Warum uns beim Lesen im Auto schlecht wird und was man dagegen tun kann
Eine lange Autofahrt mit einem guten Buch überbrücken, endet oft mit einem unguten Gefühl im Magen und Übelkeit. Warum das so ist und wie man dagegen steuert.
Die Reisekrankheit, auch Kinetose genannt, ist ein weit verbreitetes und ungefährliches Phänomen, das den Beginn einer Urlaubsreise stark belasten kann. Bekannte Varianten sind die Seekrankheit, Luftkrankheit, Raumkrankheit und Landkrankheit. Aber auch passive Bewegungen in Bussen, Autos und Zügen können derartige Symptome hervorrufen. Damit euer Urlaubsbeginn nicht durch das unwohle Gefühl im Magen gestört wird, zeigen wir euch, wie ihr dem entgegenwirken könnt.
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Was ist Kinetose?
Kinetose nennt man Zustände mit körperlichen Reaktionen wie Blässe, Schwindel, Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen, die durch passive Bewegungen – etwa in Verkehrsmitteln – ausgelöst werden können. Diese Symptome entstehen durch die Störung des Gleichgewichtssinns. Der Fachbegriff leitet sich vom griechischen Wort für bewegen (kinein) ab. Denn es ist der Bewegungsreiz in einem fahrenden Auto, Schiff oder Flugzeug in der Luft, der Menschen mit Reisekrankheit zu schaffen macht.
Welche Symptome zeigen sich?
Bereits im Vorstadium empfinden Betroffene leichtes Unwohlsein, gepaart mit beginnendem Frösteln, kalten Schweiß und einem leicht drückenden Gefühl in der Magengegend. Sie fühlen sich oft müde und müssen häufig gähnen, produzieren mehr Speichel, reagieren langsamer, sprechen weniger und bekommen eventuell sogar leichte Kopfschmerzen. Außerdem steigen die Spiegel der Stresshormone im Blut. Zunehmende Reisekrankheit kann zudem Desinteresse bis hin zur Lethargie auslösen oder Erbrechen verursachen. Wobei letztes nur eine kurzzeitige Besserung bringt. Die wellenförmig an- und abschwellenden Beschwerden können tagelang anhalten.
Ursachen und Risikofaktoren
Mediziner nehmen an, dass der Grund für die Reisekrankheit ein Konflikt zwischen verschiedenen Sinneseindrücken ist. Unser Körper muss durchgehend bewusste und unbewusste Bewegungen koordinieren, um das Gleichgewicht zu halten. Um die genaue Lage im Raum deuten zu können, greift unser Körper also auf Informationen von den verschiedenen Sinnesorganen zurück:
Der Gleichgewichtssinn im Innenohr: dieser erfasst einerseits über die Bogengänge alle Drehbewegungen des Kopfes und andererseits nehmen die sogenannten Otolithenorgane die horizontalen und vertikalen Bewegungen im Raum wahr. Dabei registrieren kleine Rezeptorzellen in den verschiedenen Abschnitten des Gleichgewichtsorgans jede Veränderung und senden diese Informationen als elektrisches Signal über die Nerven ins Gehirn.
Propriozeptoren in den Muskeln und Sehnen: Die Propriozeptoren senden Signale an das Gehirn. Sie sitzen vor allem in den Muskeln und Sehnen. Dabei „messen“ sie deren jeweiligen Dehnungszustand.
Die Augen als Informationsquelle: Die Augen sind die drittwichtigste Informationsquelle für das Gehirn, wenn es um die Verortung des Körpers im Raum geht. Unser Gehirn ist an gewisse Dinge gewöhnt, etwa dass der Fußboden waagerecht ist und Masten senkrecht stehen. Bei der Reisekrankheit spielt gerade dieser visuelle Eindruck eine entscheidende Rolle.
All diese Informationen, die das Gehirn von den Sinneszellen erhält, werden zu einem sinnvollen dreidimensionalen Bild zusammengesetzt. Doch in gewissen Situationen sind diese Information widersprüchlich – so entsteht Reisekrankheit. Faktoren, die Kinetose fördern sind Krankheiten wie Migräne, Alkoholkonsum, Angst, Schwangerschaft oder die Menstruation.
Warum trifft es manche Menschen mehr als andere?
Jeder Mensch kann in jeder Phase seines Lebens von Reisekrankheit betroffen sein. Wie stark dabei der Reiz sein muss, um die Kinetose auszulösen, ist individuell verschieden. Unter Erwachsenen sind allerdings Frauen häufiger betroffen als Männer, was die Wissenschaft auf den Hormonhaushalt zurückführt. Kinder unter zwei Jahren sind hingegen kaum empfindlich. Sie erreichen im Alter von zwölf Jahren das Maximum, danach sinkt die Neigung zur Reisekrankheit wieder. Der Wissenschaftler Neil T. Shepard vermutet in "Genetic predisposition to motion sickness“ (dt. Genetische Veranlagung für Reisekrankheit), dass unempfindlichere Menschen eine geringere Ausprägung des α2-Adrenozeptoren – im Nervensystem vorkommende Rezeptoren, die durch Adrenalin und Noradrenalin aktiviert werden – ausweisen. Mehrfach belegt ist seine Annahme allerdings nicht.
Vorbeugende Maßnahmen
Wer zur Reisekrankheit neigt, kann aber auch schon präventiv etwas dagegen unternehmen. So solltet ihr vor der Reise nur eine leichte, nicht zu fetthaltige Mahlzeit zu euch nehmen. Auch solltet ihr Alkohol vermeiden – am Tag der Abfahrt und auch schon den Tag davor. Verzichtet auch auf Koffein oder beschränkt die Menge auf eine kleine Tasse Kaffee. Außerdem empfiehlt es sich, einen Sitz in Fahrrichtung auszuwählen. Am besten setzt ihr euch auf einen Fensterplatz.
Was man dagegen tun kann
Schon bei den ersten Anzeichen von leichten Kopfschmerzen oder stärker werdendem Speichelfluss solltet ihr dagegen steuern. Richtet euren Blick in die Ferne – das bietet euren Augen eine feste Orientierung. Wenn euch bereits schlecht ist, solltet ihr euch flach auf den Rücken legen und die Augen schließen.
Auch eine Runde Schlaf kann euch helfen, die Übelkeit zu besiegen. Denn im Schlaf ist der Gleichgewichtssinn weitgehend ausgeschaltet und die visuellen Eindrücke fallen weg.
Ebenso könnt ihr zu Ingwer greifen. Die Knolle kann helfen – ob als Tee oder roh gekaut – das Unwohlsein im Magen zu beenden.
Bei wem die Reisekrankheit ausgeprägter ist, der kann auch Medikamente dagegen in der Apotheke erwerben. Aber Achtung: viele der Medikamente gegen Kinetose machen sehr müde und verlangsamen die Reaktionen. Lasst euch am besten vor eurer Fahrt von einem Arzt oder Apotheker diesbezüglich beraten.
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