Himbeeren: Der Geschmack, der an Kindheit erinnert

Himbeeren machen immer Freude, ob beim Waldspaziergang als Nascherei gepflückt oder für die Kinder auf den Schokokuchen gelegt.

Sommerlustig spaziere ich über unseren Bauernmarkt, in meinem Weidenkorb liegen bunte Zinnien neben blauen und rosa Glockenblumen. Da fällt mein Blick auf einen Tisch mit dunkelrosa Himbeeren, ordentlich in ihren Papierschachteln geordnet liegen sie da und warten darauf, uns das Leben zu versüßen.

Die Standlerin lacht mich an: „Himbeeren werden seit dem Altertum als Heilpflanze angebaut, die Früchte sind sehr gesund und auch die Blätter werden bei uns am Land als Arznei verwendet. Aber natürlich schmecken sie auch gut, meine Kinder haben sie früher als gesunde Nascherei verputzt.“ Da muss ich an meine Anfangsjahre als Bäckerin denken, die schicke Patisserieschule war noch in ferner Zukunft und drei kleine Kinder wuselten um meine Beine. Wie oft habe ich im Donaustrandbad, wo wir ein Häuschen hatten, einen Schokokuchen mit Himbeeren gebacken.

Gipfel des Genusses

Ein einfacher Becherkuchen wurde mit Schokoglasur übergossen, mit den roten Beeren belegt und nach der Grillerei auf den Tisch gestellt. Schwupps, kam das Kinderrudel angelaufen und der Kuchen war verspeist. Noch ein besonderes Himbeererlebnis kommt mir in den Sinn: die Gipfelwanderung mit dem Liebsten, zu meiner großen Freude hatte eine kleine Almhütte offen. Zur Buttermilch gab’s einen selbst gebackenen Kuchen mit Schlagobers, in dem drei winzige Waldhimbeeren steckten. Dazu lagen Ringelblumen als Deko auf dem Teller. Vielleicht ist dies mein größtes Sommerglück: im Wald Beeren sammeln und immer wieder darüber staunen, wie eine wurmstichige Minibeere ihr hochkonzentriertes Aroma im Mund entfaltet – quasi Himbeergeschmacksexplosion. Ihr Name bedeutet nicht umsonst „Beere der Hirschkuh“, sie stammt aus den Wäldern und fühlt sich im Norden Europas genauso wohl wie in lichten Höhen bis zu 2.000 Metern.

Schnelles Glück

Zurück in die Küche. Das säuerliche Aroma der Beeren lädt zu kulinarischen Gedankenspielen ein: Schokolade ist ein Klassiker, Pfirsiche sind ihre besten Freunde, ein paar Rosenblätter bringen Blütenduft und Eleganz in die Marmelade, die wir französisch „pepin“ nennen und mit den Kernen aufs Butterbrot streichen. Immer schon wollte ich diese Tarte backen, in die ich mich auf einem Foto verliebt hatte, die Hohlräume der Himbeeren wurden dort mit glänzender Schokocreme gefüllt. Wie dumm, dass ich im Sommer keine Lust auf solchen Firlefanz habe und lieber schwimmen gehe! So wird für den schwiegermütterlichen Geburtstag ihr Lieblingsdessert umgewandelt. Der Blätterteig wird fertig gekauft statt touriert, die Creme wird schnell aus weißer Schokolade gezaubert. Ein Spritzsack verrät dann doch die Bäckerin und am Schluss präsentiert sich die alte Cremeschnitte – beerig aufgeputzt – très chic. Die Hirsche im Wald würden staunen.

Über Nicole Ott

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