Victoria's Secret wollte sich neu erfinden, zeigt aber nur Altbekanntes
Nach sechs Jahren Pause gibt es die Dessous-Show wieder. Kate Moss, Carla Bruni und Cher waren dabei.
Lange wurde an dem Comeback gearbeitet. Am Dienstagabend war es so weit. Die "Victoria's Secret"-Show ging nach sechs Jahren Pause wieder über die Bühne. Mit singenden Superstars wie Cher und mit bekannten "Engeln" – Supermodels mit überdimensionalen Flügeln.
Zu sehen waren Gigi Hadid, Kate Moss, Carla Bruni, Eva Herzigova, Irina Shayk, Tyra Banks, Adriana Lima, Alessandra Ambrosio – von denen wohl keine unter einem sechsstelligen Betrag den Catwalk betritt.
Spektakel um 20 Millionen
Schon vor Ende der Laufsteg-Events kostete das Spektakel laut New York Times gut über 20 Millionen Euro - mehr als das Hundertfache dessen, was eine gewöhnliche und immer noch teure Modenschau normalerweise kosten würde.
Sharen Turney, die ehemalige CEO von Victoria’s Secret sagte noch 2019 zu Forbes: „Es zahlt sich tatsächlich fünfmal aus.“ Die diesjährige Show dürfte jedenfalls besonders viele Millionen verschlungen haben.
Nicht viel Neues
Neu war, dass die Show nur von Frauen organisiert wurde, kurvige Models wie Ashley Graham gebucht wurden und es etwas Diversität beim Model-Casting gab – was für andere Marken allerdings seit Jahren ohnehin Standard ist.
Ansonsten hat sich nichts getan, was die Performance oder das Image angeht - obwohl man 2023 noch angekündigt hatte: "Wir müssen uns weiterentwickeln und verändern, um zu wachsen. Vor diesem Hintergrund haben wir beschlossen, die 'Victoria's Secret'-Show, wie sie bisher existierte, zu überdenken."
Das Unternehmen strauchelt
Das Unterwäsche-Unternehmen befindet sich seit Jahren in einer wirtschaftlichen Krise und musste unzählige Läden schließen. Die Marke ist bei jungen Zielgruppen nicht mehr hip genug.
Sexy Push-Up-Dessous in Spitze, für die die Marke bekannt ist, sind nicht mehr zeitgemäß.
Als Victoria’s Secret in den 1970ern gegründet wurde, galt die Unterwäsche lange Zeit als das einzige jugendliche Angebot in den USA. Heute wirken viele Entwürfe altbacken und es gibt eine Vielzahl an Konkurrenz. Kim Kardashian zeigt mit ihrer Linie Skims wohl am besten auf, dass hautfarbene Funktionswäsche im Trend liegen und der aufpolsternde Bügel-BH von gemütlichen Bralettes abgelöst wurde.
Missbrauch von Secret-Männern
Noch dazu gab es jede Menge Unmut über die Engel-Show, die 20 Jahre lang Millionen Zuschauer vor die Bildschirme lockte. Billige Fleischbeschau, hungernde Models, die alle gleich aussehen und Frauen nur unzufriedener machen, so der Tenor.
Und auch die Kritik an den mächtigen Männern im Hintergrund wurde lauter. Casting-Chef Ed Razek entschied lange, wie ein Engel auszusehen hat. Die New York Times berichtete 2020, dass er Models systematisch erniedrigt und missbraucht habe, Mädchen sich in Unterwäsche auf seinen Schoß setzen und ihn küssen sollten.
Victoria's-Secret-Gründer Les Wexner soll trotz zig Beschwerden nie reagiert haben. Kurz vor den Anschuldigungen ging Razek 2019 in den Ruhestand und Les Wexner zog sich aus dem Vorstand zurück.
Minimale Veränderungen
Die neuen Geschäftsführer wollten alles umkrempeln und beendeten die TV-Modeschau. Die Umsätze wurden aber auch danach nicht besser.
Die neue Lösung: Engel wieder über den Catwalk schicken, mit minimalen Abänderungen, aber den gleich Push-Up-BHs wie immer. Ob solch halbherzige Aktionen den erwünschten Erfolg bringen, bleibt abzuwarten.
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