Parfum-Herausgeber Frédéric Malle: "Ich mag den Ausdruck 'unisex' nicht"

Mit den besten Parfumeuren der Welt kreiert Frédéric Malle ganz wunderbare Düfte. Im Interview gibt persönliche Einblicke. Plus: die neuesten Dufttrends.

Der Mann hat Stil, Esprit und eine sehr feine Nase. Mit den besten Parfumeuren der Welt kreiert Frédéric Malle ganz wunderbare Düfte. Für das schwedische Modelabel Acne Studios hat er sich jetzt ein Signatureparfum ausgedacht. Wir trafen Monsieur Malle in Paris zum Interview.

Letztes Mal haben wir uns 2018 gesehen, was hat sich seitdem geändert? 

Die Welt hat sich geändert, aber der Prozess des Parfummachens ist gleich geblieben. Es gibt ja nicht zehn Möglichkeiten, ein Parfum zu kreieren (lacht). Ich treffe mich vorab immer mit dem Parfumeur, den ich für das jeweilige Projekt ausgesucht habe, und wir diskutieren. Diese Gespräche müssen gar nicht  lang sein,  irgendwann einigen wir uns, in welche Richtung wir gehen wollen. Es ist wie eine Skizze, aus der dann ein Bild entsteht.

Sie haben Ihr Unternehmen ja an Estée Lauder verkauft.

Ja, schon vor ein paar Jahren, und jetzt muss ich ein bisschen disziplinierter arbeiten. Die Entwicklung von „Carnal Flower“ hat 18 Monate gedauert, das war 2005. In dieser Zeit haben wir keinen einzigen Duft gelauncht, das wäre heute nicht mehr möglich.

Sie haben sehr viel Erfahrung. Können Sie dadurch den Erfolg eines neuen Duftes vorhersagen? Wissen Sie im Vorfeld bereits, wer das neue Parfum mögen wird und wer nicht?

Das dachte ich lange, aber ehrlich gesagt, man weiß es nie wirklich. Bei „Portrait Of A Lady“ war ich mir eigentlich unsicher, ich dachte, es wäre zu sophisticated für die meisten. Und dann wurde es unser Bestseller.
Ihr neuester Duft ist „Acne Studios par Frédéric Malle“, wieder einmal eine Kooperation mit einem Modelabel.Ja, nach Dries Van Noten und Alber Elbaz jetzt ein schwedisches Label.

Warum gerade Acne?

Weil sie interessante Mode machen, die gleichzeitig kommerziell tragbar ist. Und das nehmen sie auch ziemlich ernst. Ich mag ihren neoklassischen Stil, „Classic with a Twist“. Meine Tochter Jeanne hat immer schon Acne getragen und mich auch mal in Stockholm in den Acne-Store geschleppt. Ich habe mir das alles gut angesehen, und dann habe ich Acne-Chef Jonny Johansson einen Brief geschrieben.

Einen Brief?

Einen Brief.

Und dann?

Dann hat er mir geantwortet. Er kannte meine Produkte ganz genau, er verwendet übrigens nur „Dans Tes Bras“ – und das seit Jahren. Wir haben viel gemein. Wir lieben Bergman-Filme, und wir sind Nachbarn in Südfrankreich, nur wussten wir das gar nicht.

Und wie kam die Parfumeurin Suzy Le Helley ins Team?

Suzy ist mit 32 für eine Parfumeurin noch sehr jung und  eine ungewöhnliche „Nase“. Ich wollte unbedingt mit ihr einen Duft machen. Suzy dachte an Waschmittel, Jonny an blumig, wir haben einen Kompromiss gefunden.

Ist „Acne Studios“ ein Unisexduft?

Ich mag den Ausdruck „unisex“ nicht. Unisex ist wie ein Eau de Cologne, und das hat für mich keinen Sex-Appeal. „Acne Studios“ hat Sex-Appeal, es ist sehr einladend, Männer werden es sicher auch mögen.

Rendezvous. Isabella Klausnitzer und Frédéric Malle

©Privat

Wie viel Parfum ist zu viel des Guten?

Wenn man sich an seinen Signatureduft gewöhnt hat, riecht man sich nicht mehr und verwendet daher gern zu viel. Manche Parfums haben sowieso einen großen Auftritt, „Carnal Flower“ hat eine große „Sillage“. Fünf Spritzer maximal reichen für den Tag. Fünfzehn Spritzer, das wäre ein kleines Problem.

Wie lange sollte ein guter Duft anhalten?

Ich würde meinen, acht Stunden. Ich überprüfe das auch immer.

Welches Parfum verwendet Ihre Frau?

Früher „Dans Tes Bras“, jetzt „Portrait Of A Lady“.

Und Sie selber?

Ich wechsle öfter, zurzeit zwischen „Geranium Pour Monsieur“ und „Vetiver“. Unlängst habe ich auf einer Indienreise „Dawn“ wiederentdeckt, ein wunderschönes „Oud“-Parfum, sehr sexy. Wenn ich es trage, verliebe ich mich fast in mich selbst.

Und welchen Duft würden Sie mir raten?

„Iris Poudre“.

Kennen Sie eigentlich Wien?

Ich liebe Wien. Ich habe ein österreichisches Patenkind, aber ich spreche kein Deutsch.

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Modern & nordisch

Jetzt hat auch das schwedische Modelabel Acne Studios endlich einen eigenen Duft. Herausgegeben von Frédéric Malle, kreiert von Suzy Le Helley, die wahrscheinlich aufregendste Duftlancierung der Saison und Malles Versuch, ein jüngeres Publikum anzusprechen. Der Duftverleger Frédéric Malle, die Parfumeurin Suzy Le Helley und der Acne-Kreativdirektor Jonny Johansson ließen sich für „Acne Studios par Frédéric Malle“ von den weißen Nächten Schwedens, dem hellen Nordlicht, Ingmar Bergmans Filmen und dem ikonischen rosa Schal von Acne Studios inspirieren. Le Helley wollte die Duftstruktur eines Textilwaschmittels, Johansson bevorzugte blumige Düfte von chemischer Qualität. Beide wünschten sich ein Parfum, das sich wie ein kuscheliger Acne-Schal anfühlt. Ein Acne-Schal kostet übrigens 250 €, das „Acne Studios par Frédéric Malle“-Parfum etwas mehr.

Ein Duft wie ein Nordlicht

©Hersteller

Stylish & Styles

Harry Styles macht tolle Musik, aber auch mit Begeisterung schöne Beautyprodukte – sein Label nennt sich „Pleasing“ – und jetzt auch Düfte. Die sind natürlich unisex und je nach Belieben cremig, würzig, pudrig.

Magisch & elektrisierend

Ein neues „Alien“ ist gelandet. Der ziemlich geniale Mugler-Kreativchef Casey Cadwallader hat sich den Thierry-Mugler-Duftklassiker zur Brust genommen und eine neue Variante lanciert. „Alien Hypersense“ duftet frischer als das Original, man kann die Birne sehr gut herausriechen, aber auch den balinesischen Jasmin, ein Duftmix, der mich Irgendwie an Honig erinnert. Der Flakon in dem bekannten Ultraviolett hat einen rostroten Verlauf. Supermodel Anok Yai ist das Werbegesicht.

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Feminin & blumig

„Tilia“ ist der lateinische Name für Linde, aber Marc-Antoine Barrois’ neuestes Parfum duftet nicht nur nach Lindenblüten. Heliotrop, Ginster, Vetiver und Ambroxan mischen da auch mit. Eine raffinierte Kombination, die aber auch ein wenig an stark duftende Hautcreme erinnert. Sehr lang anhaltend. Bei Nägele & Strubell

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Verrätst du mir deinen Duft?

„Mmmh, du riechst so gut, welches Parfum ist denn das?“ Was antworten Sie da? Verraten Sie bereitwillig Ihren Signatureduft oder nicht? Stört es Sie, wenn eine enge Freundin Ihnen das Parfum nachkauft? Ich bin da zugegebenermaßen empfindlich und Sie?

Kontrastreich

Schwarz & Weiß ist nicht nur in der Mode ein Klassiker.

 

Von der Sonne geküsst

Kilian Hennessy schwärmt von „Sunkissed Goddess“ als „der Duft des Glücks, der ultimative Duft des Sommers“.  Hennessy und seine Parfumeurin haben sich für ihren neuen Sommerduft sehr stark von Monoi und den Tropen inspirieren lassen. „Sunkissed Goddess“ zählt zu meinen neuen Parfumlieblingen. Es ist eine limitierte Edition, ich werde mir also ein paar Flakons in Reserve kaufen.

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Raue Rose

Wer Rosendüfte liebt (ich zum Beispiel), dem wird dieser Duft sehr gefallen. Serge Lutens, berühmt für seine exquisit ausgefallenen Kompositionen, ließ sich bei „La Fille Tour de Fer“ von der rauen Seite Paris’ beeinflussen.

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Ebony & Ivory

„Blanc Kogane“ und „Noir Kogane“, das neue Duo aus der Armani-Privé-Haute-Couture-Duftkollektion, erinnert mich sehr an den alten Michael-Jackson-Paul-McCartney-Song. Die in Elfenbein- und Schwarztönen gehaltenen Flakons sind ganz besonders schön, die Düfte auch.

Très couture

Das neue „New Look“-Unisex-Parfum von Dior ist ein frischer, sauberer, heller Weihrauchduft mit einem Hauch von Amber und Aldehyd-Molekülen. Der Name wird von Diors legendärem „New Look“ von 1947 abgeleitet, olfaktorisch hat die Francis-Kurkdjian-Kreation damit allerdings gar nichts gemein, dafür ist sie viel zu reduziert.

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Gwyneth loves

Gwyneth Paltrow gilt Goop sei Dank als eine der wichtigsten Lifestyleinfluencerinnen der Welt. Unlängst verriet sie in einer Instagram-Story ihren aktuellen Lieblingsduft, „The Sixth“ von Vyrao, und das hat mich dann schon auch neugierig gemacht. Der Duft wird als metallisch kühl beschrieben, und Paltrow, die sehr auf Esoterik setzt, schwärmt von der positiven Energie der verwendeten Kräuter. Über Niche Beauty

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Eau de Saison

Wem schwere Düfte im Frühjahr dann doch zu schwülstig sind, der wird sich über eine große Auswahl an olfaktorischer Leichtigkeit freuen.

 

Rosig 

„Rose Blush“, „Rose & Magnolia“ und „Rose Amber“, die neue von Jo Malone Kollektion von drei limitierten Rosendüften, hat viele Nuancen, von leicht und frisch bis üppig und dekadent.

Mandarinen aus Sizilien

Siziliens kostbare grüne Mandarinen werden für „Mandarino di Sicilia“ unreif (!) gepflückt. Sie geben der neuesten Komposition der „Blue Mediterraneo“-Serie des Hauses Acqua di Parma ganz besonders lebendige und grüne olfaktorische Eigenschaften.  Erhältlich ab 1.5.

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Duftstars

Am 14. Juni werden bereits zum neunten Mal die besten Duftkreationen des Landes im Rahmen einer Gala im Palais Ferstel in Wien ausgezeichnet. Eine Fach- und Branchenjury hat im Vorfeld ihre Favoriten in verschiedenen Kategorien wie zum Beispiel „Klassiker“, „Flakon-Design“, „Lifestyle“ sowie „Artistic Independent Parfumes“ prämiert. Beim Publikumspreis können alle Fragrance-Lovers mitmachen und auf duftstars.at noch bis 25.5. mitvoten. Die Fragrance Foundation Austria verlost auch diesmal viele, viele Düfte und auch ein Wochenende im Falkensteiner Schlosshotel Velden.

Veilchenwasser

Vor über 30 Jahren wollte Issey Miyake, dass ihm der Parfumeur Jacques Cavallier „die Essenz des Wassers auf der Haut einer Frau“ in einem Duft einfängt. Das ist beiden damals großartig gelungen. „L’Eau d’Issey“, eines der ersten aquatischen Parfums für Frauen, hat die Duftwelt damals revolutioniert. Seit damals bringt Miyake immer wieder Interpretationen seines Kultparfums auf den Markt. Jetzt also „L’Eau d’Issey Solar Violet“, das von den meisten mit frisch geduscht, Spaziergang im Frühling nach dem Regen auf Veilchenwiesen assoziiert wird.

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Blütenblättrig

„Girl of Now Rose Petal“ des libanesischen Modelabels Elie Saab duftet nach Rosen und Magnolienblättern, rosa Pfirsich, Mandarine und weißem Moschus. Den Flakon aus rosa Glas zieren kleine Blütenblätter.

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Aus dem Garten

Genau so duftet Maison Margielas „Replica From The Garden“. Wie ein frischer sonniger Nachmittag in einem Garten mit Tomatenbeeten in Apulien, Italien.

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Frisch & blumig

Grün, frühlingshaft, ganz besonders frisch, ich bilde mir sogar ein, bei „Daisy Wild“ von Marc Jacobs, die Bananenblüten herauszuriechen. Der Flakon ist absolut bezaubernd.

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Isabella Klausnitzer

Über Isabella Klausnitzer

Isabella Klausnitzer ist eine der wichtigsten Trend- und Lifestyle-Journalistinnen im deutschen Sprachraum. Für die Kurier freizeit schreibt sie seit vielen Jahren, was in Sachen Mode, Stil, Kunst, Design und Lifestyle-Trends angesagt ist, und konnte sich damit eine treue Fangemeinde aufbauen. Neben ihren Trendseiten im Kurier berichtet Isabella Klausnitzer regelmäßig auch im Fernsehen über Lifestylethemen. In der Blogszene ist Isabella unter www.isatrends.at zu finden.

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