Mann bei einer Weinverkostung

Flaschenpost: Was einen guten Sommelier ausmacht

Ein Sommelier soll wandelndes Weinlexikon sein, darf das aber nie vor sich hertragen, ein Entertainer aber kein Narzisst.

Auch in Zeiten des Verzichts ist manches unverzichtbar. So kann keine Gourmetadresse, die etwas auf sich hält, auf eine gute Weinkarte verzichten. Da mag die Verpflegung noch so elaboriert sein, ohne eine Weinauswahl auf Augenhöhe spielt es keine Hauben und Sterne mehr. Und weil eine gute Weinkarte auch jemanden braucht, der sie zu bedienen weiß, können erstklassige Häuser kaum auf eine kundige Sommelière oder Sommelier verzichten. Fachleute eben, die nicht nur über entsprechende Expertise verfügen, sondern auch über die nötige Obsession für Wein abseits des schnöden Rausches. 

Um önologisch am Puls der Zeit zu bleiben, erfordert das permanente Beschäftigung mit der Materie und naturgemäß unentwegtes Verkosten – bis an die Grenze der körperlichen Unversehrtheit und darüber hinaus. Beamten-Denken und Dienst nach Vorschrift geht gar nicht. Zuweilen braucht es auch Nerven aus Stahl, um Gäste zu verkraften, die ohnehin alles besser wissen; solche, die einen Korkfehler aufzuspüren vermögen, selbst wenn die Flasche eine Schraubverschluss besitzt. Prediger und Missionare in dem Berufsstand hingegen haben sich in der Abteilung geirrt. Kein Gast will belehrt werden, schon gar nicht, wenn er selbst keinen blassen Schimmer vom Wein hat. Vielmehr ist das Einfühlungsvermögen eines Therapeuten gefragt: Ein Sommelier soll zwar ein wandelndes Weinlexikon sein, darf das aber nie vor sich hertragen, ein Entertainer aber kein Narzisst – eine eierlegende Wollmilchsau halt. Unverzichtbar. 

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Christina  Fieber

Über Christina Fieber

Christina Fieber kommt aus Salzburg und arbeitet als freie Weinjournalistin in Wien.

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