Kammmuscheln und Pho in Graz: Mit 83 Jahren erstmals Hauben-Köchin
1981 kam Thi Ba Nguyen als Flüchtling nach Graz. Mit 83 Jahren ist sie jetzt die älteste Haubenköchin: Im neuen Gault&Millau wurde sie mit einer Haube ausgezeichnet.
Mitunter sind es blutjunge Köche, die ob ihres Ideenreichtums für Aufsehen in der gehobenen Gastronomie sorgen. Dass das im fortgeschrittenen Alter passiert, ist eher selten. Thi Ba Nguyen hat dies im soeben erschienenen Restaurantguide Gault&Millau geschafft. Die gebürtige Vietnamesin, die mit ihrer Familie in Graz das Restaurant "Vina" betreibt, ist mit 83 Jahren die älteste Haubenköchin.
Vietnamesische Küche, kreativ interpretiert
Das ist aber noch nicht alles. Sie ist vermutlich auch der an Lebensjahren älteste Neueinstieg in der heuer an Neueinstiegen nicht armen Ausgabe. 12 Punkte und damit eine Haube verliehen ihr die Tester von Gault&Millau. Vor allem ihre Kreationen der vietnamesischen Küche hoben sie in ihrer Bewertung hervor: "Herrlich pur etwa die Kammmuscheln mit Wasabicreme, wunderbar aromatisch das geschmorte Bioschwein mit Wachteleiern."
Vom Flüchtling zur Haubenköchin
Vorgesehen war die Auszeichnung im Lebensplan nicht, auch wenn Thi schon seit mittlerweile 70 Jahren am Herd steht. "Meine Mama hat als älteste von zehn Geschwistern schon immer für alle gekocht. Sie liebt es und genießt jeden Tag in der Küche", erzählt ihr Sohn Robert Nguyen. Er selbst wurde in Graz geboren, seine Mutter kam 1981 als Flüchtling von Vietnam nach Österreich. Zuhause habe sie die Kochtraditionen und Klassiker der alten Heimat über die Jahre perfektioniert.
Gemeinsam mit Sohn Robert eröffnete sie dann 2015 das Restaurant "Vina". "Alle liebten Mama Nguyens vietnamesische Spezialitäten", 2023 übersiedelte man vom kleinen Lokal in die Grazer Innenstadt. Erst im September 2024 erweiterte Thi Ba Nguyen die Speisekarte um ein neues Fine-Dining-Konzept, das die Gäste noch tiefer in die Aromenwelt Vietnams eintauchen lässt.
Auszeichnung ist große Anerkennung
Für Thi Ba Nguyen selbst bedeutet die Haube eine große Anerkennung für die Leistung des gesamten Teams: "Die größte Anerkennung ist es aber, wenn unsere Gäste satt und glücklich sind." Dass sie jetzt den Titel der "ältesten Haubenköchin der Welt" trägt, ehrt sie besonders. "Das alles funktioniert nur, weil ich mit einem Team an jungen und engagierten Menschen arbeiten darf. Die Küche ist einfach meine Heimat", sagt sie.
Das Lieblingsgericht kommt aus dem Suppentopf
Und was isst die "älteste Haubenköchin" selbst am liebsten? Wenig überraschend nennt sie die Pho, die tradtionelle, geschmacksintensive National-Suppe Vietnams. Dass sie auch diese für sich perfektioniert hat, kann man sich vorstellen.
Acht Stunden kocht sie auf dem Herd vor sich hin, was für intensive Vollmundigkeit sorgt. Ein Rezept, das auch für ihr Leben gelten könnte, wie sie sagt. "Mit dem Alter lernt man, dass alles seine Zeit braucht. Das Schnelle verflüchtigt sich leicht. Bis zu der Gault&Millau-Haube hat es auch lange Zeit gebraucht. Jetzt kann ich sagen: Sie steht uns gut."
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