Warum nervt uns die aktuelle Jugendsprache dermaßen?

Fragen der Freizeit ... und Antworten, die euch überraschen werden.

In zwei Wochen ist es endlich wieder so weit. Wir werden wissen, was das Jugendwort des Jahres ist, Digga! Wer da nicht auf lock durchsteigt, ist voll der NPC und hat sich ein Side-eye mehr als verdient. Die Frage ist nur: Wollen wir das denn überhaupt? Also wissen. Und: Wieso reden die überhaupt so komisch heutzutage?

Wir Erwachsenen fühlen uns schnell mal genervt, wenn unsere Kids in einer Art Geheimsprache miteinander kommunizieren.

Es soll auch einige geben, die sich so richtig darüber aufregen, Digga etwa brachte meine Frau lange Zeit regelrecht in Rage, weil sie es vom "N"-Wort abgeleitet glaubte...

Erst seit sie weiß, dass es sich vom Wort "Dicker" ableitet, das in  Hamburg, wo harte "k’s" noch seltener sind als in Wien, eben „Digga“ ausgesprochen wird und in ebendieser Form dann die deutschsprachige Welt eroberte, lässt sie es mit einem leichten Brauenrunzeln durchgehen. Cool findet sie es allerdings noch immer nicht.

Womit wir auch schon bei einem Phänomen sind, das unsere Abneigung gegen den jugendlichen Neusprech erklären könnte. Denn "cool" fanden unsere Altvorderen einen alles andere als probaten Sprachgebrauch, "Was soll das überhaupt heißen, cool?" und "Warum muss immer alles Englisch sein?", waren Reaktionen, die uns zeigten, dass wir auf dem richtigen Weg waren.

Wobei’s gar nicht unbedingt Englisch sein musste: Was haben wir uns innerlich ge-ROFLt, wenn Großtante Liesl uns erklärte, dass "geil" ein Adjektiv sei, dass ausschließlich für Torten adäquat wäre.

Denn darum geht’s schließlich. Man will anders sein als die Alten – und das auch zeigen. Wenn die sich dann noch über Gebühr echauffieren, ist das höchstens ein Bonus und kein Grund, damit aufzuhören.

Im 19. Jahrhundert erfanden Studenten ein Nonsenswort, um ihre Professoren und bildungsbürgerlichen Eltern zu ärgern. Sie verbanden die hübschen Wörter "trotzdem" und "nichtsdestoweniger" zum sinnentleerten "nichtsdestotrotz".

Frage der Freizeit

Hier schreiben Autoren und Redakteure der freizeit abwechselnd über Dinge, die uns alle im Alltag beschäftigen.

Bis weit ins 20. Jh. kämpften Sprachpuristen gegen diesen Unfug. Vergebens. Jeder verwendet es.

Und wenn ich darüber nachdenke, finde ich NPC eigentlich doch geiler.

Andreas Bovelino

Über Andreas Bovelino

Redakteur bei KURIER freizeit. Ex-Musiker, spielte in der Steinzeit des Radios das erste Unplugged-Set im FM4-Studio. Der Szene noch immer sehr verbunden. Versucht musikalisches Schubladendenken zu vermeiden, ist an Klassik ebenso interessiert wie an Dance, Hip-Hop, Rock oder Pop. Sonst: Texte aller Art, von philosophischen Farbbetrachtungen bis zu Sozialreportagen aus dem Vorstadt-Beisl. Hat nun, ach! Philosophie, Juristerei und Theaterwissenschaft und leider auch Anglistik durchaus studiert. Dazu noch Vorgeschichte und Hethitologie, ist also auch immer auf der Suche einer archäologischen Sensation. Unter anderem.

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