Marktgeschichten: Mandelkern
Im Advent kramen wir lieb gewonnene Traditionen aus der Erinnerungskiste unserer Kindheit hervor. Wir schmücken, backen, schenken und singen – und backen eine Delikatesse ohne Mehl.
Weihnachtsselig schlendere ich über den Markt und genieße die sattgrünen, duftenden Tannen in allen Größen, die fromm darauf warten, nach Hause getragen und geschmückt zu werden. „Weihnachtsduft in jedem Raum“, summe ich leise vor mich hin, Weihnachtslieder gehören für mich zum Advent wie das Nikolosackerl zum 6. Dezember. Und natürlich darf auch die Weihnachtsbäckerei nicht fehlen, da gibt es mir einen kleinen Stich ins Herz. Heuer wird der Platz meiner Schwiegermutter am Weihnachtstisch leer bleiben und ihre liebevoll gebackenen Kekse vermisse ich schon jetzt. Winzig kleine Vanillekipferln, Mini-Butterbrote und weitere zehn Sorten, welche davon werden in meinen Familienkeksfundus übergehen?
„Omis Nussschnitten sind legendär, die müssen wir auf jeden Fall backen“, ruft mir die Mittlere im Café zu, und das Pipsi brabbelt zustimmend auf ihrem Schoß. Ich schnappe mir meine süße Enkelin und erzähle ihr leise vom Christkind und davon, wie wir zusammen Kekse backen werden. „Meine Vanillekipferln werden mit geschälten Mandeln gemacht, dadurch schmecken sie viel feiner“, erzähle ich Daniel in der Küche. Außerdem ist das Enthäuten der Mandeln eine liebe Kindheitserinnerung von mir, das war immer meine Aufgabe für den wöchentlichen Schokomandelkuchen meiner Mutti. Und Erinnerungen sind doch das Wichtigste in der Adventzeit – schöne, alte hervorzukramen und neue zu erschaffen. In diesem Sinn frage ich meine Mitarbeiterinnen und auch die Stammgäste nach ihren liebsten Kekssorten. Wie schön, dass alle sofort eine Antwort parat haben, Kekse backen ist offensichtlich doch nicht aus der Mode gekommen. Die Mandel kommt in diesen Schwärmereien in jeder Form vor, gestiftelt, gehackt, gemahlen, mit Schale und ohne, als Marzipankern in süße Datteln gesteckt, mit Schokolade überzogen und in kleine Konfektschalen gesteckt, die Möglichkeiten sind endlos.
TIPP
Zum Enthäuten die Mandeln kurz überkochen und danach aus den Schalen lösen.
Inspiriert von all den Keksgesprächen eile ich nach Hause und binde mir die Backschürze um. Stunden später ist die Mandel nicht mehr wiederzuerkennen und glänzt in fünf verschiedenen Formen in kleinen Keksdosen. „Der erste Advent ohne Kekse geht gar nicht!“, höre ich die Omi in meiner Erinnerung sagen und bin froh, in ihre Fußstapfen getreten zu sein und die Kinder mit süßem Backwerk versorgt zu haben. Für den Heiligen Abend allerdings stelle ich mir nach all den Stunden in der Küche eine unkomplizierte Nachspeise vor. Vielleicht glutenfrei, dann mache ich all denen, die keinen Weizen essen können, auch gleich eine Freude. Ein schokoladiger Kuchen aus der Heimat der Mandel, aus Süditalien, wird es werden. Weihnachtlich herausgeputzt mit einer glänzenden, cremigen Trüffelmasse, im Fachjargon „Ganache“ genannt. Der Clou allerdings sind zimtige Weihnachtssterne, gehackte Pistazien geben grüngoldene Farbtupfer – genau das Richtige für wunderweiße Nächte.
Hier geht es zum Rezept:
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