Belastende Weihnachtszeit: Sich von gesellschaftlichen Zwängen befreien
Für viele ist gerade die Weihnachtszeit besonders schwierig. Eine Expertin erklärt, wie man dennoch gut durch diese Tage kommt.
Wohin man in diesen Tagen auch geht, an Weihnachtsliedern, Gesprächen über Wichteln, Geschenke und Kekse kommt man kaum vorbei. Es ist die vermeintlich schönste Zeit im Jahr - aber nicht für jeden. Es gibt viele Gründe, warum man den Feiertagen mit Beklemmung entgegensieht. Kerstin Schuller, Klinische und Gesundheitspsychologin bei Instahelp, der Plattform für psychologische Beratung online erklärt im Gespräch die Hintergründe:
Weihnachten ist für viele Menschen ein sehr emotionales Fest - sowohl im positiven wie auch negativen Sinne. Das selige Familienglück fühlt sich oftmals noch ein Stück intensiver an, die bohrende Einsamkeit aber leider auch. Einer der Hauptgründe dafür ist der hohe Erwartungsdruck, dem wir uns ausgesetzt fühlen. Es ist Weihnachten und plötzlich soll man sich auf Knopfdruck wohl fühlen und glücklich sein. Die sozialen Medien zeigen zudem ein verzerrtes Bild und führen dazu, dass man sich schnell mal so fühlt, als sei man die einzige Person, der es gerade nicht so gut geht.
Weihnachten ist ein Fest voller Traditionen und Rituale. Unser Gehirn liebt solche sich wiederholenden Dinge geradezu und belohnt uns mit Glücksgefühlen, wenn wir in Routinen verfallen. Viele Menschen haben daher gerade bei Festlichkeiten sehr starre Vorstellungen, wie es zu laufen hat, damit es wieder gleich “schön” wird wie letztes Jahr. Genau hier sollte man sich überlegen: Ist die Tradition, die vor fünf Jahren passend war, auch heuer noch richtig für uns? Oder machen wir das Fest in diesem Jahr vielleicht einfach mal ganz anders und lassen Raum für Überraschungen und Neues?
Genau hinzuhören, was man selbst wirklich braucht. Sehne ich mich nach Wirbel und vielen Besuchen? Dann spricht auch nichts gegen Weihnachtsfeiern und laute Adventmärkte. Sehne ich mich aber vielleicht eher nach Ruhe, dann ist es umso wichtiger, auch dafür Platz zu finden. Mag ich Weihnachten vielleicht gar nicht und will ich einfach einen Abend bei meiner Lieblingsserie verbringen? Auch das ist in Ordnung - niemand sollte sich von gesellschaftlichen Zwängen hier unter Druck setzen lassen.
Indem man einerseits ein gutes Feingefühl an den Tag legt, was die betroffene Person jetzt braucht. Und andererseits akzeptiert, wenn diese Bedürfnisse vielleicht von den eigenen Erwartungen abweichen. Heißt konkret: Niemanden zu Einladungen zwingen, aber dennoch ein offenes Ohr und ein gemütliches Plätzchen anbieten, wenn jemand nicht alleine sein möchte. Auch eine neutrale Bezugsperson kann eine große Unterstützung sein, wenn die Einsamkeit schmerzhaft wird.
Rat und Hilfe im Krisenfall
Österreichweite Telefonseelsorge (0 bis 24 Uhr): 142
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Ö3 Rotes Kreuz Kummernummer (16 bis 24 Uhr): 116 123
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