Flaschenpost: Gans egal

So man gerade keine anderen Sorgen hat, stellt sich zu Martini die bange Frage, welchen Wein zum Gansl trinken.

Verspeist man das fette Federvieh in einem feinen Schuppen, delegiert man die Angelegenheit an einen kundigen Sommelier.

Schiebt man das Tier hingegen daheim ins Rohr, kommt man um die brisante Frage der Weinauswahl nicht herum. Traditionell gibt es zur Martinigans den „Staubigen“ oder „G’staubten“, einen unfiltrierten, trüben Jungwein. Dass der sensorisch noch nichts hergibt, liegt auf der Hand – das Schicksal teilt er mit all seinen jungen Artgenossen. Wer der staubigen Tradition etwas abgewinnen kann, den verwöhnten Gaumen aber nicht kränken will, greift besser zu einem ausreichend im Fass gereiften Wein, der unfiltriert abgefüllt wurde. Sensorisch zahlt sich das aus, weil mit der Filtration auch unweigerlich Geschmack verloren geht. Mitunter sind unfiltrierte Weißweine auch trüb – was Reinheitsfanatikern schlaflose Nächte bereiten mag, geschmacklich aber astrein ist.

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Dass der Mensch sich an naturtrüben Weinen stößt, ist erstaunlich, da es beim Apfelsaft gang und gäbe ist. Fortgeschrittene Trinker greifen beim Gansl auch gerne zu maischevergorenen Weißweinen, im Volksmund „Orange Wines“ genannt. Gute maischevergorene Weißweine passen aufgrund der feinen Gerbstoffe und herber Aromatik gut zur üppigen Gans, wie eigentlich zu eh fast allem. Oder man pfeift auf Vorgaben und trinkt, was einem schmeckt.

Christina  Fieber

Über Christina Fieber

Christina Fieber kommt aus Salzburg und arbeitet als freie Weinjournalistin in Wien.

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