Käseuhr: Wie eine Schweizer Manufaktur mit ihren Designs für Aufsehen sorgt
H. Moser & Cie. interpretiert die traditionelle Uhrmacherkunst mit einem Augenzwinkern. So entsteht aus Käse und Gras auch mal eine Lünette.
Welche seiner vielen Uhren Edouard Meylan wohl Sonntagfrüh zuerst eine Stunde auf die Sommerzeit vorstellen wird? Der 47-Jährige ist Geschäftsführer der Schweizer Uhrenmanufaktur H. Moser & Cie – und hat dementsprechend ein Faible für Zeitmesser. Das im Jahr 1828 gegründete Unternehmen kann mit einer Produktion von 2000 Stück pro Jahr zwar nicht mit großen Namen wie Rolex oder Patek Philippe mithalten. Will das aber auch bewusst nicht.
Meylan und sein Team sind unter eingefleischten Fans von Luxusuhren für ihre Manufakturkaliber und kunsthandwerkliche Finessen bekannt. Für regelmäßige Aufruhr in der Branche sorgen allerdings ihre kuriosen Anfertigungen, mit denen sie zum Nachdenken anregen wollen.
Viel aus Asien
Wie im Falle der „Swiss Mad“ deren Lünette aus Käse besteht. „Das war unsere Art, auf das komplexe Thema des Qualitätssiegels ‚Swiss Made‘ (in der Schweiz produziert, Anm.) aufmerksam zu machen“, erklärt der Geschäftsführer im Gespräch. „Im Jahr 2017 gab es eine Änderung bei den Anforderungen, um eine Uhr als ‚Swiss Made‘ deklarieren zu dürfen. Diese waren nicht besonders hoch.“ Bis 2014 mussten lediglich 50 Prozent der Komponenten einer Uhr aus der Schweiz stammen, 2017 folgte die Änderung des Gesetzes mit einer Erhöhung auf 60 Prozent. Für Meylan nicht genug: „Theoretisch könnten viele Teile in Asien produziert und dann in der Schweiz zusammengebaut werden, um als ‚Swiss Made‘ durchzugehen. Ich war überrascht, wie viele Uhrensammler nicht wissen, was hinter dem Gütesiegel wirklich steckt.“
Für H. Moser & Cie, wo bis heute ausschließlich in der Schweiz produziert wird, beschloss der Geschäftsführer, das kontroverse Thema mit einem Augenzwinkern anzugehen – so entstand die Idee mit dem Käse. „Ich wollte ein Material verwenden, das zu hundert Prozent aus der Schweiz kommt – und Käse ist unser ultimatives Rohmaterial.“ Seine Uhrmacher schlugen einst angesichts solch skurriler Ideen noch die Hände über dem Kopf zusammen: „Sie dachten wahrscheinlich, dass ich spinne.“ Die Käseuhr – eine Einzelanfertigung – wurde mittlerweile versteigert. Der Erlös ging an eine Stiftung zur Förderung der Uhrmacherei.
Erkennbar - für Kenner
Edouard Meylan hat beschlossen, seine Uhren nicht mehr als „Swiss Made“ zu versehen. Und verzichtet mittlerweile auch auf ein Logo am Zifferblatt. In puncto Wiedererkennung ein Schuss ins eigene Knie? „Wir glauben, dass eine Uhr anhand des Charakters und des Designs erkennbar sein muss.“
Der 47-Jährige folgt mit dieser Entscheidung einem Trend, der sich unter luxusaffiner Kundschaft abzeichnet: „Vor allem die junge Generation nimmt zunehmend Abstand von auffälligen Marken. Man ist auf der Suche nach etwas, das nicht unbedingt alle kennen.“ Zurückhaltung hat für jene, die sich mit H. Moser & Cie schmücken wollen, ihren Preis: Die Einsteigermodelle sind ab rund 14.000 Euro erhältlich, die derzeit teuerste Anfertigung ist mit Diamanten und Smaragden versehen – und kommt auf 1.4 Millionen Euro.
Das bis dato wohl herausforderndste Projekt dürfte die „Nature Watch“ mit echten Pflanzen gewesen sein. Mit dieser Spielerei setzte die Firma ein Symbol für den Umweltschutz. „Es war ein schwieriges Unterfangen“, gibt Meylan lachend zu. „Sie musste zweimal täglich gegossen werden. Mittlerweile ist sie trockengelegt.“
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