"Menu Anxiety": Warum haben viele Menschen Angst vor Kellnern?

Ein Blick auf die Ängste der Gen Z.

Sie trauen sich nicht ins Restaurant. Also viele, vor allem jüngere Menschen. „Menu Anxiety“, eine Speisekarten-Phobie, wurde in Amerika für die sogenannte Gen Z, das ist die Altersklasse von Teenagern bis Endzwanzigern, diagnostiziert. Sie hätten, gaben die Probanden zu Protokoll, panische Angst davor, etwas Falsches auszuwählen – und mit dem Kellner zu sprechen. 

Wobei das, also die Furcht vor dem Gespräch mit dem Experten, ein wesentlicher Teil dieser Phobie zu sein scheint. Denn auch an den Terminals der Burgerketten gibt es eine Art Speisekarte, und über die Hürde, eine Auswahl unter verschiedenen Speisen treffen zu müssen, kommt man auch beim gerade bei den Jungen überaus beliebten Online-Bestellen nicht herum. 

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Gabriel Rubin, Professor an der bei der Studie beteiligten Montclair State University, sieht als Grund ein Problem beim sozialen Interagieren. „Digital Natives haben einige traditionelle soziale Fähigkeiten nicht erlangt“, sagt er. Dafür haben sie andere Kompetenzen. Verstärkend, und das treffe auch auf andere Generationen zu, wirkt in diesem Zusammenhang die noch nicht verdaute Covid-Pandemie, während der  jeder soziale Umgang eben stark eingeschränkt war. Vor allem mit Menschen außerhalb des unmittelbaren Umfelds. Da dürfte sogar bei Boomern ein bissl was eingerostet sein. 

Und es ist ja auch tatsächlich eine Herausforderung. Will man den Kellner auf sich aufmerksam machen, lenkt man natürlich ebenso die Blicke anderer Gäste auf sich. Kommt der gute Mann dann an den Tisch, sieht man sich in einer Konfrontation mit jemandem, der zum Thema mehr weiß als man selber. Was für viele  zum Stressfaktor wird. Dagegen hilft nur eines: So viel und so oft wie möglich ins Gasthaus, Beisl oder Restaurant gehen. Und es auf diese Weise wie Thomas Bernhard zu halten. Der hatte zwar vor Kellnern keine Angst, sondern nur vor Umkleidekabinen, dafür hasste er sie aber aus ganzem Herzen. Vor allem die „arroganten Wiener Kaffeehauskellner“. Trotzdem hat er Cafés, wie er selber schrieb, „täglich aufgesucht“. In diesem Sinne jetzt einmal ganz lässig – oder auch ein bissl forsch: Herr Ober, die Karte bitte! 

Andreas Bovelino

Über Andreas Bovelino

Redakteur bei KURIER freizeit. Ex-Musiker, spielte in der Steinzeit des Radios das erste Unplugged-Set im FM4-Studio. Der Szene noch immer sehr verbunden. Versucht musikalisches Schubladendenken zu vermeiden, ist an Klassik ebenso interessiert wie an Dance, Hip-Hop, Rock oder Pop. Sonst: Texte aller Art, von philosophischen Farbbetrachtungen bis zu Sozialreportagen aus dem Vorstadt-Beisl. Hat nun, ach! Philosophie, Juristerei und Theaterwissenschaft und leider auch Anglistik durchaus studiert. Dazu noch Vorgeschichte und Hethitologie, ist also auch immer auf der Suche einer archäologischen Sensation. Unter anderem.

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