Knorrige Zellerknolle: Im November gibt es buntes Winterobst

Im November freuen wir uns am Markt über buntes Winterobst, das durch den Nebel leuchtet. Die schnöde Zellerknolle wird hier gerne übersehen, dabei überrascht sie uns beim genaueren Betrachten mit Eleganz und Historie.

Die bunten Blätter werden vom Herbstwind über den Markt gewirbelt, als ich an diesem Novembertag zum Café eile. Auf dem Weg erhasche ich einen Blick auf Erols Standl, das auch im Novembernebel bunt leuchtet. Gelbe, flaumige Quitten freuen sich darauf, zur jährlichen Weihnachtsmarmelade eingekocht zu werden. Die ersten Mandarinen sind schon da, Erol schenkt mir gleich eine zum Probieren. Maroni in ihren glänzenden Schalen sind reif und bereit, geröstet zu werden, was wäre November ohne Maronibrater?

Daneben liegen knubbelige Knollen, die darauf warten, von mir wachgeküsst zu werden. "Gibst du mir einen Zeller, bitte“, frage ich meinen Gemüsestandler, "November ist genau der richtige Monat für Küchenexperimente.“

 Im Café frage ich meine Mitarbeiterinnen nach ihren Zellererfahrungen. "Sellerieschnitzel ist super, da kann ich als Vegetarierin auch mit“, sagt mir die junge Studentin aus Deutschland. „Zellersuppe mit Apfel ist  schon ein Klassiker in unserer Winterküche oder ein feines Selleriepüree, vielleicht mit Trüffel verfeinert“, schmunzelt Daniel, den ich in der Küche beim Nockerlmachen störe. Mir steht aber der Sinn nach etwas Frischem, Suppen gibt es ja eh den ganzen langen Winter.

Amerikanischer Salat

Da fällt mir die wohl berühmteste Speise mit Zeller ein: der Waldorfsalat. Ich mache mir noch schnell einen Kaffee, verzweifle kurz, weil ich  die Einzige im Team bin, die kein Herzerl in den Milchschaum malen kann und recherchiere den amerikanischen Salat.  Zuhause mache ich mich ans Werk, heute kommt eine liebe Freundin mit ihrem Mann zu Besuch.

Gut, dass ich schon so lange mit tollen Köchen zu tun habe, ich weiß, wie ich die warzige Knolle zähmen kann! Mit einem scharfen Messer wird sie geschält, den Erdäpfelschäler lasse ich wohlweislich in der Küchenlade liegen, dann in Stifte geschnitten und mit Zitronensaft, Zucker und Salz mürbe geknetet. So muss sie Saft lassen, den kann ich später für die Mayonnaise verwenden. Diese  kommt in ihrer veganen Version zum Gemüse, es ist nicht schlecht, für alle Eventualitäten im Leben mehrere Möglichkeiten  zu haben. Ein Klecks grober Senf gibt Geschmack, Stangenzeller Farbe und Biss und die Trauben saftige Süße, Walnüsse gehören  dazu, außerdem sind sie zu dieser Jahreszeit herrlich frisch.

Tipp

Rohen, geschälten Zeller am besten mit Zitronensaft einreiben, damit er sich nicht braun verfärbt
 

Beim Abendessen bekommen unsere Freunde zum Essen Anekdoten über den Zeller serviert. Er ist so gesund, dass er lange nur als Arzneipflanze verwendet wurde, sein Saft gilt als wahrer Jungbrunnen. Umso erstaunlicher, dass sein kulinarischer Höhepunkt Ende des vorigen Jahrhunderts in Manhattan, New York City, gefeiert wurde. Dort wurde im damals größten und elegantesten Hotel der Welt, dem Waldorf=Astoria, ein cremiger Salat kreiert: voilà, der Waldorfsalat. Das ist wohl das Zauberhafte am Kochen: eine banale Knolle in eine luxuriöse Speise zu verwandeln.

Über Nicole Ott

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