Flaschenpost: Geschichte statt Geschichten

Man will nichts weniger als dem Ursprung des pannonischen Weins auf die Spur kommen, sein Wesen erfassen.

Ohne Marketinggetöse scheint sich heute nichts mehr abzuspielen. Dabei geht es zumeist nicht mehr um den beworbenen Gegenstand, sondern um die Erzählung rundherum. Jedes Produkt scheint eine Netflix-taugliche Dramaturgie zu brauchen – so auch der Wein. Je nach Zielpublikum zwischen Sozialromantik und Lifestyle angesiedelt, wird da von hingebungsvoll restaurierten Weinbergen des Urgroßvaters fabuliert, der  jeden Rebstock beim Namen nannte. Oder man inszeniert eine hyperlässige Hipsterwelt, in der voll- oder schnauzbärtige Winzer lustige Weine mit  lustigen Etiketten für ihr geneigtes Publikum fabrizieren.  

Wein allein macht offenbar nichts mehr her. Das erzürnte drei burgenländische Weinmacher derart, dass sie aufbrachen, um unter dem Namen „Reimagine Pannonia“ einen neuen Blick auf Weine im Allgemeinen und burgenländische Weine im Besonderen zu geben. Hannes Schuster, Christian Tschida und Roland Velich, drei heimische Winzer, die international längst für ihre unverstellten Gewächse gefeiert werden, wollen auch hier eine andere Vorstellung von pannonischer Stilistik etablieren. 

Hier mehr lesen: Wein im Wandel: Die Trends und Herausforderungen

Das impliziert naturgemäß auch einige wenige authentische ungarische Weine, die Velich schon seit einiger Zeit unter dem Titel „Hidden Treasures“ in Umlauf bringt. Man will nichts weniger als dem Ursprung des pannonischen Weins auf die Spur kommen, sein Wesen erfassen. Ganz ohne Erzählung kommt man dabei freilich auch nicht aus – mit dem Unterschied, dass man keine Geschichten, sondern Geschichte erzählt.      

Christina  Fieber

Über Christina Fieber

Christina Fieber kommt aus Salzburg und arbeitet als freie Weinjournalistin in Wien.

Kommentare