der 43-jährige Selfmademan. „Es war aber nichts Neues, eine Pop-up-Location für einen Monat zu mieten, das ist einfach. Aber einen unbekannten Ort ohne Küche für ein, zwei Tage, das macht keiner.“

Aperitif in der Liliputbahn. 

©Naked Kitchen/PHILIPP BLICKFANG PHOTOGRAPHY

Im ehemaligen Tresorraum einer Bank fand das erste Secret Dinner 2014 statt. Die Gäste wussten auch damals nur, wer der Koch ist. Den Treffpunkt erfuhren sie erst einen Tag vor dem Event. „Coole Orte zu finden, ist die größte Herausforderung. Denn es wird nie eine Location zweimal bespielt.“ Nico ist ständig im ganzen Land unterwegs auf der Suche nach neuen, außergewöhnlichen Plätzen. Einmal fand das Dinner in einer aufgelassenen Lagerhalle, dann in einer Autowerkstatt zwischen den Autos statt, die gerade von Mechanikern repariert wurden. „Sehr cool war auch im New-York-Style eine aufgelassene Traktorenfabrik in Wien. Da fahren die Gäste im Lastenaufzug in den dritten Stock, die Türen öffnen sich und dann staunen sie über das märchenhaft dekorierte Loft mit den großen Fenstern“, schwärmt Reimond.

Secret Dinner von Naked Kitchen in einer Autowerkstatt.

©Naked Kitchen

Nackte Köche gibt es bei Naked Kitchen nicht. Der Name der Veranstaltungsreihe, die in sämtlichen Städten Österreichs stattfindet (Termine unter naked.kitchen), entstand, „weil ich nackte Locations bespiele, wo es keine Küche gibt“.

Naked-Kitchen-Erfinder Nicolai Reimond.

©naked kitchen

Reich werde er mit den Secret-Dining-Events nicht. Mit dem Ticketpreis – hundertvierzig bis hundertfünfzig Euro pro Person – gehe es sich dank einiger Sponsoren mit den Kosten knapp aus. Miete für die Location, Livemusik oder DJs, Tonanlagen, Equipment und Dekoration, frische Ware, Köche und das Servicepersonal müssen finanziert werden. „Wir sind ein eingespieltes Schlüsselteam und den Köchen macht das kleine Abenteuer genauso viel Spaß wie unseren Gästen“, sagt Reimond. Besonders engagiert ist das junge Servicepersonal von der Hotelfachschule Bergheidengasse in Wien oder dem Tourismuskolleg in Innsbruck.

Soulsänger Big John bei Naked Kitchen.

©Naked Kitchen/PHILIPP BLICKFANG PHOTOGRAPHY

Gute Ideen hat der Tiroler auch für andere Events, egal ob für Privatpersonen oder für Unternehmen. Zum Beispiel die Kooperation mit dem Weltmuseum in Wien. Dort fand in dieser Woche ein besonderes Pop-up-Dining mit Sternekoch Anton Pozeg (siehe Rezept unten) statt. Passend zum aktuellen Ausstellungsthema „Seidenstraße“ zauberte der Executive Chef vom Schloss Elmau in Bayern ein asiatisches Menü auf die Teller der hundert Gäste.

Schüler der Hotelfachschule Bergheidengasse in Wien sorgen für perfektes Service.

©Naked Kitchen/PHILIPP BLICKFANG PHOTOGRAPHY

Im Gegensatz zu dem Secret-Dining möchte Reimond das Weltmuseum regelmäßig als Pop-up-Location bespielen. „Ich verhandle gerade mit Tala Bashmi, die in Bahrain kocht und als beste Köchin im Mittleren Osten und Nordafrika ausgezeichnet wurde. Wenn sie kommt, wäre das ein Wahnsinn, sie passt zum Weltmuseum“, sagt Nico, der auch von einem Naked-Kitchen-Projekt in New York träumt.

Termine von Naked-Kitchen Events

22. Februar 2022 Weltmuseum Wien mit Köchin Sandra Scheidl

29., 30. April 2022 Pop-up-Dining mit Michael Wolf - Secret Location in Hohenems

15. Juni 2022 Secret Location in Wien - Summer Special

5. bis 7. November 2022 Secret Location in Salzburg

Reservierungen unter naked.kitchen

Maria Gurmann

Über Maria Gurmann

In Wien geboren, in Wien verwurzelt, auf der ganzen Welt zu Hause. Seit 1984 Redakteurin beim KURIER, erst Wirtschaftsressort, dann Sonntag-Ressort, jetzt Ressort Lebensart/Reise. Der Erfolg meines Berufs ist Neugier. Empathie ist mein Zauberwort. Humor mein Problemlöser. An meine Sucht – ja, ich bin Nachrichtenjunkie - hat sich die Familie gewöhnt. Und der Wissensdurst ist nach Interviews mit mehr als 450 interessanten Menschen noch immer nicht gestillt.

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