Sardellen, Huhn und Mexiko: Die skurile Geschichte des Cesar Salad
Ein Klassiker auf den Speisekarten der Welt ist heuer 100 Jahre alt. Wie der Cesar Salad weltweit zum Inbegriff eines Salats wurde
Es gibt vermutlich wenige Salate, die so international sind wie der Caesar Salad. Kaum eine Speisekarte, auf der er nicht vertreten ist, mittlerweile auch in den Lokalen von Fastfoodketten- und kaum ein Salat, bei dem die Gäste überall auf der Welt wissen, was sie erwartet. Und das heuer seit exakt 100 Jahren.
Das macht ihn schließlich aus: grüne Salatblätter, gemischt mit Knoblauchcroutons und Parmesan. Alles abgeschmeckt mit einem würzigen Dressing, das ein für eine Minute angekochtes Ei, Limettensaft und Worcestersauce enthält.
Dahinter verbirgt sich auch noch eine recht abenteuerliche Geschichte, in der Legenden, Urheberschaft und Zutaten wichtige Rollen spielen.
Es ist alles nicht so einfach
Soweit zumindest in der Theorie. Bei diesem vielleicht urtypischten amerikanischen Salat ist nämlich gar nichts einfach oder klar. Das fängt schon bei den Zutaten an. Statt dem kräftigen Romanasalat (in Österreich unter dem eher schnöden Namen Kochsalat bekannt) landet häufig Eisbergsalat in den Salatschüsseln. Dabei sind es gerade Geschmack und Blattbeschaffenheit des Romana, die den Biss des Salats ausmachen.
Viele Köche haben viele Meinungen
Beim Dressing haben sich ebenfalls Fehlgriffe eingebürgert: Mayonnaise-basierte Marinaden etwa. Oder gleich eine Fertigmischung, die als "Caesar Dressing" verkauft wird. Ob Sardellen ins Dressing gehören, ist übrigens eine Frage, die auch bekannte Chefköche bis heute umtreibt.
Die einen, etwa die berühmte amerikanische Kochbuchautorin Julia Child, schwören darauf, die Zutaten für das Dressing einzeln auf die Salatblätter zu geben und erst dann durchzumischen. Das tat sie bereits in den 1950er-Jahren in ihren beliebten Kochshows, bis heute gilt sie in den USA als eine Art Säulenheilige für Rezepte. Bei anderen, mitunter jüngeren, Köchen kommt es darauf an, die Zutaten zuerst zu einer Emulsion zu mixen, die dann erst über dem Salat verteilt wird. Es verteile sich besser und verbessere dadurch den Geschmack, wird argumentiert.
Sardellen oder nicht, das ist die Frage
Ähnlich auseinander gehen die Meinungen darüber, ob Sardellenfilets in den Caesar Salat gehören. Im Originalrezept seien sie jedenfalls nicht enthalten, rechierte die New York Times kürzlich. Das hält die beiden britischen Star-Köche Jamie Oliver und Gordon Ramsey dennoch nicht davon ab. Bei Oliver kommen sie (nebst Joghurt) ins Dressing, Ramsey verteilt sie gleich direkt im Salat.
Und dann wäre noch die Zutat gebratenes Hühnerfilet zu erwähnen. Die gehören nicht, wie viele glauben, zum Standard-Repertoire dieses Salats, sondern zählen als Ergänzung.
Wer hat ihn eigentlich erfunden? Und wann?
Was die Herkunft betrifft, bleibt es verworren. Und es ist fast eine Ironie dieses US-Klassikers, dass er eben nicht in den Vereinigten Staaten erfunden wurde - sondern, ausgerechnet, in Mexiko. Ins dortige Tijuana kamen Anfang der 1920er-Jahre viele Amerikaner, um die Prohibition zu umgehen und Alkohol zu trinken.
Und just am amerikanischen Nationalfeiertag, dem 4. Juli 1924, sei das Restaurant "Caesar's" derart überrannt worden, dass die Speisen ausgingen. Besitzer Cesare Cardini, ein italienischer Einwanderer, habe aus der Not aus den noch vorhandenen Zutaten den Salat kreiert. Das Notfallprogramm kam an und verbreitete sich gen Norden in die Staaten. Wohin Cardini später zog.
Und noch ein möglicher Erfinder
Im heutigen "Caesar's"-Restaurant in Tijuana, das 2009 vor der Pleite gerettet wurde, erzählt man laut NYT auch die Geschichte vom Küchenmitarbeiter Livio Santini, der ebenfalls aus Italien eingewandert war. Der hatte sich in einem Anfall von Heimweh einen Salat zubereitet, den er als eine Art Resteverwertung von seiner Mutter kannte.
Sein Chef Cardini nahm ihn ob seiner einfachen Genialität sofort auf die Karte. Heute hängen die beiden Herren in trautem Nebeneinander im Restaurant an der Wand.
Ein kulinarisches Erbe
Welche Entstehungsgeschichte nun tatsächlich stimmt, ob mit oder ohne Sardellen, ist eigentlich egal. Das sieht auch Chefkoch Javier Plascencia so. Er betreibt das "Caesar's" in Tijuana - bekannt für seine kriminellen Kartelle - seit 2010 mit seiner Familie. "Der Caesar Salad ist unser Erbe", sagte er der NYT. "Er hat auch geholfen, der Welt ein anderes Gesicht unserer Stadt zu zeigen." Sein Rezept für das Dressing inkludiert übrigens unter anderem ganze Sardellen, Dijonsenf, Limettensaft und Knoblauch.
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