Spott für Victoria's-Secret: Model-Pensionistinnen allein reichen nicht

Vor ihrem Comeback versprach Victoria's Secret mehr Diversität, holte aber Models von Carla Bruni bis Tyra Banks aus der Pension.

Keine Männer im Team, mehr Diversität und weg vom Bodyshaming-Image: Die strauchelnde Dessous-Marke "Victoria's Secret" verpulverte zum ersten Mal seit sechs Jahren wieder Millionen, um die ikonischen Engel von früher in den Fashion-Himmel steigen zu lassen. 

Man wollte die Kunden vergessen machen, dass Marketingchef Ed Razek damals gegen Diversität und Transgender-Models wetterte und CEO Leslie Wexner enge Verbindungen zu Sexualstraftäter Jeffrey Epstein hatte.

Man wollte vergessen machen, dass inzwischen Labels wie Rihannas Savage X Fenty und Kim Kardashians Skims Millionen mit ihrem Image von Frauen-Empowerment machen. Man wollte vergessen, dass Frauen inzwischen nicht automatisch dürre Engerl sein wollen, sondern ihr Geld lieber dafür ausgeben, sich wohl in ihrer Haut fühlen zu können. 

Dienstagabend wollte Victoria's Secret mit der Vergangenheit abschließen und sich und die Verkaufszahlen sowie Aktienkurse wie ein Phoenix aus der Asche heben.

Transgender-Model Valentina Sampaio bei der Victoria's Secret Show 2024

Applaus gab's für Transgender-Model Valentina Sampaio

©APA/AFP/ANGELA WEISS

Mehr Diversität bedeutete für das Dessous-Label zwei Transgender-Models anzuheuern. Alex Consani und Valentina Sampaio wurden auch heftigst vom Publikum beklatscht. Männliche Performer auf der Bühne gab es keine mehr. Dafür Cher, die mit 78 Jahren fast so alt ist, wie alle Models vergangener Shows gemeinsam.

Um sich nicht nachsagen lassen zu müssen, dass man nur für Magere schneidert, wurden auch zwei Plus-Size-Models geholt. Ashley Graham und Paloma Elsesser mussten ihre Kurven (die trotzdem noch locker in jede Standardgröße passen) aber in weit mehr Kleidung stecken als ihre dünnen Kolleginnen. Wenig verwunderlich, dass das vielen Zuschauern negativ auffiel.

Plus-Size-Model Ashley Graham bei der Victoria's Secret Show 2024

Ashley Graham in schwarzem Body. Für die Teen-Vogue waren ihre Schenkel einer der wenigen positiven Dinge der Show. 

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Schöne Model-Pensionistinnen als Feigenblatt

"Diversität" lebte Victoria's Secret beim Alter der Models. Der Versuch, die guten alten Verkaufszahlen zurückzuholen, wurde vor allem damit gemacht, Models von früher aus der Pension zurückzuholen. Tyra Banks (50) etwa ist selbst ein Ex-Engel und wurde vor 19 Jahren geschasst, weil sie "zu dick" geworden war.

Carla Bruni (56), die Ex-Präsidentengattin der Franzosen, mottete vor 26 Jahren ihre professionelle Model-Karriere ein. Am Dienstag feierte sie nun ihr Engel-Debut. Noch hin und wieder aktiv ist zudem Kate Moss (50), die zum ersten Mal das Engerl spielen durfte. Ebenfalls prominent platziert wurde 90er-Jahre Supermodel Eva Herzigova (51).

Eins haben die Model-Veteraninnen gemeinsam: Sie haben allesamt nach wie vor eine großartige Figur. Ob sie die durchschnittliche 50-Jährige und deren Körper repräsentieren, bezweifeln nicht nur in Netz viele Kritiker. 

Kate Moss bei der Victoria's Secret Show 2024

Züchtig bedeckt: Kate Moss lief zum ersten Mal für das Dessous-Label. Auch sie trug schwarz. 

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Show ging in die (Unter-)Hose

Die erste "Victoria's Secret"-Show seit sechs Jahren erregte ordentlich Aufmerksamkeit. Nur eben nicht die, die sich das Wäsche-Label gewünscht hätte.

Praktisch alle Berichte über die Comeback-Show monieren, dass die Neuausrichtung keine ist. Dabei gäbe es bei der Konkurrenz seit Jahren Vorbilder, die es weit besser und erfolgreicher machen.

Aus für die Engel-Show?

Wo bleibt die Diversität, fragt sich etwa auch die "Teen Vogue" und findet, dass "große Dinge" eben manchmal sterben. Und: "Vielleicht sollten wir sie in der Vergangenheit belassen". 

Ob es wohl im kommenden Jahr wieder eine Show geben wird? Das werden Ratings, Verkaufszahlen und der Aktienkurs entscheiden. Die ersten Reaktionen schauen nicht danach aus. Stattdessen dürfte MeToo, Selfcare-Bewegung und Diversity den Engeln die Flügel nachhaltig gestutzt haben. Der Spott nach der Show im Internet ist Victoria's Secret jedenfalls gewiss. 

Über Marianne Lampl

Digital Producer bei freizeit.at, dem Digitalformat der KURIER freizeit. Geboren im Burgenland, für den Besuch einer Kunstschule mit 13 Jahren nach Wien gekommen. Studierte in Graz, dann Jahre später doch Journalismus und arbeitete schließlich in Wien beim ORF, bei Heute und PULS24.at, unter anderem als Ressortleiterin für Szene, Lifestyle, Entertainment und Kultur. Seit 2024 bei freizeit.at.

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