„Der Teufel trägt Prada“ kehrt zurück - was wurde aus Anna Wintour?
Vor gut 20 Jahren erheiterte – und erschütterte – der Kinohit die Modewelt. Die „echte“ Miranda Priestly, Anna Wintour, sitzt noch immer im Sattel. Doch Proteste gegen sie werden lauter.
"Die Details Ihrer Inkompetenz interessieren mich nicht." Oder: "Ich bin nur eine Darmgrippe von meinem Traumgewicht entfernt." Zitate wie diese machten "Der Teufel trägt Prada" ("The Devil Wears Prada"), eine bissige Persiflage auf die Modebranche, im Jahr 2006 zum Kultfilm. Dass er fast 20 Jahre später nun doch noch eine Fortsetzung bekommen soll, löste Anfang der Woche eine Welle der Begeisterung aus.
Eine offizielle Bestätigung aus dem Hause Disney ist zwar noch ausständig, dennoch gilt es als sehr wahrscheinlich, dass Emily Blunt und Meryl Streep ihre Paraderollen wieder aufnehmen werden. Der zweite Teil soll die steile Karriere von Redakteurin Emily Charlton (Blunt) in den Fokus rücken, während die Magazinchefin Miranda Priestly (Streep) mit dem Niedergang des Printjournalismus hadert. Anne Hathaway, die Priestlys unerfahrene Assistentin mimte, hatte eine Fortsetzung bis jetzt immer verneint.
Wie viel davon auf wahren Begebenheiten beruht, wird auch dieses Mal heftig diskutiert werden. Die Spekulationen um Ähnlichkeiten mit Anna Wintour, der mächtigen Chefredakteurin der US-amerikanischen Vogue, trugen 2006 maßgeblich zum Hype um den Film bei. Schließlich hatte die Autorin der Romanvorlage, Lauren Weisberger, nach ihrem Studium selbst als Assistentin für Wintour gejobbt. Ihr autobiografisches Romandebüt mit ihrem Alter Ego Andy "Aaanndrea" Sachs (im Film gespielt von Hathaway) geriet 2003 zum Überraschungshit und hielt sich ein halbes Jahr in der Bestseller-Liste der New York Times.
Bei Condé Nast, dem Mutterverlag der Vogue, war man über die plötzliche Berühmtheit weniger begeistert. Die Vogue-Redakteurin Kate Betts kritisierte damals in der New York Times, dass Weisberger und Wintour in Wahrheit genau das Gegenteil von ihren Romanfiguren seien.
Fakten
Zur Person
Anna Wintour wurde am 3. November 1949 in eine Londoner Zeitungsfamilie hineingeboren. Ihr Vater war Herausgeber des Evening Standard. Ihr Bruder Patrick ist politischer Herausgeber des Guardian. Statt zu studieren, absolvierte sie eine Ausbildung im Nobelkaufhaus Harrods, ehe sie im Journalismus landete. Sie war zwei Mal verheiratet, ist zweifache Mutter und Großmutter
Zum Film
"Der Teufel trägt Prada" spielte weltweit mehr als 300 Millionen Dollar ein. Meryl Streep erhielt für ihre Darstellung einen Golden Globe und ihre 14. Oscar-Nomninierung. Für das Kostümdesign zeichnete Patricia Field ("Sex and the City") verantwortlich - auch sie war für einen Academy Award nominiert
Wer ist Anna Wintour?
Im Film wird Wintour - alias Miranda Priestly - als herrschsüchtige, eiskalte Chefin der Zeitschrift "Runway" dargestellt, deren Angestellte in Größe 34 passen und rund um die Uhr verfügbar sein müssen. Die "echte" Doyenne des Modejournalismus ließ sich vom wenig schmeichelhaften Porträt ihrer Person nicht beirren. Selbst wenn, man hätte es wohl nicht erfahren - was hinter ihren großen, dunklen Sonnenbrillen und der stets perfekten Fassade wirklich vorgeht, behält die 74-Jährige mit der ikonischen Bob-Frisur seit Jahrzehnten für sich.
Seit 1988 hält sie sich trotz ständiger Rückzugsgerüchte an der Spitze des Magazins. "Manchmal gibt es da eine bestimmte Art von persönlicher Kritik gegen mich, die wahrscheinlich ein Mann in meiner Position nicht abbekommen würde", sagte sie im Interview mit CNN, angesprochen auf ihren Umgang mit persönlichen Angriffen. "Ich bin sehr fokussiert. Also vielleicht auch wegen meiner Klarheit und meinem Fokus habe ich das nicht an mich herangelassen."
Ihre Macht jenseits von Textilien und Accessoires stellte sie erst kürzlich wieder unter Beweis, als sie First Lady Jill Biden - pünktlich zu Wahlkampfbeginn - auf das Cover der August-Ausgabe hob. Auch Michelle Obama und Hillary Clinton durften unter ihrer Ägide auf die Vogue-Titelseite, eine Ehre, die Melania Trump in ihrer Zeit als Präsidentengattin verwehrt blieb. Als Schirmherrin der alljährlichen Met Gala verhalf sie heuer dem gefallenen Modeschöpfer John Galliano zu einem unerwarteten Comeback, nachdem sich die ganze Branche von ihm angewandt hatte.
Proteste der Gewerkschaft
Ans Aufhören denkt Wintour wohl auch nach ihrem 75. Geburtstag im November nicht. Dabei geriet ihre Position Anfang des Jahres ordentlich ins Wanken. Während sie im Jänner bei den Haute-Couture-Schauen in der ersten Reihe saß, gingen Mitarbeiter des Condé-Nast-Verlags in New York gegen schlechte Arbeitsbedingungen und angekündigte Einsparungen auf die Straße. Auf Schildern, die vor dem Hauptquartier im One World Trade Center hochgehalten wurden, waren die Parolen "Condé bekommt Prada, die Mitarbeitenden Nada" und "Der Treufel trägt Prada, wenn sie uns rauswirft" zu lesen.
Just Anne Hathaway bescherte dem Protest Aufmerksamkeit, indem sie ein für denselben Tag geplantes Shooting für den Medienkonzern absagte. Die Gewerkschaft von Condé Nast bedankte sich daraufhin bei der Schauspielerin mit einem Instagram-Posting. Und dem vielsagenden Satz: "Hätte es bei 'Runway' eine Gewerkschaft gegeben, hätte 'Der Teufel trägt Prada' wohl nur 30 Sekunden gedauert." Stoff für den zweiten Teil gibt es also genug.
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