Rechnung des Nächsten zahlen? Neues Konzept im Café Vollpension

Die eigene Rechnung nicht zahlen? Super! Wieso man in diesem Wiener Café künftig dem Nächsten den Kaffee spendiert.

Wäre es nicht toll, in ein Café zu kommen und die eigene Rechnung ist bereits bezahlt? Dieses neue System hat das Café Vollpension in der Johannesgasse 4a im ersten Bezirk jetzt probehalber eingeführt. Ein Konzept, das nicht nur auf Wertschätzung unserer Mitmenschen, sondern auch auf Vertrauen basiert.

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Das kleine Seniorencafé im ersten Bezirk testet im Moment bis Ende Juli  ein neues Konzept mit dem Ziel: die Stadt Wien nicht nur lebenswerter, sondern auch liebenswerter zu machen. Dafür bekommt man als Gast seine Rechnung vom Vorgänger gezahlt, muss aber im Gegenzug auch etwas für den nächsten Gast dortlassen. Dazu bekommt man ein leeres Kuvert, in dem man so viel Geld wie man möchte lassen kann. So bezahlt man die Rechnung des Nächten und dieser begleicht wiederum die Rechnung des Nächsten und so weiter.

Den Mitmenschen näher kommen: Gifting Forward

Dieses Konzept ist durchaus bereits bekannt, und zwar auch unter dem Begriff Gifting Forward. Die Idee stammt von dem indisch-amerikanischen Unternehmer Nipun Mehta, der unter anderem auch als Berater für Barack Obama tätig war. Das Ziel? Ein harmonisches Miteinander fördern. Gerade die Idee des Schenkens und Beschenkt-Werdens ist eine besondere Form der sozialen Interaktion, die nicht nur zum Geburtstag oder zu Weihnachten Freude bringen kann.

Verluste in der Testphase

Die Gäste der Vollpension sollen sich also in Großzügigkeit üben und, indem sie jemand anderen einladen, eine Freude bereiten. Doch könnte dieses entgegengebrachte Vertrauen nicht ausgenutzt werden? Das Kuvert, in dem ein Gast seinen Betrag zurücklässt, gibt schließlich keinen Mindestbetrag vor. David Haller, Mitbegründer der Vollpension, erzählt dem Standard, dass die Gäste durchschnittlich 20 Euro den Nächsten zahlen, es gab aber auch bereits welche, die 100 Euro daließen. Und, wie befürchtet, gab es auch Gäste, die nichts zahlen wollten. Allerdings betont Haller, dass das nur in wenigen Fällen zutrifft und zeigt sich zuversichtlich.

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Trotz dieser Einstellung und der positiven Reaktionen der Besucher verzeichnet die Vollpension mit diesem neuen Bezahlsystem im Moment leider noch einen Verlust von fünf bis zehn Prozent. "Für ein Sozialunternehmen wie unseres wäre es super, wenn wir zumindest auf null kommen", sagt Gesellschafter Piffl-Percevic gegenüber den Journalisten. Allerdings befindet sich das System noch in der Testphase, Änderungen werden bereits vorgenommen: Beispielsweise können Gäste einen kleinen Brief an den Nächsten schreiben, damit die soziale Hemmschwelle schneller überschritten werden kann. Außerdem sollen die Preise in Zukunft auch auf der Speisekarte stehen, damit alle besser einschätzen können, wieviel etwas kostet. Ob sich das Konzept über die Testphase hinaus bewährt, bleibt abzuwarten.

Über Jennifer Sandhagen

Redakteurin bei freizeit.at, dem Digitalformat der KURIER freizeit.

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